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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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wahrhaftig besser als ihre richtigen Namen, die so gewöhnlich waren wie die Namen in La Porte. Maud würde Anfälle kriegen.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Maud, konzentrierte sich auf das Olivenglas und löste schließlich die eingeklemmte Olive, so daß jetzt alle Oliven in die Schüssel rollten. Vom anderen Ufer drangen die nervösen Klänge von »Anything goes« herüber. Es entstand ein wenig Bewegung unter den Gästen. Manche waren auf die Terrasse herausgekommen, und sie liebte die Abendkleider der Frauen, die als Farbkleckse erschienen, durch die Entfernung und das Laternenlicht gedämpft: die Grüntöne bekamen einen Blaustich..., die Blautöne einen Gelbstich. Das heißt, gestand sie sich selber, man sieht es gar nicht so deutlich. Es war zu dunkel, um solche Veränderungen zu erkennen; die Terrasse wirkte wie eine kleine grüne Insel.
    Sie saßen schweigend da, Sam summte ein paar Takte mit, und der Rauch kräuselte sich über seiner Zigarette.
    Sie war froh, daß er vor dem Nachhausegehen noch einmal zurückgekommen war. Oft machte sie sich Gedanken über seine Frau, die ab und zu ins Rainbow kam, um Gebäck zu kaufen oder einen Kuchen für einen besonderen Anlaß zu bestellen. Maud hatte sich nie mit ihr unterhalten; Shirl bediente sie immer, oben an der Registrierkasse. Florence sah ziemlich gut aus, fand sie, irgendwie heißblütig und italienisch. Sam hatte gelächelt und gesagt, daß sie Griechin sei, zweite Generation.
    Sie fragte sich auch, wo er sich bei seinen nächtlichen Ausflügen rund um La Porte (»nur ’n kleiner Kontrollgang«) so herumtrieb. Fuhr er um den See und an der Hinterseite der Häuser da drüben vorbei? Wahrscheinlich nicht. Aber manchmal blieb er zwei, drei Stunden weg, und wenn er auch sagte, er besuche Wade Hayden, so konnte sie sich eigentlich doch nicht recht vorstellen, wie man über zwei Stunden bei Wade Hayden rumsitzen konnte.
    Nicht, weil sie Wade etwa unsympathisch fand. Sie kannte ihn ja gar nicht, sah ihn nur immer im Postamt hinterm Schalter sitzen, wo er nur »Tach, Maud« und »Schüs, Maud« sagte, ohne daß dazwischen viel passierte. Sein Lächeln war reserviert, wenn er ihre Eilpakete an Chad abstempelte. Er war sehr unnahbar. Reserviert und unnahbar. Maud hätte am liebsten gelacht. Verglichen mit ihr war Wade Hayden wahrscheinlich so lebhaft wie der Times Square. Sie hätten sich eigentlich glänzend verstehen müssen, wenn sie sich da am Schalter gegenüberstanden.
    Sie hatte seine arme Tochter Eunice ganz vergessen, und die plötzliche Erinnerung an sie bewirkte, daß der Schaukelstuhl mit einem dumpfen Aufprall zum Stehen kam.
    Sam drehte den Kopf und sah sie an: »Ist was?«
    »Ich hab mich gerade an Eunice Hayden erinnert. Ich sage dir, ich krieg das einfach nicht zusammen. Es macht einfach keinen Sinn.«
    »Hat Mord je einen Sinn?« Sam griff nach dem Feldstecher und spielte daran herum.
    »Aber natürlich. Nimm zum Beispiel Detroit oder Chicago oder New York City. Da macht Mord Sinn. Da macht sogar seine Sinnlosigkeit noch Sinn.«
    »Da komm ich nicht mit.« Sam drehte das Fernglas um. »Zeiss. Das ist gut. Wo hast du das her?«
    »Vom Speicher. Aber hör mal zu. So sind diese Orte eben - ich meine Detroit oder Chicago. Morde gehören zum Puzzle dazu. Hier aber nicht. Es ist, als hätte jemand einen Stein aus dem falschen Puzzle genommen, ein Stück blauen Himmel etwa, und ihn in ein schwarzes Straßenpflaster gezwängt. Richtig reingehämmert, mein ich. Und damit das ganze Bild versaut.«
    »Maud, um Himmels willen, was macht das schon für einen Unterschied? Und außerdem kann man ein Stück Himmel auch nicht in eine New Yorker Straße zwängen.« Er stellte das Fernglas ein.
    Ihre Hand ballte sich zur Faust, und sie kniff die Augen zusammen. Er sah, daß sich ein kleiner Wutanfall ankündigte.
    »In New York stürzt der Himmel immer in die Gosse. Und nimm nicht alles so verdammt wörtlich !« Ihre Augen öffneten sich, die Finger fummelten noch immer in dem Olivenglas herum. »Ich hasse es, wenn die Paprikastückchen rausfallen.« Sie warf die beschädigte Olive in ihr Glas und zog die Flasche aus dem Eis. »Also das hier« - und Maud machte eine schwungvolle Bewegung mit der Popov-Flasche »das macht Sinn. Da ist der See, über ihm der Mond, auf ihm die kleinen Boote; und dann wir am Ende des Piers; und da ist noch die Party am anderen Ufer. Die Zusammenstellung ist vollkommen.« Sie beschrieb mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis.
    Mit dem

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