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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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sich unter extraktiven Institutionen. In der natufischen Gesellschaft dürfte dieser Wachstumstyp auch heftige Konflikte darüber ausgelöst haben, wer die Institutionen und die durch sie ermöglichten Gewinne kontrollierte. Jeder Elite, die durch die Extraktion begünstigt wird, steht eine nichtelitäre Gruppe gegenüber, die sie nur zu gern ablösen würde. Zuweilen haben interne Machtkämpfe lediglich zur Folge, dass eine Elite die andere verdrängt, doch in manchen Fällen führen sie zum Zusammenbruch der gesamten extraktiven Gesellschaft, wie es der spektakulären, vor mehr als tausend Jahren aufgebauten Zivilisation der Maya-Stadtstaaten widerfuhr.

Die instabile Extraktion
    In mehreren Gegenden der Welt entstanden unabhängig voneinander Grundformen der Landwirtschaft. Auch im heutigen Mexiko bildeten sich Gesellschaften, die Staaten und Siedlungen gründeten und zum Landbau übergingen. Wie die Natufier im Nahen Osten erzielten auch sie ein gewisses Wirtschaftswachstum. Die Maya-Stadtstaaten in Süd-Mexiko, Belize, Guatemala und West-Honduras entwickelten mit Hilfe ihrer eigenen extraktiven Institutionen sogar eine ziemlich anspruchsvolle Kultur. Die Geschichte der Maya lässt nicht nur die Möglichkeit von Wachstum unter extraktiven Institutionen erkennen, sondern auch die fundamentale Grenze für jenen Wachstumstyp: die politische Instabilität, die letztlich zum Zusammenbruch sowohl der Gesellschaft als auch des Staates führt, wenn unterschiedliche Gruppen und Individuen um die Machtposition der Nutznießer kämpfen.
    Die Maya-Städte entwickelten sich seit ungefähr 500 v.Chr. Sie scheiterten schließlich irgendwann im ersten Jahrhundert n.Chr. Danach entstand ein neues politisches System, das die Grundlagen für die Epoche zwischen 250 und 900 n.Chr. legte. Damals gelangten die Maya-Kultur und -Zivilisation zu voller Blüte. Aber auch sie sollten im Lauf der dieser Blütezeit folgenden sechs Jahrhunderte untergehen. Als die spanischen Konquistadoren im frühen 16. Jahrhundert eintrafen, waren die großen Tempel und Paläste solcher Städte wie Tikal, Palenque und Calakmul bereits vom Urwald überwuchert und sollten erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt werden.
    Die Maya-Städte vereinigten sich nie zu einem Reich, obwohl manche dieser Städte in einem hierarchischen Verhältnis zueinander standen und obwohl sie anscheinend häufig zusammenarbeiteten, besonders in der Kriegführung. Die Hauptverbindung zwischen den Stadtstaaten, von denen sich fünfzig anhand ihrer Glyphen identifizieren lassen, bestand in der Sprache: Die Bewohner der Stadtstaaten benutzten zwar rund einunddreißig unterschiedliche Dialekte, doch sie waren eng miteinander verwandt. Die Maya entwickelten auch ein Schriftsystem, und uns sind über 15000 Inschriften überliefert, die viele Aspekte des Lebens, der Kultur und Religion der Elite schildern. Außerdem besaßen sie einen ausgeklügelten Kalender, der als Lange Zählung bezeichnet wird. Er hat sehr viel mit unserem eigenen Kalender gemeinsam, denn er zählte die sich entfaltenden Jahre von einem fixen Datum an und wurde in allen Maya-Städten verwendet. Die Lange Zählung beginnt im Jahr 3114 v.Chr., doch wir wissen nicht, welche Bedeutung die Maya diesem Datum zuordneten, das lange vor der Entstehung ihrer Gesellschaft liegt.
    Die Maya waren geschickte Baumeister, die ohne fremde Hilfe den Zement erfanden. Ihre Gebäude und Inschriften liefern wesentliche Informationen über die Geschichte der Maya-Städte, da hier häufig nach der Langen Zählung datierte Ereignisse verzeichnet wurden. Dadurch können Archäologen beispielsweise feststellen, wie viele Gebäude in einem bestimmten Jahr in den unterschiedlichen Maya-Städten entstanden. Für die Zeit um 500 n.Chr. gibt es nur wenige datierte Neubauten. Zum Beispiel sind für das Jahr der Langen Zählung, das 514 n.Chr. entsprach, lediglich zehn aufgeführt. Danach kam es zu einem stetigen Anstieg auf zwanzig im Jahr 672 und vierzig um die Mitte des 8. Jahrhunderts. Dann geht die Zahl der datierten Neubauten jäh zurück. Im 9. Jahrhundert gibt es nur noch zehn und im 10. Jahrhundert keine Neubauten pro Jahr mehr. Die datierten Inschriften vermitteln uns ein klares Bild von dem Wachstum der Maya-Städte und ihrem Schrumpfen nach dem späten 8. Jahrhundert.
    Diese Daten lassen sich durch die Verzeichnisse der Maya-Könige ergänzen. In der Stadt Copán im heutigen West-Honduras steht der berühmte Altar Q. Hier sind

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