Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
bedeutet, dass die Wahl der Art der Institutionen – also ihrer Politik – im Mittelpunkt unserer Suche nach den Gründen für den Erfolg oder das Scheitern von Staaten steht. Wir müssen begreifen, weshalb die Politik mancher Staaten zu inklusiven Institutionen führt, die das Wirtschaftswachstum begünstigen, während die Politik der großen Mehrheit der Staaten im Lauf der Geschichte extraktive Institutionen, die das Wirtschaftswachstum einschränken, hervorgebracht hat (und noch heute hervorbringt).
Es mag selbstverständlich erscheinen, dass jeder ein Interesse an der Schaffung von Wirtschaftsinstitutionen haben sollte, die Wohlstand erzeugen. Ist es nicht im Sinne jedes Bürgers, jedes Politikers und sogar jedes räuberischen Diktators, das eigene Land so wohlhabend wie möglich zu machen?
Kehren wir zum Königreich Kongo zurück. Es brach bereits im 17. Jahrhundert zusammen, doch es lieferte den Namen für das heutige Land, das im Jahr 1960 von der belgischen Kolonialherrschaft unabhängig wurde. Als unabhängiges Gemeinwesen erlebte es unter Joseph Mobutu zwischen 1965 und 1997 einen fast ungebrochenen Wirtschaftsverfall und wachsende Armut. Dieser Verfall setzte sich fort, nachdem Mobutu von Laurent Kabila gestürzt worden war.
Mobutu schuf eine Reihe äußerst extraktiver Wirtschaftsinstitutionen. Die Bürger verarmten, doch Mobutu und die ihn umgebende Elite, bekannt als Les Grosses Légumes (die Fetten Gemüse), wurden märchenhaft reich. Mobutu baute sich in seinem Geburtsort Gbadolite im Norden des Landes einen Palast mit einem Flughafen, der so riesig war, dass ein Concorde-Überschallflugzeug darauf landen konnte. Tatsächlich mietete er sich für seine Reisen nach Europa häufig eine solche Maschine von Air France. Dort kaufte er sich Schlösser und große Areale der belgischen Hauptstadt Brüssel.
Wäre es nicht besser für Mobutu gewesen, Wirtschaftsinstitutionen einzurichten, die den Wohlstand der Kongolesen erhöht hätten, statt ihre Armut zu vertiefen? Wenn es Mobutu gelungen wäre, seinem Land Reichtum zu verschaffen, wäre er dann nicht in der Lage gewesen, noch mehr Geld anzuhäufen und eine Concorde zu kaufen statt zu mieten, noch mehr Schlösser und Villen zu besitzen und möglicherweise eine größere, mächtigere Armee aufzubauen? Zum Unglück der Bürger vieler Länder der Welt lautet die Antwort nein. Wirtschaftsinstitutionen, die Anreize für wirtschaftlichen Fortschritt schaffen, können die Einnahmen und die Macht gleichzeitig so umverteilen, dass ein räuberischer Diktator und andere politische Machthaber schlechter abschneiden würden.
Das Grundproblem ist, dass es zwangsläufig zu Diskussionen und Konflikten um Wirtschaftsinstitutionen kommt. Unterschiedliche Institutionen wirken sich unterschiedlich auf den Wohlstand eines Landes sowie die Verteilung der Mittel und der Macht aus. Das von Institutionen ausgelöste Wachstum bringt Gewinner und Verlierer hervor. Dies wurde während der Industriellen Revolution in England deutlich, welche die Grundlagen für den Wohlstand bereitete, den wir heute in den reichen Ländern der Welt vorfinden. Sie konzentrierte sich auf eine Reihe bahnbrechender technologischer Neuerungen auf den Gebieten der Dampfkraft, des Verkehrs und der Textilproduktion. Doch obwohl die Mechanisierung die Gesamteinkommen enorm erhöhte und schließlich zur Basis der modernen Industriegesellschaft wurde, leisteten ihr viele heftigen Widerstand. Nicht aus Ignoranz oder Kurzsichtigkeit – ganz im Gegenteil. Der Widerstand gegen das Wirtschaftswachstum hatte seine eigene und leider kohärente Logik. Wirtschaftswachstum und technologischer Wandel werden von etwas begleitet, das der große Ökonom Joseph Schumpeter als schöpferische Zerstörung bezeichnete. Sie ersetzen das Alte durch das Neue. Neue Sektoren ziehen Gelder aus alten ab. Neue Firmen bringen etablierte Unternehmen um Aufträge. Neue Technologien machen bestehende Fertigkeiten und Maschinen überflüssig. Der Prozess des Wirtschaftswachstums und die inklusiven Institutionen, auf denen er beruht, lassen politisch und wirtschaftlich Verlierer und Gewinner entstehen. Die Furcht vor solch einer schöpferischen Zerstörung ist häufig die Ursache des Widerstands gegen inklusive wirtschaftliche und politische Institutionen.
Die europäische Geschichte liefert ein anschauliches Beispiel für die Folgen der schöpferischen Zerstörung. Kurz vor der Industriellen Revolution im 18. Jahrhundert wurden
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