Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
ließen. Nach dem Eintreffen der Römer verlegte man Ortschaften zunächst in die Ebenen, doch im 3. Jahrhundert kehrte sich dieser Trend wieder um.
Neben der wachsenden politischen Instabilität kam es zu gesellschaftlichen Veränderungen, durch welche die Wirtschaftsinstitutionen noch extraktiver wurden. Obwohl die römische Staatsbürgerschaft bis 212 n.Chr. auf fast alle Bewohner des Reiches ausgedehnt wurde, war ihr Status nicht einheitlich. Das Gefühl der Gleichheit vor dem Gesetz schwand. Zum Beispiel gab es unter Hadrians Herrschaft deutliche Unterschiede in der Gesetzgebung für verschiedene Bevölkerungsschichten, nachdem die einfachen römischen Bürger, wie beschrieben, durch die Abschaffung von Sezession und Volkstribun jeglicher politischen Einflussnahme beraubt worden waren.
Die Sklaverei blieb überall im Römischen Reich weiterhin bestehen, wobei man sich uneins darüber ist, ob der Anteil von Sklaven an der Gesamtbevölkerung im Lauf der Jahrhunderte zurückging. Zu beachten ist auch, dass, während sich das Reich vergrößerte, mehr und mehr Landarbeiter in einen sklavenähnlichen Status gepresst und in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt wurden. Die Stellung dieser coloni wird ausführlich in juristischen Dokumenten wie dem Codex Theodosianus oder dem Codex Justitianus abgehandelt und wurde wahrscheinlich unter Diokletian (284–305) begründet. Die Rechte der Grundeigentümer über die coloni wurden schrittweise ausgedehnt. Kaiser Konstantin gestattete ihnen im Jahr 332, einen colonus , der ihrer Meinung nach Fluchtabsichten hegte, in Ketten zu legen, und seit 365 durften coloni ihre eigene Parzelle nicht mehr ohne Genehmigung ihres Grundherrn verkaufen.
Ebenso wie wir anhand von Schiffswracks und grönländischen Eisbohrkernen die Wirtschaftsexpansion Roms in früheren Zeiten nachvollziehen, können wir mit ihrer Hilfe den Verfall des Reiches nachzeichnen. Die Zahl der aus der Zeit um 500 stammenden Wracks beträgt nur 20 gegenüber den 180 aus der Zeit um Christi Geburt. Mit dem Niedergang Roms brach auch der Mittelmeerhandel zusammen. Manche Wissenschaftler meinen sogar, dass er erst im 19. Jahrhundert wieder den Umfang erreichte, den er während der römischen Blütezeit hatte. Das Eis von Grönland enthüllt eine ähnliche Entwicklung. Die Römer benutzten Silber für ihre Münzen, und auch Blei wurde vielfach verwendet, unter anderem für Rohre und Tischgeschirr. Die Blei-, Silber- und Kupferablagerungen in den Eiskernen erreichten im ersten Jahrhundert n.Chr. einen ersten Höchstwert und nahmen dann wieder ab.
Das Wirtschaftswachstum während der Römischen Republik war eindrucksvoll, genau wie andere entsprechende Beispiele unter extraktiven Institutionen, etwa in der UdSSR. Aber es war begrenzt und nicht nachhaltig, obwohl die römischen Institutionen teilweise inklusive Züge hatten. Es beruhte auf einer relativ hohen landwirtschaftlichen Produktivität und beträchtlichen Tributen aus den Provinzen sowie einem einträglichen Fernhandel, doch es wurde nicht durch technologischen Fortschritt oder schöpferische Zerstörung gestützt. Die Römer hatten ein paar elementare Technologien in Form von Eisengeräten und -waffen, Alphabetismus, Pflügen und bestimmten Bauverfahren übernommen, und zu Beginn der Republik entwickelten sie selbst einiges: Beton, den sie zum Errichten von Gebäuden verwendeten, Pumpen und Wasserräder. Aber danach stagnierte die Technologie während des gesamten Römischen Reiches. Beispielsweise veränderten sich die Schiffskonstruktionen und das Takelwerk kaum, und die Römer entwickelten kein Heckruder, sondern steuerten ihre Schiffe weiterhin mit Hilfe der Riemen. Die Wasserräder verbreiteten sich sehr langsam, so dass sie die römische Wirtschaft nicht revolutionieren konnten. Sogar großartige Errungenschaften wie die Aquädukte und die Kanalisation gingen auf bereits bestehende, wenn auch von den Römern perfektionierte Konstruktionsverfahren zurück. Ein gewisses Wirtschaftswachstum war ohne Innovationen und auf der Grundlage bereits existierender Geräte und Verfahren möglich, doch ihm fehlte die schöpferische Zerstörung, und es war nicht nachhaltig, auch wegen des Abbaus politischer und wirtschaftlicher Rechte und der fehlenden Eigentumssicherheit für die Mehrzahl der Bevölkerung. Bemerkenswert an den in der Römischen Republik entstandenen technischen Neuerungen ist der Umstand, dass der Staat ihre Entwicklung und Verbreitung allem
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