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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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keinerlei Probleme. Ich habe es Jorgensen heimgezahlt, und das nächste Mal hat er sich wieder bei mir revanchiert.«
    »Ein endloser Kreislauf«, sagte Teddy.
    »So ist das im Eishockey.« Martin zuckte die Schultern.
    Teddy nickte. Sie hatte die Händen vor dem Körper verschränkt wie seine Mutter in der Küche am Lac Vert, wenn sie sich wieder einmal eine seiner weit hergeholten Ausreden anhörte, warum er mit Ray Eishockey gespielt hatte, statt seine Pflichten im Haushalt oder seine Hausaufgaben zu erledigen.
    »Ist das wirklich die Ursache des Problems?«, sagte May.
    »Das kann ich erst mit Sicherheit sagen, wenn ich weitere Tests durchgeführt habe, aber hier fehlt mir leider die benötigte Ausrüstung. Könnten Sie in die Klinik kommen?«
    »Natürlich. Ich hoffe nur, dass der GM nichts davon erfährt.«
    »Der GM?«
    »Übersetzen, Martin!«, meinte May.
    »Oh, tut mir Leid. Der Manager der Bruins. Mein Vertrag läuft dieses Jahr aus, und es hätte mir gerade noch gefehlt, wenn sie herausfinden, dass ich Augenprobleme habe. Sie machen mir schon genug Ärger wegen meiner Knöchel. Ich möchte ihnen keine weitere Munition für den Verhandlungstisch liefern.«
    »Von mir und meinen Mitarbeitern erfahren sie nichts«, versicherte Teddy. »Aber ich kann natürlich nicht für das gesamte Klinikpersonal die Hand ins Feuer legen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Kommen Sie nach der Sprechstunde, gleich morgen Abend. Gegen neun? Dann nehme ich Sie gleich dran.«
    »Vielen Dank«, sagte May.
    » Merci bien .«
    Er wünschte, die Tropfen würden sich endlich auflösen. Er erinnerte sich an die Fotos im Wartezimmer, und wieder dachte er an seine Mutter. Sie hatte meisterhaft fotografiert. »Wer hat die Fotos aufgenommen, die an den Wänden hängen?« fragte er.
    »Mein Mann.«
    »War er Fotograf?«
    »Nein, das war sein Hobby. Wir haben viele Reisen unternommen, vor allem auf Inseln. Inseln waren unsere große Liebe. Und überall besichtigten wir als Erstes den Leuchtturm, und William machte Fotos.«
    »Warum ausgerechnet Leuchttürme?«, fragte Martin.
    »Weil sie schön sind, und weil William meine Arbeit mit Blinden würdigen wollte.«
    Blind: Das Wort erfüllte Martin mit Furcht. Aber Teddy redete unbekümmert weiter, erzählte von dem Backstein-Leuchtturm auf der schroffen Klippe von Gay Head, dem gestreiften Leuchtturm auf Cape Hatteras, dem aus Naturstein errichteten Leuchttum auf Block Island, der dunklen Säule auf Gull Island.
    »Fotografieren war seine große Leidenschaft«, fügte Teddy hinzu.
    »Meine Mutter fotografierte auch gerne«, sagte Martin.
    »Vielleicht haben Sie ihr Talent geerbt.«
    Martin schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin meinem Vater nachgeraten. Der spielte auch Eishockey. Wir haben nur eine Gabe für Aktivitäten, bei denen es rau zugeht.«
    »Vielleicht wären Sie überrascht, was Sie in sich entdecken, wenn Sie eine Kamera in die Hand nehmen.«
    Martins Kehle war wie zugeschnürt. Sein Sehvermögen, getrübt durch Augentropfen und was auch immer, würde es ihm verwehren, zu fotografieren. Er schüttelte stumm den Kopf.
    »Also, dann bis morgen in der Klinik«, sagte Teddy abschließend.
    »Danke für Ihr Entgegenkommen«, sagte May.
    »Das ist doch wohl das Mindeste. Martin ist in Boston bekannt wie ein bunter Hund. William würde es nicht anders wollen.«
    »Nochmals danke, auch im Namen meiner Mutter«, sagte May und umarmte Martin. »Ich wünschte, sie hätte Martin kennen gelernt.«
    »Ich habe das Gefühl, sie weiß alles über ihn«, sagte Teddy.

24
    E ine Sommerbrise wehte durch den Hof des Gefängnisses und verschaffte den Häftlingen ein wenig Erleichterung von der Hitze. Als Serge durch die Gitterstäbe nach draußen blickte, sah er einen kleinen Jungen mit einem Baseballhandschuh dort stehen. Heute war kein Besuchstag, doch selbst wenn, wäre der Junge vergebens gekommen. Serge erkannte ihn: Es war Ricky, Tinos Sohn.
    »Was macht denn der Junge hier?«, fragte Serge Jim, den Wärter.
    »Trauriger Fall. Er treibt sich ständig hier herum.«
    »Sein Vater ist doch tot.«
    »Das sagen Sie ihm mal.«
    »Weiß er das nicht?«
    Jim schüttelte den Kopf. »Es gab eine Beerdigung und alles, was dazugehört, aber der Junge weigert sich, die Tatsache zu akzeptieren.«
    »Und was macht er da?« Serge blickte durch die Gitterstäbe. Der Junge war etwa acht Jahre alt, klein und drahtig, trug ein blaues T-Shirt und eine Baseballkappe der Yankees. Er warf mit einer Hand den Ball und fing

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