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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Klang der Wellen von Long Island sanfter anhörte als das Brausen des offenen Meeres, das sich ein paar Meilen weiter östlich befand, und dass sie hier als kleines Mädchen schwimmen und segeln gelernt hatte. Sie erzählte ihm, wie ihr Vater das Boot – eine Dyer Dow, ein Dinghy mit Segeln – ruhig gehalten hatte, bis sie hineingeklettert war.
    Dann hatte er das Boot vom Ufer abgestoßen, war achtern eingestiegen, um das Steuer zu übernehmen, und hatte ihr beigebracht, wie man segelt. Er hatte ihr die Ruderpinne überlassen, ihr gezeigt, wie man Segel setzt.
    »Schritt für Schritt.« Sie blickte zum Orient Point hinüber, einem Pinselstrich am Horizont. »Er war ungeheuer geduldig mit mir.«
    »Klingt, als sei er ein Vater gewesen, wie man ihn sich nur wünschen kann.«
    »Das war er. Einmal hatte ich fürchterliche Angst, als ein Sturm kam und das Boot beinahe gekentert wäre; ich warf ihm die Leinen zu, schrie, er solle die Ruderpinne übernehmen. Das tat er, dabei war er die Ruhe selbst. Er gab mir nie das Gefühl, dass ich mich entschuldigen oder schämen müsste, wenn ich das Bedürfnis hatte, es langsam angehen zu lassen.«
    »Ich hoffe, dass ich genauso geduldig sein werde.« Martins Stimme war ernst und leise und May drehte sich mit einem Ruck zu ihm um, blickte ihm in die Augen. Ihr war nicht bewusst gewesen, was sie ihm abverlangte, als sie ihn zu warten bat. Ihr Vater, der eine Engelsgeduld besessen hatte, war ihr großes Vorbild gewesen, der Mann, an dem sie alle anderen Männer maß.
    »Ich liebe dich«, hörte sie sich zum ersten Mal sagen.
    Er schloss sie in seine Arme, zog sie näher an sich, als sie sich küssten. Der Wind war sanft, spielte mit ihren Haaren, entlockte dem hohen Strandgras ein fortwährendes Raunen. May spürte Martins Körper, der sich an ihren presste, stellte sich vor, mit ihm bei ruhiger See zu segeln. Die Zeit wäre ideal, nicht zu rau, nicht zu windig. Sie spürte, dass sie sich bei ihm so sicher fühlen würde, als befände sie sich an Land.
    Sicher genug, um Kylie mit auf die Reise zu nehmen, ihre Nagelprobe in jedweder Situation. Sie konnte sich vorstellen, mit Martin und Kylie in einem Boot zu sitzen, die Ruderpinne zu halten, Segel zu setzen und in den Sund hinauszudriften, oder wohin auch immer das Leben sie verschlagen mochte.
    *

    Am darauf folgenden Nachmittag unternahmen sie eine lange geruhsame Radtour. May hatte einen Picknickkorb mitgenommen und sie leerten ihn auf einer breiten Wiese mit Ausblick auf den Connecticut River. Auf dem Heimweg fuhren sie über schmale Landstraßen, vorbei an weitläufigen Farmen, die mit Granitblöcken und Steinwällen durchzogen waren, die die einzelnen Anwesen voneinander trennten. Überall waren rote Scheunen und Milchkühe zu sehen. Die Häuser, im Kolonialstil, Georgianischen oder Südstaatenstil erbaut, waren überwiegend weiß oder gelb getüncht.
    »Schön ist es hier«, merkte er an.
    »Wir nennen diese Farbe Black-Hall-Gelb, weil so viele Häuser hier in der Gegend diesen Anstrich haben.«
    »Du liebst diesen Ort, wie ich sehe.«
    »Ja.«
    »Könntest du dir vorstellen, von hier wegzuziehen?«
    Sie fuhren ein paar Minuten schweigend weiter. Erst letzte Nacht hatte sie wach gelegen und über die gleiche Frage nachgedacht. Sie fühlte sich in dieser Landschaft verwurzelt. Die Geschichten und Legenden waren Teil ihres eigenen Lebens. Sie hatte eine enge Beziehung zu Tante Enid und Kylie sollte wissen, woher sie stammte, wer ihre Vorfahren waren.
    »Es würde mir schwer fallen, aber ich glaube, ja.«
    »Ich denke nicht, dass ich es jemals übers Herz bringen würde, dich darum zu bitten.«
    May warf ihm einen raschen Blick zu. Machte er einen Rückzieher? Seit dem Tag, als er sie zum ersten Mal gefragt hatte, ob sie seine Frau werden wolle, hatte er seinen Antrag nie wieder erwähnt; sie war immer noch erleichtert, dass er keinen Druck ausübte, doch allmählich begann sie sich zu fragen, ob sie sich das Ganze nicht eingebildet hatte.
    »Ich könnte pendeln«, sagte er.
    »Pendeln?«
    »Ja. Wenn wir den Sommer am Lac Vert verbringen, würde ich mich in null Komma nichts von Boston trennen. Wir könnten hier leben, in Black Hall. Ich müsste nur die 395 immer geradeaus bis zum Mass Pike fahren, wenn Training oder Spiele angesagt sind …«
    »Du willst immer noch …«
    »Und ob.«
    Martin war anders als alle anderen Männer, die sie kannte. Er war beharrlich und entschlossen, ein sanfter Riese. Stumm fuhren sie auf ihren

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