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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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herübergedriftet - Cole Porter mochten die da drüben.
    »Es war das erstemal, daß sie jemandem einen Job angeboten hat, seit ich hier arbeite, und das sind jetzt immerhin schon zehn Jahre. Damals hat’s dir hier noch gefallen.«
    »Mit zehn gefällt’s einem überall, mal abgesehen vom Gefängnis. Aber egal, ich glaub nicht, daß ich bei Shirl dicke Trinkgelder verdient hätte. Spielen die da drüben eigentlich auch mal vernünftige Musik?«
    »Auf die Grateful Dead kann man nicht tanzen. Die wollen tanzen. Ich sag ja nicht, daß du den Job hättest annehmen sollen - nur, daß sie ihn dir angeboten hat. Und Lorraine hat gesagt, Jewel Chapman hätte dich sehr gerne in seinem Futtermittelladen arbeiten lassen.«
    »Da springt einfach nicht genug bei raus. Du willst doch, daß ich Geld für die Uni verdiene, und in Hebrides gibt’s jede Menge Häuser zu streichen -«
    »Ich sag ja nicht... Ach, vergiß es.« Hebrides war zwanzig Meilen entfernt; ohne Auto konnte er da eben nur an den Wochenenden hier sein und nicht den ganzen Sommer über.
    Heute war er abgefahren, und deswegen hatte sie nicht zur Arbeit gehen wollen. Doch ein Teil von ihr wußte es besser, wußte, daß sie, wenn sie nicht hinginge, den ganzen Tag im Haus herumsitzen würde, wie eine Trauernde nach einer Beerdigung. Sie waren mit dem Taxi nach Bakersville gefahren, um die kleine Maschine in die Stadt zu erwischen, und dort die große Maschine und dann das Space-Shuttle...
    Maud starrte in den Nachthimmel und suchte das winzige rote Licht eines Flugzeugs, das wie ein roter Stern über den Himmel zog, in der Hoffnung, seine Maschine sei vielleicht wieder umgekehrt. Dieses unermüdlich pulsierende rote Lichtpünktchen hatte heutzutage wohl die Melancholie, die im Pfeifen eines Zuges lag, ersetzt, sinnierte sie.
    Er war früh abgereist, zwei Tage früher als nötig. »Mom, ich hab mir überlegt... Würd’s dir was ausmachen...?«
    Wenn Chad so anfing, wußte sie, daß das, was er zu sagen hatte, ihr etwas ausmachen würde. »Ich-hab-mir-überlegt-würd’s-dir-was-ausmachen« war eine Wortgruppe, die mittlerweile ein Eigenleben entwickelt hatte. Ja, es würde ihr etwas ausmachen, wenn sie es auch fast immer verneinte, weil das, was darauf folgte, nie unvernünftig, sondern einfach nur schmerzhaft war. Es hatte immer etwas mit Fortgehen zu tun, damit, daß er abreiste, ehe er eigentlich wegmußte. Maud empfand es als »Sich-dünne-Machen«; Chad bezeichnete es als »Zur-Uni-Fahren«.
    Die letzte Errungenschaft für die Ausstattung des Piers war eine Lampe, die Maud in dem niedrigen Winkel unter der Dachschräge gefunden hatte. Sie war schwarz, hatte klauenähnliche Füße und einen fleckigen beigen Lampenschirm mit verblichenen Rosen. Sie brachte Chad dazu, mehrere Verlängerungskabel aneinanderzumontieren, so daß die Schnur schließlich lang genug war und sich in die Steckdose an der Rückwand des Häuschens einstöpseln ließ. Wenn es auf der Party auf der anderen Seeseite ruhiger wurde, wenn alle hineingegangen waren und sich den Bauch vollschlugen und sie die Musik nicht mehr hörte, knipste Maud die Lampe an und las, was immer sie sich zum Wodka mitgebracht hatte.
    In letzter Zeit nahm sie ihre alte College-Anthologie amerikanischer Dichtung mit zum Pier. Sie war auf Wallace Stevens’ Gedicht »Die Idee der Ordnung auf Key West« gestoßen, dessen Aussage sie zu verstehen versuchte. Es ging ihr weder um die geistige Übung noch darum, sich in der Welt der Dichtung weiterzubilden. Ihr lag überaus viel daran (wenn sie auch nicht hätte sagen können, warum), dieses Gedicht zu verstehen. Sehr viel würde sich ihr dann offenbaren, das spürte sie. Einige Passagen hatte sie Sam vorgelesen, der es auch nicht verstand und der anscheinend sowieso lieber über die Lampe schimpfen wollte.
    Sam mäkelte ständig an der Lampe herum und wollte, daß sie verschwand. »Sie ist gefährlich«, sagte er immer wieder, blieb aber sehr vage, wenn sie ihn fragte, worin denn die Gefahr genau bestand. Sie fragte, ob er fürchte, sie werde die Fische durch den Stromstoß töten, falls sie ins Wasser fiele, und er antwortete, daß wahrscheinlich überall in der Gegend die Sicherungen durchbrennen würden. Was denn daran gefährlich sei? fragte sie ihn. Wenn doch nur Sicherungen rausflögen?
    »Na ja, aber findest du nicht, daß es irgendwie komisch aussieht, wenn die« - er nickte in Richtung der Party - »hier rübergucken? Und da jemanden unter einer Lampe sitzen

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