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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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verletzt und er hatte Stiche unter dem linken Auge.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Ich habe eine kleine Spritztour gemacht,« sagte er nur.
    »Ist das nicht ein bisschen weit?«
    »Ich mag die salzige Luft hier in Black Hall.«
    May starrte auf Martins Füße, dann spürte sie seine Hände auf ihren Schultern. Sie hob den Blick, sah ihm in die Augen. Ungelenk schloss er sie in seine Arme, streifte sich die Baseballkappe vom Kopf und ließ sie achtlos zu Boden fallen.
    Der Kuss raubte May den Atem. Martin hielt sie eng umschlungen und sie schmiegte sich an ihn. Die Luft war lau, es würde bald heiß werden, und sie waren umhüllt vom betörenden Duft der hohen Gräser und weißen Rosen. Der Frühlingsduft würde May immer an Martin erinnern.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich jemals wieder sehe«, sagte sie.
    »Im Ernst?«
    »Ich glaube schon.« Sie zuckte die Schultern, löste sich von ihm.
    »Ich habe verloren.«
    »Das ist mir egal.«
    »Ich habe es vermasselt. Ich –«
    »Du warst wunderbar. Wie ein Tiger. Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der so meisterhaft Schlittschuh läuft, so viel Einsatz zeigt, um einen Pokal zu holen …«
    May wusste nicht, wie sie es ausdrücken, wie sie ihre Eindrücke von dem Spiel schildern sollte, aber während sie redete, spürte sie, dass die Anspannung nach und nach von ihm abfiel. Er sagte nichts, aber als sie in seine Augen blickte, merkte sie, dass er aufmerksam zuhörte.
    »Ich habe dein Gesicht gesehen. In Großaufnahme. Es war genauso, als wäre ich dort.«
    »Ich bin froh, dass du nicht dabei warst und gesehen hast, wie ich verliere.«
    »Aber du hättest beinahe gewonnen.«
    »Beinahe zählt nicht im Hockey.«
    May wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.
    »Ich habe es vermasselt. Ich hatte den Puck, musste nur noch schießen, aber dann wollte ich auf Nummer sicher gehen und habe ihn Ray zugespielt – Ray Gardner. Meine Gedanken überschlugen sich. Es ging um den Stanley Cup, vielleicht meine letzte Chance. Ich dachte an meinen Vater. Er ist –« Martins Gesicht verzerrte sich, als er daran dachte.
    »Du wolltest ihn nicht enttäuschen?«, fragte May auf gut Glück. Sie hatte es in den Zeitungen gelesen. Sie wusste, dass sein Vater im Gefängnis saß.
    »Ich wollte nur nicht, dass er mich verlieren sieht«, schnaubte Martin. »Ihn enttäuschen, nein, darum ging es nicht.«
    May runzelte die Stirn, hörte schweigend zu.
    »Er ist alt. Er ist … ich habe es dir ja erzählt. Wir haben uns entfremdet. Wir haben seit Jahren keinen Kontakt mehr.«
    »Er ist trotzdem dein Vater.«
    »Ich bin anders als du. Die Beziehung zwischen meinem Vater und mir hat nichts Liebevolles oder Sentimentales.« Martins Akzent war stärker als sonst. Er schien sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen, wenn er über seinen Vater oder über die Niederlage sprach. May dachte an die vergangenen vier Tage, fragte sich, wo er gesteckt haben mochte, und es gelang ihr nicht, sich ein Lächeln abzuringen.
    »Ich bin nicht hergekommen, um dir etwas über meinen Vater zu erzählen«, sagte er und hielt ihre Hand.
    »Nein?«
    »Unser erster Streit.« Martin grinste und er sah derart entwaffnend aus, dass er May ein Lächeln abnötigte. »Verzeihst du mir?«
    Sie nickte lachend.
    »Ich hatte die Rosenblätter in der Tasche. Und ich hörte dich immer wieder sagen: ›Es ist wichtig, wie man spielt …‹«
    »Daran hast du während des Spiels gedacht?« May musste bei dem Gedanken daran wieder lachen.
    »Ja. Aber es hat nichts geholfen«, lachte Martin ebenfalls.
    »Rosenblätter sind kein Zaubermittel.«
    »Doch, das waren sie, zumindest für eine Weile.« Er streichelte ihre Hand.
    May betrachtete seine und ihre Hände. Sie konnte ihm nicht erzählen, dass viele Bräute einen Glücksbringer in den Rosenblättern sahen, mit dem sie die Erwartung verknüpften, dass ihre Ehe automatisch unter einem guten Stern stehen, die Liebe ewig währen, kein Streit und nichts sie trennen werde. Sie wollte ihm nicht erzählen, dass einige dieser Bräute inzwischen geschieden waren, die Männer hassten, die sie einst mehr als alles auf der Welt geliebt hatten, und inzwischen zum zweiten Mal verheiratet waren.
    »Kylie wird sich freuen, dass du wieder da bist«, sagte sie stattdessen.
    »Meinst du?«
    »Ja. Sie hat gestern einen Stand mit Limonade aufgebaut, genau hier bei dem Zaun. Sie hat sich an jede Braut herangepirscht, die den Weg entlangfuhr, aber ich weiß, dass sie auf dich gewartet hat. Sie

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