Was allein das Herz erkennt (German Edition)
hat dich vermisst.« Sie erzählte ihm nichts von Kylies schlimmen Träumen, die zurückgekehrt waren, und dass sie letzte Nacht im Schlaf geschrien und etwas von dem Engel im Flugzeug gestammelt hatte, der ihr etwas zu sagen versuchte.
»Und was ist mit ihrer Mutter?« Martin trat näher.
»Ich habe dich auch vermisst.«
»Ich möchte, dass du meine Frau wirst.«
»Martin«, flüsterte sie errötend.
»May, bitte«, sagte er leise.
»Wir kennen uns doch erst seit ein paar Wochen.«
»Ich habe es dir schon gesagt. Es war eine Schicksalsfügung.«
Schicksalsfügung … was hatte das zu bedeuten? Mays Puls raste, aber sie behielt einen kühlen Kopf. Sie waren grundverschieden: sie hatte eine kleine Tochter, er war ständig unterwegs. Mays Gefühle waren schrecklich verletzt worden in den letzten vier Tagen, als sie nichts von ihm gehört hatte. Sie sah ihm in die Augen.
»Mir fehlen die Worte, so etwas ist mir noch nie passiert. Aber so wie die Dinge stehen, habe ich eine Tochter, für die ich verantwortlich bin. Du bist sehr romantisch, und meine Mutter und meine Großmutter würden auf ihrer Wolke vor lauter Freude einen Luftsprung machen, aber ich kann mir solche Spielchen einfach nicht leisten.«
»Spielchen?«, fragte er stirnrunzelnd.
»Ja.«
»Du glaubst, ich würde Spielchen mit dir treiben?«
»Vielleicht nicht bewusst, aber du kennst mich – uns – kaum. Du machst dir offenbar nicht klar, dass du plötzlich eine komplette Familie hättest, und eine ungewöhnliche obendrein.«
»Ungewöhnlich, inwiefern?«
»Nun, ich war lange Zeit allein, praktisch mein ganzes Leben. Und Kylie glaubt, dass sie …«, sie suchte nach den richtigen Worten, »so etwas wie magische Kräfte besitzt.«
»Glaubst du, das wüsste ich nicht?« Plötzlich grinste er, als sei das ganze Problem damit gelöst. »Das muss sie von ihrer Mutter haben. Rosenblätter in einer Flasche, wenn das nicht ungewöhnlich ist. Du inspirierst sie dazu.«
»Vielen Dank.«
» Bien sûr . Es gibt keine Frau auf der ganzen Welt, die über solche magischen Kräfte verfügt wie du.«
»Da hättest du erst meine Mutter und meine Großmutter kennen müssen«, lachte sie.
»Aber du erzählst mir von ihnen, ja? Ich werde sie durch dich kennen lernen. Ich weiß, was sie dir bedeuten, May. Das höre ich an der Art, wie du über sie sprichst. Deine Familie wird meine Familie sein.«
»Das habe ich mir immer gewünscht«, flüsterte sie.
»Erfüll dir deinen Wunsch, mit mir. Worauf warten wir noch?«
»Darauf, dass wir uns besser kennen lernen.«
Er lächelte, umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen. »Ich glaube, wir kennen uns bereits gut genug. Wir wissen die Dinge voneinander, auf die es wirklich ankommt. Hier drinnen.« Er berührte sein Herz.
Plötzlich dachte May an all die Bräute, an all die ehrbaren jungen Mädchen aus Black Hall, die nach langer Verlobungszeit ihre Jugendliebe heirateten. Männer, die sie durch ihre Zimmergenossinnen im College, Freunde aus dem Segelclub oder in ihrer Anwaltsfirma kennen gelernt hatten. Bräute, die sich strikt nach dem Lehrbuch richteten, korrekt, anständig und stinklangweilig. May begann zu lächeln.
»Sag mir, warum du lächelst«, verlangte er.
»Vielleicht bin ich verrückt.«
»Ja, vermutlich«, sagte er, worauf beide in Gelächter ausbrachen. »Aber ich auch. Schrecklich, was mir alles durch den Kopf geht. Ich konnte nur noch an dich denken, während der gesamten Playoffs. Wie nennt man das – besessen? Aber auf erfreuliche Weise.«
»Erfreulich besessen?«, lächelte May.
» Mais oui .« Er berührte ihr Gesicht, umschloss ihre Wange mit seiner Hand. »Du gingst mir einfach nicht aus dem Sinn.«
»Und du glaubst, das sei alles eine Schicksalsfügung?«
»Du nicht?« Er trat näher.
»Ich würde es gerne glauben.« Sie spürte, wie ihr Herz zu klopfen begann.
»Dann fang damit an. Ich werde es dir im Lauf der Zeit schon beweisen.«
»Wie?«, flüsterte sie.
»Durch meine Liebe, May.«
May küsste ihn, voller Leidenschaft. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung, doch dann schlang er seine Arme um sie, hielt sie, bis sie sich beide wieder beruhigt hatten. Als sie sich voneinander lösten, verspürte May einen Stich in ihrer Brust.
»Ich habe mir selbst immer wieder gesagt, dass ich nicht darauf hoffen darf, der großen Liebe meines Lebens zu begegnen.«
»Wirklich?«
»Ja. Ich dachte, das kann jeder anderen passieren, aber nicht mir.«
»Seltsam«, sagte Martin.
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