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Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens (German Edition)

Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens (German Edition)

Titel: Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens (German Edition)
Autoren: Brian Clegg
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Sie einen Teil des Gesamtmusters und vergrößern ihn auf dieselbe Größe, zeigt dieser Teil eine Struktur, die der des Ganzen sehr ähnlich ist. Bäume entsprechen dem, ebenso die baumähnlichen ersten Strukturen von Wasserläufen. Die fraktale Form wächst, weil große Änderungen der Fließrichtung von kleinen Variationen des Bodens ausgelöst werden – das klassische Rezept für mathematisches Chaos.

Die Entstehung von Mäandern
    Wird der Hauptarm eines Baches oder Flusses breiter, beginnt er nach einer gewissen Zeit zu mäandrieren. Das ist wiederum ein chaotisches Ereignis, bei dem eine kleine Veränderung bei den Anfangsbedingungen im Lauf der Zeit einen starken Unterschied bewirkt. Aufgrund von unregelmäßigen Gegebenheiten wird kein Wasserlauf schnurgerade fließen. Schauen wir uns einen Abschnitt an, der eine leichte Biegung nach links aufweist. Dort muss das fließende Wasser am linken Ufer eine etwas kürzere Strecke zurücklegen als am rechten.
    Während das Wasser im Bach fließt, geschehen nun zwei Dinge. Dort, wo es durch die Biegung fließt, bewegt es sich links, an der Innenseite der Biegung, ein wenig schneller und außen etwas langsamer. Auf den ersten Blick das Gegenteil von dem, was man erwartet hätte. Stellt man sich einen Festkörper vor, der sich um eine Kurve bewegt, erwartet man, da alle Teile miteinander verbunden sind, dass die inneren Teile langsamer sind, weil sie in derselben Zeit einen kürzeren Weg zurücklegen müssen. Deshalb haben Autoräder ein Differential, damit der Reifen an der Kurveninnenseite langsamer läuft als der außen. Aber ein Wasserlauf ist kein Festkörper. Unterschiedliche Teile des Wasserlaufs müssen sich nicht wie bei einem Festkörper zusammen bewegen.
    Die schnellere Bewegung am linken Ufer ist der Drehimpulserhaltung zuzuschreiben. Stellen Sie sich eine Eiskunstläuferin vor, die mit ausgestreckten Armen Pirouetten dreht. Sobald sie die Arme an den Körper nimmt, wird sie schneller. Der Drehimpuls hängt von der Entfernung, die eine Masse zur Achse hat, und von ihrer Geschwindigkeit ab. Er bleibt so lange gleich, solange keine Kraft einwirkt. Legt die Eiskunstläuferin die Arme an den Körper, verringert sich der Radius, also muss sich die Geschwindigkeit erhöhen, damit der Drehimpuls sich nicht verändert.
    13. Gut ausgeformte Mäander (Zusammenfluss von Alatna und Koyukuk River in Alaska, USA).
    Genauso verhält sich das, wenn Wasser in der Innenkurve fließt, also den kleineren Radius hat: Es muss schneller werden, um den Drehimpuls zu erhalten. Eine Folge davon ist ein leicht erhöhter Druck am äußeren Ufer. (Man kann sich das so vorstellen: Weil sie sich schneller bewegen, sind die Wassermoleküle an inneren Ufer weiter auseinander, daher ist hier der Druck geringer.)
    Dieser Druckunterschied erzeugt eine Sekundärströmung vom Außen- zum Innenufer, die Material vom Außenufer mit sich führt. Es bewegt sich also Sediment zur Innenseite der Biegung, wodurch sich die Biegung stärker ausprägt. Die Kurve wird rechts ausladender, was zur einer deutlicheren Biegung des Wasserlaufs nach links führt.
    Dort, wo das Wasser aus der Biegung in das Hauptbett fließt, vollzieht es eine Kurve nach rechts – und hier gibt es einen ähnlichen Effekt, der im Lauf der Zeit dazu führt, dass die Rechtsbiegung ebenfalls wächst. Das Ergebnis ist ein mäandrierender Verlauf, bei dem auf die Biegung nach der einen Seite die Biegung nach der anderen Seite folgt. Allerdings geschieht das nicht ebenmäßig, denn die Strömung wird von all den winzigen Unterschieden am Ausgangspunkt beeinflusst. Setzt sich der Prozess weiter fort, bauen sich oft Gleithänge auf. Das sind Sandablagerungen am kurveninneren Ufer, die zu einem kleinen Strand wachsen, wenn immer mehr Material von der Außenseite herangetragen wird.
    Schließlich können manche dieser Flusskehren so ausgeprägt sein, dass sich benachbarte Kurven berühren und es zum Durchbruch kommt. Was vorher Kehre war, liegt dann neben dem Hauptstrom. Diese Teile, die parallel zum Mäander verlaufen, sind als Altwasser bekannt. Steht man am Ufer eines Flusses oder Baches, ist es oft schwierig zu erkennen, wie der eigentliche Strömungsverlauf ist – doch aus der Luft sind die Baumform junger Wasserläufe sowie die Kehren und Altwasser der Flüsse, die nicht verfüllt oder begradigt wurden, viel besser zu erkennen.
    In den meisten Gegenden der Welt ist es unwahrscheinlich, dass Altwasser längere Zeit in Ruhe
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