Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Revolution war offensichtlich. König Shyaam und seine Anhänger wollten Steuern und Wohlstand von den Kuba beziehen, die dazu mehr produzieren mussten, als sie selbst verbrauchten. Shyaam und seine Männer gründeten zwar keine inklusiven Institutionen, aber ein gewisser Wohlstand kann auch durch extraktive Institutionen bewirkt werden, die ein Mindestmaß an staatlicher Zentralisierung erreichen sowie Recht und Gesetz durchsetzen. Und natürlich entsprach es dem Interesse Shyaams und seiner Anhänger, die Wirtschaftsaktivitäten zu fördern, denn sonst hätten sie nichts extrahieren können.
Genau wie Stalin schuf Shyaam per Befehl eine Reihe von Institutionen, die den zur Stützung des Systems nötigen Gewinn ermöglichten. Verglichen mit dem Zustand am anderen Ufer des Kasai, wurde im Königreich ein beträchtlicher Reichtum aufgebaut, wovon Shyaam und seine Leute allerdings den Großteil für sich beanspruchten. Aber der Wohlstand war zwangsläufig begrenzt. Wie in der Sowjetunion fehlte es im Königreich der Kuba nach dem anfänglichen Wandel an schöpferischer Zerstörung und technologischen Neuerungen. Diese Situation hatte sich kaum geändert, als belgische Kolonialbeamte im späten 19. Jahrhundert in das Königreich eindrangen.
König Shyaams Leistung zeigt, dass extraktive Institutionen einen gewissen wirtschaftlichen Erfolg erzielen können. Dazu ist ein zentralisierter Staat erforderlich. Häufig benötigt man eine politische Revolution, um den Staat zu zentralisieren. Nachdem Shyaam einen solchen Staat geschaffen hatte, konnte er seine Macht einsetzen, um die Wirtschaft umzugestalten und die Agrarerzeugung zu erhöhen und zu besteuern.
Warum waren es die Bushong und nicht die Lele, die eine politische Revolution durchliefen? Hätten die Lele ihren eigenen König Shyaam haben können? Was dieser vollbrachte, war eine institutionelle Neuerung, die nichts mit Geographie, Kultur oder Ignoranz zu tun hatte. Die Lele hätten eine solche Revolution ebenso vollziehen und ihre Institutionen genauso umgestalten können, aber dazu kam es nicht. Vielleicht kennen wir die Gründe nicht genau genug, da wir heutzutage wenig über ihre Gesellschaft wissen, aber höchstwahrscheinlich war das historische Eventualprinzip dafür verantwortlich. Das gleiche Prinzip könnte wirksam gewesen sein, als einige Gesellschaften im Nahen Osten vor zwölftausend Jahren noch radikalere institutionelle Neuerungen einleiteten, die zur Sesshaftigkeit der Menschen und dann zur Domestizierung von Pflanzen und Tieren führten.
Der Lange Sommer
Um 15000 v.Chr. endete die Eiszeit, als sich das Klima der Erde erwärmte. Indizien aus den Eisbohrkernen von Grönland lassen vermuten, dass die Durchschnittstemperaturen innerhalb einer kurzen Frist um ganze 15 Grad Celsius stiegen. Gleichzeitig scheint es zu einem raschen Bevölkerungswachstum gekommen zu sein, denn die globale Erwärmung führte zu größeren Tierpopulationen und einer viel besseren Verfügbarkeit von wilden Pflanzen und damit zu mehr Nahrung. Dieser Prozess kehrte sich um 14000 v.Chr. jäh durch eine Kälteperiode um, die als Jüngeres Dryas bekannt ist, doch nach 9600 v.Chr. stiegen die globalen Temperaturen erneut, nämlich um 7 Grad Celsius in weniger als einem Jahrzehnt, und sie sind seither hoch geblieben. Der Archäologe Brian Fagan spricht vom Langen Sommer. Die Klimaerwärmung war eine äußerst kritische Phase, und sie lieferte den Hintergrund zur Neolithischen Revolution, in der menschliche Gesellschaften den Übergang zum sesshaften Leben, zu Ackerbau und Viehzucht, vollzogen. Die sich anschließende Menschheitsgeschichte spielt sich in der Hitze jenes Langen Sommers ab.
Es gibt einen elementaren Unterschied zwischen Ackerbau und Viehzucht einerseits und dem Jagen und Sammeln andererseits. Das Erstere beruht auf der Domestizierung von Pflanzen- und Tierarten, in deren Lebenszusammenhänge eingegriffen werden muss, um ihr Erbgut zu ändern und sie nützlicher für den Menschen zu machen. Die Domestizierung ist ein Prozess, der uns ermöglicht, mehr Lebensmittel unter Einsatz der verfügbaren Pflanzen und Tiere zu produzieren. Beispielsweise begann die Domestizierung von Mais, als Menschen die Wildformen, die Teosinte, sammelten und zur Aussaat auswählten. Teosinte-Kolben sind nur ein paar Zentimeter lang, doch allmählich schufen die Menschen, indem sie immer wieder die größeren, weniger brüchigen Kolben zur Aussaat auswählten, den heutigen Mais, der
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