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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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»Na ja. Weil’s halt ein bißchen wie hier geklungen hat...«
    Ihre Augen waren groß und wild wie die einer Gazelle, als sie den Blick über ihre Umgebung schweifen ließ. »Hier? Hier? Na ja, das nun Gott sei Dank nicht. Die Polizia in Mediterranea läuft nicht rum und verhaftet die falschen Leute.« Der Schaukelstuhl bewegte sich plumpsend in seine Ausgangsposition, und sie rauchte in schnellen, kurzen Zügen.
    Sam reagierte vorsichtig. »Was meinst du damit?«
    »Als wenn du das nicht wüßtest. Von diesen vergewaltigten und ermordeten Frauen. Von Nancy Alonzo und Loreen Butts und der anderen.« Sie schaute Sam an. »Dieser Chalmers, den du verhaftet hast -«
    »Boy Chalmers. Und ich hab ihn nicht verhaftet - das war die Polizei in Hebrides. Und die Bürgermeister beider Städtchen waren außerordentlich erfreut darüber. Von der Staatsanwältin ganz zu schweigen.« Maud schaukelte sanft im Rhythmus der Musik. »›Moonlight becomes You‹. Kannst du dir das vorstellen? Erinnerst du dich an Dorothy Lamour? Jemand hat mir erzählt, daß sie in Baltimore, Maryland, gelebt hat...«
    »You certainly know the right thing to wear...« sang Maud. Sie hatte eine helle, süße Stimme, die Sam an einen hohen, pastellfarbenen Sommercocktail erinnerte - so etwas, was man in der Hand hält, wenn man auf einem weißen Korbstuhl auf einem weiten, grünen Rasen sitzt... O je, er war langsam schon genauso schlimm wie sie.
    »›She wore hibiscus in her hair‹. Dorothy würde es in meinem Zimmer besser gehen als in Baltimore. Ich frag mich, ob sie Immobilien verkauft. Ich glaub, irgend jemand hat mir so was erzählt.« Maud schüttelte den Kopf. »Das paßt auch nicht ins Bild.«
    Sie schien Boy Chalmers und die Sexualmorde vergessen zu haben, doch Sam wußte, daß dem nicht so war. Maud vergaß nur selten einen ihrer Gesprächsfäden, vergaß ihn genausowenig, wie Odysseus’ Frau - wie hieß sie bloß wieder? - aufhören würde, an diesem endlosen Wandteppich zu weben. »Erzähl mir noch ein bißchen von dem Zimmer. Das ist interessant.«
    »Warum sollte ich?« Sie sang noch ein paar Worte:
    »What a night to go dreaming,
    Mind if I tag al-loooong...«
    »Na ja... wie wär’s, wenn ich mit auf dein Zimmer käme?« Er dachte an Florence. War sie ausgegangen, um mit Bubby Dubois in Träumen zu schwelgen? Wie konnte jemand mit ihm in Träumen schwelgen?
    Mauds Stimme unterbrach jäh seine Vorstellung von jenem schwabbligen Körper, der seine Frau bearbeitete. Ihre verschmitzte Stimme. »Warum fragst du mich nicht, ob sonst noch jemand im Zimmer war?«
    Besser verschmitzt als verletzt, dachte sich Sam und sagte: »Okay. Ich frag dich.«
    Maud hörte auf zu schaukeln, beugte sich über die Armlehne und brachte ihr Gesicht ganz nah an seines heran. »Neeeinnn.« Jetzt war sie verschmitzt und zuckersüß: »Neeeinnn. Auf meinem Balkon sind keine Stühle, also sitz ich nicht mit so einem blöden, tolpatschigen Polizia-Beamten da draußen und guck übers Wasser.« Das Martini-Glas in der Hand, beschrieb sie in großer Geste einen Halbkreis; das Getränk spritzte in alle Richtungen und funkelte in der Luft, als wolle sie das Pier taufen. »Scheiße«, sagte sie, als sie in das leere Glas schaute.
    »Klingt, als wär dein Zimmer in Venedig.« Das sollte zwar nach einem sachlichen Kommentar klingen, aber es gelang ihm einfach nicht, seine Gedankenlosigkeit zu verbergen. Er wußte sehr gut, daß sie ihr Zimmer beziehungsweise ihren Ort über seinen mediterranen Charakter hinaus keinesfalls näher bestimmen wollte. Er wußte, daß sie unter dem Schleier ihres Haares zu ihm hochsah. »Wegen dem Wasser«, sagte er. Er interessierte sich eigentlich mehr dafür, warum sie so überzeugt davon war, daß Boy Chalmers nicht der Mörder war. Wahrscheinlich nur, um ihren Dickschädel unter Beweis zu stellen.
    »Ganz bestimmt nicht.« Sie griff nach der Wodkaflasche und quetschte noch einen Drink heraus. »Um Venedig herum gibt’s kein jadegrünes Meer - zumindest nicht auf der Postkarte, die ich davon gesehen habe. Und überhaupt, Venedig liegt an der Adria.«
    Wer das nicht wußte, war mit Sicherheit zu einfältig, um in ihren großen Traum eingeweiht zu werden. »Ach. Na ja, ich bin wohl nicht fein genug für Mediterranea. Oder gar Adriatica.« Sam streckte die Beine aus und ließ seine Spiegelglas-Sonnenbrille von ihrem Ruheplatz auf seinen Haaren auf die Nase rutschen. »Und jetzt verrat mir, warum du glaubst, daß Boy Chalmers unschuldig

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