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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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knorrige Pionierin des freien Unternehmertums oder so etwas, wo sie doch einfach nur verdammt fies war.
    Maud bat immer darum, an Sonntagen an der Theke arbeiten zu dürfen (was Charlene, die die dicken Trinkgelder kassierte, ganz recht war), damit sie nicht alles so genau mit ansehen mußte. Verschwommene weiße Tennispullover oder Mützen und (Gott sei Dank) so viele Designer-Sonnenbrillen, daß es fast nach einem Raumfahrerkongreß aussah, mehr wurde Maud nicht zugemutet. Sie befürchtete nämlich, daß es ihr nicht mehr gelingen würde, sie sich in schwarzen Krawatten und raschelnden Abendkleidern vorzustellen; und besonders fürchtete sie, eventuell Raoul und Evita zu entdecken, vielleicht instinktiv zu spüren, daß sie es waren, ihre südländische Hautfarbe zu bemerken und ihren leichten Akzent...
    Maud schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Sam hatte sich die Namen ausgedacht, rief sie sich in Erinnerung. Wahrscheinlich hießen sie »Kelly« und »Craig« und wohnten im Trump Tower und trugen Schoßhündchen mit sich rum. Und doch...
    Sie konnte hören, wie das Partyboot die Neuankömmlinge ausspie - ein Gequietsche und Gejapse wie von diesen Hündchen.
    Sie ließ den Kopf ein wenig hängen, richtete ihn aber gleich wieder auf, als sich da drüben - wohl ganz plötzlich - die Terrassentür öffnete, vielleicht durch die Wucht der Musik selber.
    »Brazil.«
    Es war ein Omen.
    Also vergaß Maud den Trump Tower, aber New York wollte ihr nicht aus dem Sinn gehen. Da gab es schließlich noch Rosie.
    Das Partyboot hatte sich vom Dock entfernt und machte zwischen den anderen kleinen Booten fest. Und zu den Klängen von »Brazil« hatten sich mehrere der Farbtupfer zu... ja, zu was?... zu einer Schlange aufgestellt. Einer Conga-Schlange. Sie wand und schlängelte sich bis hin zur Terrassentür.
    Da hatte Sam also die ganze Zeit eine Nichte in New York gehabt und ihr nie etwas davon erzählt. Maud blinzelte jetzt über den See.
    Oder er hatte gelogen.

 
DRITTER TEIL
Chad
     

1
    E r kannte sie überhaupt nicht. Warum lagen sie hier in diesem herrlich drapierten Himmelbett zwischen den Mänteln?
    Zwei besoffene Tänze, während deren sie beide hohe, superstarke Rumcocktails hielten, in denen exotische Blüten steckten; die Tänze waren eher ein Sichaneinanderlehnen.
    Bethanne hatte ihr französisches Höschen fallen lassen, kaum daß sie das Schlafzimmer betraten, als sei sie eine Besucherin, die sich aus Respekt gegenüber orientalischen Bräuchen die Schuhe auszieht. Ihre restliche Kleidung hatte sie immer noch an.
    Die Stimmen von mehr als hundert Gästen fluteten unten zwischen dem Wohnzimmer und der Bibliothek der Bonds - nein, es mußten wohl das Spielzimmer und die Bibliothek sein -, die ineinandergingen, hin und her. Es waren so viele Leute, daß man den Eindruck hatte, eine Hälfte sei das Spiegelbild der anderen. Nie hatte er solche Kleider gesehen. Sie hätten einen Laufsteg aufbauen sollen. Klitzekleine Paillettenröcke, lange, weite Samthosen. Gesichter mit hohen Wangenknochen, schimmernde Lippen und Augen.
    Eine von ihnen war hier bei ihm. Sie war vielleicht zwanzig, so alt wie er; sie konnte aber auch sechzehn sein - heutzutage war es unmöglich, das Alter von Frauen zu schätzen. Ihren Nachnamen wußte er nicht.
    »Du willst dich nicht in die Schlange einreihen, du willst nicht frei tanzen, du willst nicht rauchen, und du willst auch nicht vögeln. Warum bin ich überhaupt hier?« fragte sie.
    »Du wolltest, daß ich dich nebenan ins Bad schütte. Du zerfließt ja schon fast.«
    Das Bad nebenan war wahrscheinlich der Grund, warum all die Mäntel hier lagen. Die Bonds hatten unten weiß Gott Angestellte und Schränke genug, aber die Reichen flitzten offensichtlich nur herauf, um im Mamorbad zu pinkeln, und schleuderten dabei ihre Mäntel durch die nächste offenstehende Tür.
    Er hob den Kopf ein wenig, um zu gucken, was auf seinem bestrumpften Fuß lag. Er hatte seine Schuhe aus Achtung vor Ralph Lauren ausgezogen. Silbriger Pelz. Fuchspelz vielleicht. Er hatte Veldas russischen Nerz bewundert, aber näher war er dem Zeug bisher nicht gekommen. War das Zobel, was da so leger über dem tiefen Sessel hing? Er wollte nicht wissen, was für einer der schimmernde weiße da war. Dieses Labor-Day-Wochenende war ziemlich warm, und diese Frauen schleppten sich trotzdem mit ihren schweren Pelzen ab.
    Das Mädchen drehte sich herum, hielt den Ellbogen aufs Kissen und das karamelbraune, spitze

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