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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Kommunistischen Partei und mit ihr der Sowjetstaat, als Michail Gorbatschow nach 1987 von extraktiven Wirtschaftsinstitutionen abrückte.

    Die Sowjetunion konnte selbst unter extraktiven Institutionen ein rapides Wachstum erzeugen, weil die Bolschewiki einen mächtigen zentralisierten Staat aufgebaut hatten und seine Autorität einsetzten, um der Industrie Ressourcen zuzuteilen. Aber wie in allen Fällen von Wachstum unter extraktiven Institutionen brachte dieses Experiment kaum einen technologischen Wandel mit sich und war nicht aufrechtzuerhalten. Das Wachstum verlangsamte sich zunächst und brach dann zusammen. So vergänglich dieser Wachstumstyp auch ist, er zeigt immerhin auf, wie extraktive Institutionen die Wirtschaftstätigkeit stimulieren können.
    Im Lauf der Menschheitsgeschichte wurden die meisten Gesellschaften von extraktiven Institutionen regiert, und diejenigen, die eine gewisse Ordnung in ihrem Land durchsetzen konnten, waren in der Lage, ein begrenztes, wenn auch niemals nachhaltiges Wachstum hervorzubringen. Mehr noch, einige bedeutende Wendepunkte der Geschichte sind mit institutionellen Neuerungen verknüpft, durch die extraktive Institutionen gefestigt und die Autorität einer Gruppe erhöht wurden, so dass sie Recht und Ordnung verhängen und von der Extraktion profitieren konnte. Im Folgenden werden wir nun das Wesen institutioneller Neuerungen erörtern, die einen gewissen Grad an staatlicher Zentralisierung bewirken und Wachstum unter extraktiven Institutionen auslösen können. Dann werden wir nachweisen, wie sich hiermit der entscheidende Übergang zur Landwirtschaft durch die Neolithische Revolution als Basis unserer heutigen Zivilisation erklären lässt. Zum Abschluss werden wir am Beispiel der Maya-Stadtstaaten darstellen, dass Wachstum unter extraktiven Institutionen nicht nur wegen des Mangels an technologischem Fortschritt begrenzt ist, sondern auch, weil solch eine Konstellation interne Kämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen begünstigt, welche die Kontrolle über den Staat und die von ihm geschaffene Extraktion übernehmen wollen.

An den Ufern des Kasai
    Einer der großen Nebenflüsse des Kongo ist der Kasai. Er entspringt in Angola, verläuft nach Norden und vereinigt sich mit dem Kongo nordöstlich von Kinshasa, der Hauptstadt der heutigen Demokratischen Republik gleichen Namens. Die Republik Kongo ist, verglichen mit der übrigen Welt, arm und hat stets ein erhebliches Wohlstandsgefälle zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgewiesen. Der Kasai dient als Grenze zwischen zwei dieser Gruppen.
    Kurz nach der Ankunft im Land trifft man am westlichen Flussufer auf das Volk der Lele, während am östlichen Ufer die Bushong leben. Es ist erstaunlich, dass es ein Wohlstandsgefälle zwischen diesen beiden Gruppen gibt, die nur durch einen Fluss voneinander getrennt sind, den beide mit Booten überqueren können. Die beiden Stämme haben eine gemeinsame Herkunft, und ihre Sprachen sind miteinander verwandt. Auch vieles von dem, was sie herstellen, ist ähnlich, etwa ihre Häuser, ihre Kleidung und ihre Handwerksprodukte.
    Aber als die Anthropologin Mary Douglas und der Historiker Jan Vansina diese Gruppen in den 1950er Jahren untersuchten, entdeckten sie einige verblüffende Unterschiede zwischen ihnen. Wie Douglas es ausdrückt: »Die Lele sind arm, während die Bushong reich sind … Alles, was die Lele besitzen oder tun können, besitzen und können die Bushong auch, und zwar in höherem Maße.« Einige schlichte Erklärungen für diese Ungleichheit bieten sich an. Ein Unterschied – ähnlich wie der in Peru zwischen Gegenden, die der Potosí- mita unterlagen und jenen, bei denen dies nicht der Fall war – besteht darin, dass die Lele nur für ihren Lebensunterhalt arbeiteten, während die Bushong Produkte für den Austausch auf dem Markt erzeugten. Douglas und Vansina merkten auch an, dass sich die Lele minderwertiger Verfahren bedienten. Zum Beispiel benutzten sie keine Netze zum Jagen, was ihre Produktivität stark erhöht hätte. Douglas kommentierte: »[D]as Fehlen von Netzen entspricht einer allgemeinen Neigung der Lele, weder Zeit noch Arbeit in eine dauerhafte Ausrüstung zu investieren.«
    Andere wichtige Unterschiede betrafen die landwirtschaftliche Technik und Organisation. Die Bushong praktizierten eine ausgeklügelte Form von Ackerbau und Viehzucht und bauten fünf Feldfrüchte hintereinander in einem zweijährigen Wechsel an, nämlich Yams,

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