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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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sich in beiden Regionen separat. Während die Ägypter um 2500 v.Chr. die großen Pyramiden von Gizeh bauten, errichteten die Engländer ihr berühmtestes neolithisches Denkmal, den Steinkreis von Stonehenge. Nicht schlecht nach englischen Maßstäben, doch nicht einmal groß genug, um das am Fuß der Cheopspyramide vergrabene Totenschiff aufzunehmen. England hinkte hinterher und machte bis zur Römerzeit Anleihen im Nahen Osten und im übrigen Europa.
    Trotz dieser so ungünstigen Vorgeschichte war es England, das die erste wahrhaft inklusive Gesellschaft hervorbrachte und zum Ausgangspunkt der Industriellen Revolution wurde. Wir haben oben ausgeführt, dass dies auf eine Reihe von Interaktionen zwischen kleinen institutionellen Unterschieden und kritischen Phasen – beispielsweise dem Schwarzen Tod und der Entdeckung Amerikas – zurückging. Die englische Divergenz hatte historische Wurzeln, aber der Blick auf Vindolanda lässt vermuten, dass sie nicht sehr tief und schon gar nicht vorherbestimmt waren. Sie reichten nicht bis in die Neolithische Revolution oder auch nur in die Jahrhunderte der römischen Hegemonie zurück. Um 450 n.Chr., am Anfang dessen, was britische Historiker als finsteres Mittelalter zu bezeichnen pflegten, war England wieder in Armut und politisches Chaos abgeglitten. Für Hunderte von Jahren sollte es dort keinen funktionierenden zentralisierten Staat mehr geben.

Divergierende Pfade
    Der Aufstieg inklusiver Institutionen und das sich anschließende industrielle Wachstum in England waren kein direktes Vermächtnis römischer (oder früherer) Institutionen. Das soll nicht heißen, dass sich nach dem Fall des Weströmischen Reiches – ein wichtiges Ereignis, das sich auf fast ganz Europa auswirkte – nichts Bedeutendes abgespielt hätte. Da verschiedene Teile Europas die gleichen Umbruchphasen durchliefen, sollten sich ihre Institutionen auf ähnliche, vielleicht typisch europäische Art entwickeln. Der Untergang des Römischen Reiches war ein entscheidender Bestandteil dieser gemeinsamen Umbruchphasen. Der europäische Pfad kontrastiert mit den Pfaden in anderen Regionen der Welt, etwa im subsaharischen Afrika, in Asien oder in Nord- und Südamerika, die sich teils deshalb anders entwickelten, weil sie nicht den gleichen Umbruchphasen ausgesetzt waren.
    Das römische England endete mit einem Knall. Davon war weniger in Italien, dem römischen Gallien (dem heutigen Frankreich) oder Nordafrika die Rede, wo viele der alten Institutionen in der einen oder anderen Gestalt fortbestanden. Es gibt jedoch keinen Zweifel daran, dass der Wechsel von der Dominanz eines einzigen römischen Staates zu einer Vielzahl von Ländern, die von Franken, Westgoten, Ostgoten, Vandalen und Burgundern regiert wurden, äußerst folgenreich war. Die nun viel schwächeren Länder wurden jetzt durch eine lange Reihe von Überfällen aus ihren Anrainergebieten heimgesucht. Von Norden segelten die Wikinger und die Dänen in ihren Langbooten herbei; von Osten kamen die hunnischen Reiter. Und schließlich führte die Herausbildung des Islam als einer religiösen und politischen Kraft im Jahrhundert nach dem Tod Mohammeds (632) zur Entstehung neuer islamischer Staaten in einem Großteil des Byzantinischen Reiches, in Nordafrika und Spanien. Nach diesen Prozessen, die Europa erschütterten, entwickelte sich ein spezifischer Gesellschaftstyp, der gemeinhin als feudal bezeichnet wird. Dem Feudalsystem fehlten straffe Zügel, denn die starken Zentralstaaten waren verkümmert, obwohl Herrscher wie Karl der Große versuchten, sie wiederherzustellen.
    Die feudalen Institutionen, die sich auf die Zwangsarbeit (durch Leibeigene) stützten, waren zwangsläufig extraktiv und verursachten daher im Mittelalter eine lange Phase des stockenden europäischen Wachstums. Aber sie nahmen auch Einfluss auf spätere Entwicklungen. Zum Beispiel verschwand die Sklaverei aus Europa, als die gesamte Landbevölkerung in die Leibeigenschaft gepresst wurde. Damit schien eine separate Sklavenschicht, wie sie jede frühere Gesellschaft besessen hatte, nicht mehr erforderlich zu sein. Der dezentrale Feudalismus brachte zudem ein Machtvakuum hervor, in dem unabhängige Städte, die sich auf die Herstellung und den Handel bestimmter Produkte spezialisierten, gedeihen konnten. Und als sich die Machtverhältnisse nach dem Schwarzen Tod verschoben und die Leibeigenschaft in Westeuropa zerfiel, war die Bühne für eine viel pluralistischere

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