Warum tötest du, Zaid?
Ramadi, in ein Land, in dem die meisten Menschen alles verloren haben, auch die Hoffnung.
Was aus Abdul und Tanaya sowie aus Andys und Marwas Familien wurde
Ein etwas anderer Anhang
Häufig werde ich gefragt, was aus den Menschen geworden ist, die ich in meinen Büchern Wer weint schon um Abdul und Tanaya und Andy und Marwa beschrieben habe, und was aus meinen Plänen, mit meinem Autorenhonorar Kinderheime in Afghanistan und im Irak zu errichten. Hier ein kurzer Zwischenbericht:
Mit meinem Honorar aus Wer weint schon um Abdul und Tanaya? hat der »Verein für Afghanistan-Förderung« 1 in Kabul ein Heim für hundert afghanische behinderte oder verwaiste Jungen und Mädchen gebaut. Es wurde im Februar 2006 feierlich eingeweiht. Es hat allerdings deutlich mehr gekostet, als ich mit meinen Büchern verdient habe. Wer schon einmal ein Haus gebaut hat, kennt das.
Glücklicherweise haben mir bei der Finanzierung einige großartige Menschen geholfen. So rief – um nur ein Beispiel von vielen zu erwähnen – die Abiturklasse des Internats Louisenlund in Eckernförde eine Benefizauktion ins Leben, bei der Bilder der Schüler versteigert wurden. Die Auktion brachte 10 000 Euro ein. Ich fand das sehr ermutigend.
Mein Plan, mit dem Honorar von Andy und Marwa in Bagdad ein Heim für Straßenkinder zu errichten, ließ sich aus Sicherheitsgründen leider nicht verwirklichen. Mit dem Geld wird daher nun in Goma, im ehemals belgischen Kongo, eine Klinik für HIV-infizierte Kinder gebaut. Der Kongo hatte unter dem europäischen Kolonialismus besonders zu leiden. Kooperationspartner ist die Hilfsorganisation Heal Africa, die dort bereits ein Krankenhaus
betreibt. Die Klinik wird Andy und Marwa gewidmet werden und soll immer an sie erinnern.
Mit Andys 2 Familie in Tampa, Florida, telefoniere ich regelmäßig. Wenn Norma von ihrem Sohn Andy erzählt, dem achtzehnjährigen Marine, der am 7. April 2003 vor Bagdad sein Leben verlor, weint sie. Auch ich kann mich dann kaum meiner Tränen erwehren.
Andys Eltern, Norma und Oscar, haben sich inzwischen den »Veteranen für den Frieden« angeschlossen. Einmal im Monat halten sie mit ihren Freunden in Tampa Mahnwache. Sie protestieren gegen den »phony war«, den »verlogenen Krieg« und den »verlogenen Präsidenten«, der auf der Jagd nach Phantomwaffen Amerikas Söhne und Töchter geopfert hat.
Manche Veteranen, wie Jay Alexander 3 , sagen so schlichte Sätze wie: »Muslime sind wie du und ich. Die Iraker haben uns nicht angegriffen, wir haben sie angegriffen. Wir sind die Unterdrücker. Wir sollten endlich anfangen, so demokratisch zu sein, wie es die Welt von uns erwartet.«
Da Andy auf dem Ehrenfriedhof in Arlington, Virginia, beerdigt worden war, hatten Unbekannte vor drei Jahren auf dem Grünstreifen des S Dale Mabry Highway, nahe der Auffahrt zum Luftwaffenstützpunkt Tampa, liebevoll eine zusätzliche Gedenkstätte errichtet. Das »Andy Memorial« mit dem etwa ein Meter hohen Poster des jungen Marineinfanteristen war in Tampa und Umgebung jedermann bekannt. Viele vorbeifahrende Marineinfanteristen entboten ihrem toten Kameraden hier einen militärischen Gruß.
Jeden Sonntag brachten Norma und Oscar Blumen zur Gedenkstätte. Sie reinigten Andys durch eine Plastikfolie geschütztes Foto vom Schmutz der Straße und verbrachten einige Minuten im Gedenken an ihren Sohn. Immer wieder legten Menschen Briefe, Karten, Blumen und andere Aufmerksamkeiten nieder.
Am 16. Februar 2006 kam George W. Bush nach Tampa. Kurz vor seinem Besuch wurde Andys Gedenkstätte ohne jede Vorankündigung abgerissen. 4 Als Oscar am Valentinstag einen Strauß Rosen vorbeibringen wollte, war das Memorial spurlos verschwunden. Ratlos und tieftraurig ging er nach Hause.
Norma und Oscar fragten bei allen in Betracht kommenden Behörden nach – vom Straßenverkehrsamt bis zum Weißen Haus –, wer hinter dem Abriss des Memorials stehe. Aber keiner wollte es gewesen sein.
Doch dann teilte das Straßenverkehrsamt von Tampa mit, dass man die Gedenkstätte für Andy zusammen mit einigen Reklametafeln beseitigt habe. Chris Carson, Sprecher des Florida-Verkehrsdienstes, erklärte laut St. Petersburg Times : »Es war ein Missverständnis. Wir waren uns nicht bewusst, dass wir die Gedenkstätte abgerissen hatten, bis sie plötzlich auf der Ladefläche eines unserer Transportwagen auftauchte.«
Andys Memorial habe eine potenzielle Gefahr für den Straßenverkehr dargestellt, so Carson. Mit dem Besuch des
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