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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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daß er nicht wirklich in der Falle hockte, es ihm aber so vorkam. Und daß er alles am liebsten abgestreift hätte.
    Er hatte wirklich keine Sehnsucht nach der Vergangenheit. Aber die Gegenwart bedeutete ihm auch nicht viel.
    »Sam?«
    Dubois’ Stimme riß ihn aus dem Nebel seiner Gedanken. Bubby sprach in einem klagenden Ton wie ein Kind, das den Lehrer darum bittet, rausgehen und pinkeln zu dürfen.
    Sam klopfte auf die Motorhaube. »Bis bald, Bubby. Ich muß noch ein paar Kontrollgänge machen.« Er tat, als sei Bubby nur eine Station auf einer langen Liste.
    Bubby sackte vor Erleichterung zusammen. Sofort drehte er den Schlüssel um und gab Gas. »War schön, dich mal wieder zu sehen, Sammy. Grüß mir auf jeden Fall -« Der Name blieb ihm in der Kehle stecken. Bubby guckte erschrocken.
    »Florence«, sagte Sam und schaute über die Haube des Caddy.
    »Genau.« Das Auto stieß zurück, bog auf die Straße ein, und als es davonschoß, spritzte der Schotter nach allen Seiten.
    Sam drehte sich nicht um, sondern blickte auf Bunnys Haus. Die Fenster waren jetzt dunkler; gleich nachdem sie die Veranda verlassen hatte, waren die Lichter ausgegangen.
    Er hatte hier herumgetrödelt und den Bullen raushängen lassen, während er eigentlich längst drüben bei Wade sein sollte.
    Als er über die Straße zum Streifenwagen ging, sagte er sich, er würde seinen rituellen Besuch bei Wade heute kurz halten; er wollte zurück zum Pier. Maud würde allein dort sitzen.
    Sam knallte die Tür zu, startete den Wagen und starrte einen Moment lang durch die Windschutzscheibe.
    Irgendwo da draußen trieb er sich herum.
    Für Sam war es nur schwer vorstellbar, daß auf dem Hayden-Grundstück ein Verbrechen geschehen konnte. Es war fast so friedlich wie das alte Pier und lange nicht so unwirklich. Oder vielleicht doch? Sam runzelte die Stirn, als er an dem großen weißen Haus zu seiner Linken vorbei-, die Straße hinab- und auf die geteerte Fläche neben der Scheune Zufuhr, wo außer einem Pickup-Jeep auch Wades weißer Kombi geparkt war.
    Seit er angefangen hatte, sich stundenlang mit Maud zu unterhalten und auf den See hinauszuschauen, fragte sich Sam, ob er wohl durch gewisse Dinge hindurchgreifen konnte, weil sie zwar fest wirkten, sich aber vielleicht als Dunst und Nebel erweisen würden.
    Die Geräusche klangen gedämpft; die Gegenstände sahen aus, als habe man sie einfach fallen lassen. Neben der Asphaltfläche stand auf der einen Seite ein aufgebockter uralter Chevy. Er hatte das Aussehen einer Skulptur oder Statue angenommen, die etwas Unveränderliches, Immergleiches darstellte und so einen Ort markierte, dessen Bedeutung alle vergessen hatten.
    Aber das Haus der Haydens hatte niemand vergessen. Und ganz bestimmt nicht Dodge Haines, dessen Zigarre wohl da oben auf der Veranda glühte und dessen Transporter auf der Asphaltfläche geparkt war.
    Dodge kam gelegentlich zu Besuch, wahrscheinlich, um bei Wade und anderen Bewohnern von La Porte den Gedanken, daß Dodge vielleicht doch etwas mit dem Tod von Eunice Hayden zu tun hatte, restlos zu zerstreuen.
    Sam lief über das kurzgestutzte Gras, und der Tau näßte seine Schuhe, und er spürte, daß er Dodge Haines, den er nie besonders gemocht hatte, auch vor dem Hayden-Verbrechen nicht, weil er ein Angeber und dummer Witzereißer und ein weiterer Kunde von Bunny Caruso war, noch immer nicht recht traute. Dodge (der diesen Spitznamen schon vor Jahren wegen seiner Treue zu Chrysler bekommen hatte) sah sich als unwiderstehlichen Teufelskerl. Der Filou vom Rainbow Café war irgendwo in den vierziger Jahren stehengeblieben: Er glaubte, daß die Frauen dahinschmolzen, wenn er ihnen Küsse zuhauchte, ihnen in die Schenkel kniff und ihnen ins Dekolleté linste.
    Sie hatten nichts füreinander übrig. Sam konnte Dodge Haines nicht besonders leiden, aber Dodge haßte Sam DeGheyn geradezu. Nach dem Mord an Loreen Butts hatte Sam so oft an Dodges Tür geklopft, daß Bürgermeister Sims ihm zuletzt sagte, das sei wohl Belästigung am Arbeitsplatz.
    »Es gibt genauso viele Indizien, um Dodge Haines des Mordes an Eunice anzuklagen, wie es sie bei Boy Chalmers gegeben hat, als man ihn wegen der Butts verhaftete«, hatte Sam gesagt.
    »Mein Gott, Sie erzählen nur Scheiße, DeGheyn«, hatte Sims geantwortet und seine Länge und sein Gewicht um den Schreibtisch geschleppt wie ein Mann in Fesseln. »Haines hat sie doch gefunden, oder nicht?«
    »Behauptet er.«
    »Was, zum Teufel, soll das denn

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