Was am Ende bleibt
gestorben», sagte er.
«Tot», sagte Sophie.
«Vielleicht», sagte er. «Hier nennt man das Herzstillstand. Es gibt hier ein Team, das heißt die ‹Stillstand-Wache›.Und wenn sie diesen Summton hören, laufen sie zu dem Patienten, werfen ihn auf den Boden und schlagen auf ihn ein, um sicher zu sein, daß er tot ist, und wenn er nicht tot ist, haben sie ihre Mittel und Wege, die Dinge wieder in Gang zu bringen.» Er schien lachen zu wollen, blickte dann aber über seine Schulter auf die alte Frau und rannte wieder zu ihr. Sie saß regungslos da, die Hand im Schoß. Er hob sie hoch, seifig und in seiner schwarzen Hand leblos aussehend. Otto ging durch die Tür, aber Sophie blieb stehen und schaute sich um.
«Wir wollen hier nicht herumalbern, Darling», sagte der Pfleger zu der alten Frau und tauchte ihre Hand in das Seifenwasser.
«Wir werden die Katze fangen», sagte Otto, als sie ins Auto stiegen. «Mach dir keine Sorgen mehr. Ich bin froh, daß du die Spritze bekommen hast. Das wird es dann ja wohl gewesen sein.»
«Hast du davon je gehört? Daß ein Summer losgeht wie ein Wecker, wenn jemand stirbt?»
«Darüber habe ich nie nachgedacht.»
«Mein Vater hat mir erzählt, daß in Frankreich, in den Dörfern, die Kirchenglocke geläutet wird, wenn jemand stirbt.»
«Das ist netter», sagte er und fügte dann etwas süffisant hinzu: «Es bringt ein wenig Romantik in den Tod.»
«Ach, Otto!» rief sie. «Ich muß wohl diese Spritzen bekommen!»
«Nein, mußt du nicht.»
«Die Krankenschwester hat sie bekommen. Warum sollte ich sie nicht bekommen? Ich schäme mich so, daß ich dieses Theater, diesen ganzen Aufstand mache.»
«Es ist in Ordnung. Mach so viel Lärm, wie du willst. Wenn es hilft. Aber du mußt wissen, wo die Grenze ist. Das ist nur eine medizinische Maßnahme. Du bist nichtin Gefahr … Es ist nur eine Episode. Nicht der Tod. Du weißt nicht genau, wo die Grenze ist.»
«Warum bin ich so?» fragte sie traurig.
«Ich weiß nicht … vielleicht wärst du besser dran in einem Dorf, in dem die Glocke läutet.»
«Wie sollen wir das Tier fangen?»
«Es wird wiederkommen, um etwas zu futtern.»
«Letzten Endes war es gut, daß ich sie gefüttert habe. Sonst wären wir nicht imstande, sie mit Futter zurückzulocken.» Ihr gelang ein blasses Lächeln, das sich irgendwo in der Polsterung des Wagens verlor. Er mußte das Lächeln gespürt haben. Er lachte erleichtert auf.
«Nichts geht über Logik», sagte er. «Selbst wenn sie irrwitzig ist.»
Sie fanden einen Drugstore an der Atlantic Avenue, der noch offen hatte. Mehrere deprimiert aussehende Leute standen herum und warteten, während die beiden Apotheker hinter einer gläsernen Trennwand hantierten. Das entsetzliche Deckenlicht fiel auf das übliche Sortiment von Drugstore-Artikeln.
«Wo ist Ihr Medicaid-Ausweis?» wollte ein Drogist mittleren Alters barsch von einem Mann wissen, der verträumt vor dem Ladentisch stand. Der Mann zuckte zusammen. Er sah verdutzt aus, als wäre er aus irgendwelchen brutalen Gründen geweckt worden.
«Sie wissen, daß ich das nicht einlösen kann», sagte der Drogist und reichte einen Zettel über den Tisch zurück. «Sie müssen mir Ihren Ausweis geben. Was ist? Sie haben ihn nicht dabei?»
Der Mann regte sich nicht. Er schien unfähig, Worte zu finden, eine Erklärung, um Widerstand zu leisten, aber in seiner Haltung lag eine vage Entschlossenheit, den Launen der offiziellen Prozedur zu trotzen, und sei es nur durch seine fortgesetzte Anwesenheit. Der Drogistgab einen ungeduldigen Laut von sich und blickte an ihm vorbei auf die Bentwoods. «Ja?» Otto reichte ihm das Rezept.
Der Mann mit dem fehlenden Ausweis rührte sich nicht. Dann, gerade als Sophie ihre Kapseln ausgehändigt erhielt, ging der Mann entschlossen auf die Tür zu. Dabei ließ er sein Rezept auf den Boden fallen. «Scheiße, Scheiße, Scheiße …», sagte er ohne Nachdruck, ja, wie es schien, sogar ohne Zorn.
«Sie werden die Katze umbringen müssen, nicht wahr?» fragte Sophie Otto, als sie vor ihrem Haus hielten.
«Ich glaube, ja», antwortete Otto. «Aber ich weiß nicht viel darüber. Sie müssen ihr Gehirn untersuchen.»
«Ich habe die Katze umgebracht», sagte sie.
«Wir haben sie noch nicht einmal gefangen», sagte er.
11
«Morgen bringe ich dich nach Flynders», versprach Otto. «Es wird ein schöner Tag. Ich glaube, heute nacht ist das nur so eine Art Frühlingsnebel. Wir fahren morgens los und können in dem Gasthaus in
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