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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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glauben? Sie ist doch nicht blöd.«
    »Die glauben alles, Kleiner. Sogar, daß man auf dem Wasser gewandelt ist.«

2
    S ie gingen einen engen, gewundenen Pfad, der vom Bootshaus zu den Eingangsstufen führte. Zero zupfte an den winzigen Blüten der Wiesenblumen herum. Unmittelbar bevor sie das Haus betraten, streifte er noch Blätter von einem Zweig der Weide herunter. Chad schüttelte seine Uhr. Sie schien nicht mehr zu funktionieren. Er nahm sie ab, warf sie in einen Kasten mit Zierpflanzen und folgte Zero.
    Pitschnaß betraten sie das große Foyer, und die wenigen Gäste, die bei den Sheraton-Tischen standen oder an der Treppe lehnten, wandten verwirrt die Köpfe, warfen den dreien stirnrunzelnde Blicke zu und nahmen dann gelangweilt wieder ihre Gespräche auf.
    »Komm schon, Ophelia«, sagte Zero und griff nach Casey, die zur Treppe und nach oben wollte, um ihr durchnäßtes schwarzes Kleid auszuziehen.
    »Was ist denn los?« fragte sie, und ihre Frage endete mit einem Wimmerlaut, denn während sie noch sprach, schwang Zero sie in die Höhe, streute ihr eine Handvoll zerdrückter Blumen und Weidenblätter über den Kopf und trug sie zu einem der bogenförmigen Eingänge des Wohnzimmers, das fast so groß war wie ein Ballsaal.
    »Mach die Augen zu, verdammt«, sagte Zero, »und überlaß mir das Reden.«
    »Ich red mit Sicherheit nicht!«
    »Mach die Augen zu.«
    Das tiefer gelegene Wohnzimmer war brechend voll, die Gäste bildeten Gruppen, trennten sich und fanden sich erneut zusammen. Nur ein paar wenige schienen Zero zu bemerken, der mit der durchnäßten, blumenbestreuten Casey auf den Armen unter dem Bogen stand.
    Eva Bond, deren Profil gerade noch im Licht des Feuers geschimmert hatte, mußte sofort gespürt haben, daß sie da waren, wenn sie auch bisher noch nicht zum Eingang hinübergeschaut hatte.
    Die drei geschwungenen, teppichbelegten Stufen und der Bogen darüber umrahmten Zero und Casey wie ein kleines Proszenium. Mit präziser Intonation, wie Chad sie noch nie bei ihm gehört hatte, sagte Zero:
    »Und aus dem schönen, unbefleckten Leib
    soll’n Veilchen sprießen.«
    Laute Stimmen; ein paar erstickte Schreie, und dann ein allgemeines Atemholen, bevor die Gäste merkten, daß es sich um eine Art Scherz handelte.
    Eva Bonds Gesicht war völlig ausdruckslos, sie schritt mit ihrer Sektflöte durch das Zimmer, und das nervöse Gelächter, die starren Blicke aus weitaufgerissenen Augen - diese gespielte Angst - bemerkte sie offensichtlich nicht. Sie näherte sich langsam den drei Stufen, blieb stehen und blickte ihren Sohn einen eisigen Moment lang an. Zero sah an ihr vorbei. Casey rückte ein Stück zur Seite und öffnete ein Auge.
    Dann ging ihre Mutter an ihnen vorbei durch das Marmorfoyer, in Richtung Billardzimmer und Bibliothek.
    Wütend stieß Casey Zero an den Arm und riß sich los. »Warum gibst du nicht endlich auf?« Sie rannte zur Treppe.
    Zero zündete sich langsam eine Zigarette an; die Gäste wandten sich ab. Sein Lächeln war nur aufgesetzt; der schwache Abglanz eines Lächelns. Und er sagte: »Mag denn hier keiner Hamlet?« Er ging davon und rief über die Schulter eine Frage zurück: »Is Bethanne noch da?«
    Chad war es egal, daß er nun wahrscheinlich Fieber bekommen würde; in nassen Kleidern mußte er sich jetzt bei Zeros Mutter entschuldigen. Sie näherte sich der Bibliothek, hielt einen Augenblick inne, um auf irgendwelche Bemerkungen ihres Mannes und seiner pokerspielenden Freunde einzugehen. Dann ging sie in die Bibliothek und schloß die hohen Türflügel hinter sich.
    Mr. Bond hielt ihn auf: »Chad. Hast du irgendeine Karte dabei?«
    Chad wandte sich zum Spieltisch um - grüner Boi und Walnuß. »Was?«
    »Keine goldenen. Bloß die üblichen - AmEx, Visa, Diners, Nat West. Was ist denn passiert? Bist du in den Pool gefallen?«
    Chad blickte in den Kreis lachender Gesichter, fünf lachende Gesichter, alle erwartungsvoll auf ihn gerichtet, ihn, der das Problem lösen konnte - nur der Doktor sagte stirnrunzelnd: »Nein, nein, nein. Es muß Diners, AmEx oder Lloyds Visa sein. Wer, zum Teufel, gibt sich schon mit Nat West ab?«
    Chad hatte nie zuvor solche quadratischen oder rechteckigen Spielmarken gesehen: ganze Stöße in Bronze, Weiß und Schwarz; rechteckig, quadratisch und rund.
    Brandon, der Schweinsgesichtige, der anscheinend die meisten Marken besaß - zwei hohe bronzefarbene Stöße, zwei weiße und einige schwarze -, langte in eine große Kristallschüssel, in der

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