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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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in der Morgensonne heiß und undurchdringlich an; sie sann darüber nach, wie lange sie schon damit gelebt hatte, und fragte sich, wie es sein mochte, ihn abzulegen.
    Im Lauf der Jahre hatte Tobin versucht, sie mit Johns Bruder, seinem Cousin und seinen Arbeitskollegen zu verkuppeln. Barb Ellis hatte sie zu einem Skiwochenende mitgeschleppt, damit sie einen Freund aus Vermont kennen lernte, der genau der Richtige für May sei, wie sie meinte. Carol Nichols hatte eine Verabredung mit einem Unbekannten arrangiert, einem ehemaligen Kommilitonen, der als Ozeanograph in Woods Hole tätig war. May hatte mitgespielt, ihren Freundinnen zuliebe. Aber sie war sechsunddreißig und hatte nie etwas Ähnliches für einen Mann empfunden wie für Martin.
    Langsam erhob sich May aus der Hocke. Sie ging ins Treibhaus, an dessen Nordwand ein Telefon hing. Martin hatte es nie geschafft, ihr seine Telefonnummer zu geben. Sie rief das Management der Boston Bruins an, sprach zuerst mit einer Rezeptionistin, dann mit einer Büroleiterin und am Schluss mit dem Pressesprecher der Mannschaft. Als May ihre Bitte vortrug, hörte sie die Skepsis, die im Tonfall des Mannes mitschwang.
    »Erinnern Sie sich an die Notlandung?«, fragte May. »Er hat meine Tochter und mich gerettet. So war es, bitte glauben Sie mir. Kylie, meine Tochter, bat ihn, uns zu helfen, und seither sind wir befreundet. Ich habe mit ihm zu Abend gegessen, unmittelbar vor Beginn der Finals, und ihm …« Sie hielt inne, ihr Mund war trocken.
    »Tut mir Leid, Ma’am. Aber wir dürfen die Telefonnummern unserer Spieler nicht weitergeben.«
    »Aber wir sind befreundet! Wirklich. Ich bin sicher, dass Sie das häufig zu hören bekommen, aber in diesem Fall stimmt es, Ehrenwort.«
    »Mag sein, aber ich bin trotzdem nicht befugt …«
    May lehnte den Kopf gegen die kühle Glaswand. Ein Schwalbenpaar flog über ihrem Kopf hin und her, baute ein Nest in den Dachtraufen des Treibhauses. May spürte, dass dies ihre letzte Chance war.
    »Bitte, es ist wichtig«, sagte sie flehentlich. Plötzlich wusste sie, dass sie Martin erreichen musste. Wenn es ihr möglich gewesen wäre, durch die Leitung zu kriechen, um in den Besitz seiner Telefonnummer zu gelangen, hätte sie keine Sekunde gezögert.
    Aber der Mann hatte bereits aufgelegt. Langsam kehrte May in den Rosengarten zurück und nahm ihre Arbeit wieder auf. Tante Enid warf ihr einen raschen Blick zu, aber sie fragte nicht, was geschehen war.
    »Keine Auskunft?«, erkundigte sich Tobin.
    »Nichts.«
    »Verdammt. Vielleicht sollte ich es versuchen. Ich könnte –«
    »Lass es gut sein.« May grub verbissen das Beet um. »Bitte.« Ihre Freundin entfernte sich.
    Als Tante Enid in den Schuppen ging, um Knochenmehl als Ergänzung zum Kaffeesatz zu holen, beugte sich May nach vorne, das Gesicht dicht an der Erde. Sie spürte die dumpfe Wärme in Wellen aufsteigen und schloss die Augen. »Ich kann nicht glauben, dass ausgerechnet mir so etwas passiert«, murmelte sie, den Kopf auf die Knie gelehnt.
    Sie hatte sich verliebt. Obwohl sie schon einmal von der Liebe zum Narren gehalten worden war und ihr seither auf jede nur erdenkliche Art aus dem Weg ging, hatte sie ihr Herz beinahe unmerklich an einen Mann verloren, der ebenfalls spurlos aus ihrem Leben verschwunden war. Gestern Abend, während der Eintragungen in Kylies Traumtagebuch, hatte sie zu ihrem Entsetzen feststellen müssen, dass sie über Martin geschrieben hatte.
    Page Greenleigh, ihre Mutter und ihre Schwester kamen und verabschiedeten sich; danach kehrte May in den Garten zurück. Es wurde zunehmend heißer und Bienen umschwärmten die Rosen. Das Geräusch eines Motors ließ sie aufblicken. Ein Auto fuhr die Straße entlang, näherte sich mit großer Geschwindigkeit. Mays Herz schlug schneller, je lauter das Dröhnen des Motors zu hören war. Sie trug einen alten Strohhut und ein ausgeblichenes gelbes Sommerkleid. Ihre Hände waren wieder voller Erde und sie hatte Kaffeesatz unter den Fingernägeln, als sie zusah, wie Martin Cartier mit seinem Porsche durch die Felder brauste.
    May spähte über das hohe Gras. Sie rappelte sich hoch, wischte sich die Hände ab, stand aufrecht da. Sie versuchte zu lächeln, aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr Kinn bebte.
    Sie hatte beinahe vergessen, wie groß und stark er war, als er nun auf sie zukam. Er trug ein weißes Hemd, das er in den Bund seiner Jeans gesteckt hatte, eine blaue Baseballkappe und Sneakers. Seine rechte Wange war

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