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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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aus?«
    Ihre Hand hörte auf zu fummeln und begann zu drücken. »Du hast doch gesagt, daß du Schulden hast oder so was. Hast du Drogen genommen? Mein Gott, was hast du denn? Soll ich mich ausziehen? Willst du irgendwas Besonderes?« Jetzt versuchte sie sich aus dem Kleid herauszuwinden, sofern es diese Bezeichnung überhaupt verdiente. »Machst du mir den Reißverschluß auf?« Sie wandte ihm den Rücken zu.
    Er rührte sich nicht; er lag da und dachte an die tausend Dollar, die er an die Bank zurückzahlen mußte, bevor seine Mutter es erfuhr.
    Es hatte fast drei Monate gedauert, bis die Bank ihren Fehler bemerkte und einer der stellvertretenden Direktoren Chad anrief. Mr. Frobish war sehr verständnisvoll gewesen, als Chad ihn in der Bank besuchte. Bei Chad waren die Leute fast immer verständnisvoll. So, wie er wie auf Knopfdruck seinen Charme versprühen konnte, hatte man tatsächlich den Eindruck, als betätige er einen inneren Mechanismus.
    Ja, Mr. Frobish verstand schon, daß Chad einfach angenommen hatte, sein Vater habe das Geld auf das Konto überwiesen. Ja, er könne Chad eine gewisse Frist für die Rückzahlung zugestehen. Mr. Frobish wußte, daß Ned Chadwick stinkreich war. Ja, zwei Monate erschienen ihm durchaus vernünftig.
    Die Bethannes dieser Welt kannten keine Probleme mit der Bank. Bethannes Mutter war Börsenmaklerin. So, wie sie das sagte, klang es, als sei Wall Street ein richtiger Treffpunkt für Mütter.
    »Was macht denn deine Mutter?« hatte sie auf der Terrasse gelangweilt gefragt.
    Er hatte geschwiegen; sein Kinn ruhte an ihrer Stirn. »Sie arbeitet in der Gastronomie.«
    »Hmm. Muß schön sein, selber ein Restaurant zu haben. Es ist immer so schwierig, einen anständigen Tisch zu ergattern.«
    »Es gehört ihr nicht.«
    Ihr war das egal, und er hatte nichts weiter gesagt.
    Die Rolle der Aufreißerin, die sie offensichtlich spielen wollte, überzeugte ihn nicht so recht; sie war viel zu bedröhnt. Leider war sie eine Quasselstrippe und plapperte unentwegt und immer schläfriger davon, wie er sie in dieses Zimmer hinaufgeschleppt habe und dann - wutsch (ihre Handflächen verfehlten einander) - nix. »Was hast du denn bloß, Chaddie?«
    Chaddie. Mein Gott, das war ja schlimmer als Murray.
    Er hätte seinem Vater durchaus zugetraut, ihn Murray zu nennen. Murray: weder ein in der Familie verbreiteter Name noch der Name eines Freundes noch der irgendeines alten Angebers oben in New Hampshire (dem Heimatstaat seines Vaters), der im Gemischtwarenladen rumgesessen, Dame gespielt und an seinen Zähnen gelutscht hatte. Murray war ein Name, mit dem man nichts anfangen konnte. Murr - was war denn das für ein blöder Spitzname? Seine Mitschüler in der zweiten und dritten Klasse jedenfalls hatten die Möglichkeiten des Namens erkannt. Unter höhnischem Getue und Gepfeife hatten sie ihn »Mary« gerufen.
    Schließlich hatte er sie angelogen und ihnen erzählt, Murray sei nur sein zweiter Name. In Wirklichkeit heiße er Ed. Aber dann kamen seine Freunde bei ihm zu Hause vorbei und fragten nach Ed, und seine Mutter mußte ihnen immer wieder sagen, daß sie sich im Haus geirrt hätten, hier gäbe es keinen Ed. Mit sieben oder acht hat man keine große Lust, sich mit Müttern zu streiten, weil man weiß, daß sie wahrscheinlich Messer unter ihren Röcken versteckt haben - auch wenn sie bloß im Türrahmen stehen und völlig harmlos und nett wirken und bestreiten, daß sich ein gewisser Ed im Haus befindet.
    »Schön, daß du dich amüsierst.«
    Chad hatte Bethanne fast vergessen. »Was?«
    »Du hast gelacht. Oder gegurgelt - ich weiß nicht.« Sie saß jetzt aufrecht da, den Rücken ans Kopfbrett gelehnt, die Knie hochgezogen, den seidigen Rock über die Schenkel hinabgezerrt. Sie rauchte mit geschlossenen Augen und hielt die zusammengedrückte Marihuanakippe zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Meine Güte, dachte er sich, was steckte denn noch alles in diesem gehämmerten kleinen Goldbehälter? Eine Wasserpfeife vielleicht?
    »Ich hab nur nachgedacht.«
    »Über das Geld...« Sie inhalierte tief und sog den Rauch in ihre zerfressenen Lungen. »Warum has’n Billy nich gefracht? Der hat doch Geld wie Heu.«
    »Billy«, so nannten sie ihn zu Hause. »Zero? Im College nennen wir ihn Zero.«
    Bethanne gelang es mit großer Anstrengung, den Kopf herumzureißen, und starrte ihn an. »Zero? Ihn? Wunnert mich, daß er da üwahaup mit dir redet.« Wieder schlossen sich ihre Augen.
    »Das hat er sich ausgedacht,

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