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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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schon wieder heißen?«
    Sam zuckte die Achseln. »Ich frag mich nur, wann er hingekommen ist.«
    »Die Moffits haben gesagt, sie haben seinen Transporter neben der Scheune stehen sehen.«
    »Klar. Aber sie wissen nicht, wann er ihn hingestellt hat.«
    »Er hat unter Eid ausgesagt, daß er Hayden besuchen wollte, in die Scheune reinmarschiert ist, und da lag sie dann ›dressiert wie ein Suppenhuhn‹. So hat er gesagt. Und die anderen auch.« Sims schaute Sam düster an.
    »Ich weiß, was er gesagt hat, Herr Bürgermeister.«
    »Bleiben Sie mir vom Leib, DeGheyn.«
    »Kaffee, Sam?« fragte Wade und hielt die verbeulte Aluminiumkaffeekanne hoch, die so selbstverständlich zum Haushalt der Haydens zu gehören schien wie die Kühe und Hennen. An Sonntagabenden brachte er sie jetzt heraus auf die Veranda und stellte sie auf eine Heizplatte, so daß er nicht immer wieder in die Küche gehen mußte. Der Holzschaukelstuhl auf der Veranda war sein Lieblingsplatz.
    Dodge saß auf der Hollywoodschaukel, deren Ketten bei jeder Bewegung knarzten. Er nickte kurz und schaute dann in die Dunkelheit.
    »Nichts dagegen, Wade. Danke«, sagte Sam, als Wade ihm den weißen Becher reichte. »Wie läuft das Geschäft, Dodge?« Dodge besaß eine Baufirma, die nach Sams Ansicht vielleicht ein bißchen zu viele Aufträge im Kreis bekam. Dodge und Bürgermeister Sims waren dicke Freunde.
    Dodge zuckte die Achseln. »So lala.« Er bewegte die Hand hin und her, wie Bubby Dubois es getan hatte.
    Rund um La Porte gingen offenbar alle so langsam pleite. Dodge trank keinen Kaffee; er hatte eine Literflasche in einer braunen Papiertüte dabei. Das gehörte zu der Rolle, die er spielte und die Sam nie ganz durchschaut hatte. Knallharter Typ? Ohne Sperenzchen? Und ohne Gefühlsduselei? Sam wußte es nicht, und Dodge selbst auch nicht, vermutete er. Der Seagram’s in der Tüte sollte wohl die Cowboystiefel, den breiten Gürtel mit der schweren Schnalle und den schmalen Schlips unterstreichen. Er hatte ein Hundegesicht - schwere Kinnlade, Lefzen, das schlaffe Gewebe unter den Augen gerötet.
    »Magst’n Schuß?« Dodge hielt die Flasche in die Höhe. Er redete immer noch von »Schüssen« und trank oft Seven and Seven, dieses Whisky-Limo-Gesöff. Dodge mußte höflich zu Sam sein und sich manchmal sogar richtig freundlich zeigen, damit niemand auf den Gedanken kam, daß er einen Groll gegen ihn hegte, der die zu der Überlegung veranlassen könnte, warum das so war.
    Sam lächelte ein wenig. »Hab nichts dagegen«, sagte er noch einmal und hielt seinen Kaffeebecher hin, in den Dodge seinen Whisky tröpfeln ließ. Sam dankte ihm und lehnte sich ans Geländer der großen Veranda zurück, die sich ums ganze Haus herumzog und alle drei Jahre frisch gestrichen wurde. Das ganze Anwesen der Haydens sah so schmuck aus wie gemalt.
    Das Gespräch zwischen den dreien gestaltete sich eher zäh. Außer Sam, der immer noch seine Zweifel an Dodge hatte, und Dodge, der darum wußte, war da noch Wade, der selber ein stiller Mensch war. In Gesprächen von Mann zu Mann redete er gern. Wenn es aber dann drei wurden, schien Wade das schon als Party zu empfinden, und er war nicht gerade ein Partymensch. Sam erinnerte sich daran, wie er mit seiner Plastikpunschtasse herumgestanden hatte, als Bürgermeister Sims das Band durchschnitt, um das neue Postamt in der Hauptstraße zu eröffnen, einen rosaroten Backsteinkomplex mit Klimaanlage, der größer war als das alte Gebäude, funktioneller, quadratisch und reizlos.
    Sam machte irgendeine Bemerkung über Wades Tomatenernte; und Dodge sagte über Wades Pferd Fleetwood: »Solltest dieses Pferd irgendwann mal drüben bei den Brewerstown-Rennen laufen lassen.«
    »Tja.« Wade schaukelte und trank, trank und schaukelte.
    »Nein, wirklich«, sagte Dodge, als hätten sie sich gestritten. »Das ist ein verdammt gutes Pferd.« Er schraubte den Deckel seiner Flasche ab, nahm einen Schluck und schraubte ihn wieder drauf. Er war kein Geizhals, aber mit seinem Whisky schien er sparsam umzugehen, als wolle er einen Rekord im Langsam-Trinken aufstellen. In den Zeiten der Prohibition hätte er sich wohl gefühlt, dachte sich Sam, wenn er damals alt genug zum Trinken gewesen wäre. Dodge war etwa Mitte Fünfzig.
    Bemerkungen über die alte Sau, über die sechs Kühe, die Maud als »Kuhtragödie« bezeichnete und die mit ihren dünnen weißen Gesichtern alle gleich aussahen, so trostlos wie die Schauspieler des griechischen Dramas mit ihren

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