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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Bilder aufzuheben, hatte er das seltsame Gefühl, als schaue er auf zwei Leben, die vor langer, langer Zeit gelebt worden und jetzt - unwiederbringlich - in Vergessenheit geraten waren. Er dachte an Zero, wie er in jenem dunklen Zimmer gesessen hatte; er dachte an Zeros Mutter, die noch vor einem Augenblick an der Glastür gestanden hatte. Er fühlte sich krank.
    Als er das Motorengeräusch hörte, ging Chad hinaus, um den von ihr eingeschlagenen Pfad zur Garage hinaufzuschauen, die groß genug war, um ein halbes Dutzend Autos zu beherbergen. Die Scheinwerfer von Maurice Bretts BMW glühten. Der Wagen stieß zurück, spritzte beim Beschleunigen nach allen Seiten den Kies auf und machte fast einen Satz auf die lange Auffahrt.
    Was?
    Er konnte es nicht glauben. Sollte dieses Leichtgewicht von Maurice Brett jetzt noch zum Schicksal werden?
    Zero stand am Fenster über dem Pfad, den seine Mutter gerade eingeschlagen hatte, und war dabei so in Gedanken versunken, daß Chad zweimal seinen Namen sagen mußte.
    Er schaute sich um. Es war, als sei Chad jemand, den er von früher kannte, von dem er aber nicht so recht wußte, wo er ihn hinstecken sollte. Sein Gesicht war aschfahl. »Wo will sie hin?«
    »Was? Wer? Wovon redest du?«
    Zero war wie der Blitz durchs Zimmer geschossen und die Treppe hinuntergerannt. Chad folgte ihm, sah ihn in das große Wohnzimmer laufen, das nun, bis auf den abgestandenen Champagner, halbausgetrunkene Cocktails und aufgeweichtes Essen völlig leer war. Er hörte das Geschrei. Er hörte das Geräusch zerbrechenden Glases. Dann entdeckte er Casey in der Halle, in einem alten Bademantel und Slippern, die nach Zeros Lederpantoffeln aussahen.
    »Geh ins Bett«, sagte Chad.
    Aber sie starrte ihn nur an und drehte dabei unentwegt den Gürtel ihres Bademantels hin und her.
    Als Chad es noch einmal sagte, machte sie sich wieder auf den Weg in ihr Zimmer. Doch als er den Fuß der Treppe erreicht hatte, stand sie noch immer da oben und schaute über das Geländer.
    Will Bond sah zu seinem Sohn hoch. Er hielt einen Drink in der Hand, bis Zero ihn ihm wegriß und an die Wand schleuderte. Was ihm der Vater auch sagen wollte, es ging im Geschützfeuer der Gläser und Flaschen unter - die gegen die Terrassentür, gegen den riesigen Spiegel über dem offenen Kamin, in den Kamin selber schlugen. Und Zero brüllte: »Du hast es gewußt, oder? Du hättest es verhindern können. Verdammt noch mal, sie ist meine Mutter ! «
    Zero raste, ohne Chad überhaupt anzusehen, an ihm vorbei zur Eingangstür. Es dauerte nur fünfzehn Sekunden, da hörte Chad den Motor des Porsche röhren.
    Mein Gott, er würde hundertsechzig fahren, so wie Chad ihn kannte. Der Porsche würde sie vielleicht sogar überholen, trotz ihres großen Vorsprungs. Und konnte der Jaguar der Bonds da mithalten?
    »Was, zum Teufel, geht hier vor?« fragte Will Bond, der nur noch wankte und schwankte, nicht vom Wodka, sondern von dieser Attacke auf seine Sinne.
    »Geben Sie mir Ihre Autoschlüssel! Bitte!«
    Will Bond rührte sich nicht, sah Chad nur aus trüben Augen an.
    »Geben Sie mir die Schlüssel für den Jaguar, verdammt!«
    Benommen griff Zeros Vater in seine Hosentasche und warf ihm die Schlüssel zu.
    Der Jaguar raste in einer scharfen Kurve die Auffahrt hinab. In fünf Minuten erreichte er die Bundesstraße und mußte sich entscheiden: Norden oder Süden? Er bog scharf nach Süden ab und drückte kräftig aufs Gas. Schnell stellte er fest, wie kraftvoll dieser Wagen war. Chad hörte ein Geräusch hinter sich, schaute in den Rückspiegel und sah Casey, noch immer im Bademantel, nach vorne klettern.
    Der Jaguar machte einen Schlenker, und sie wären fast in den Straßengraben gefahren. »Mein Gott! Du hättest dabei umkommen können!«
    Die Schultern im Bademantel zuckten gleichgültig. »Na und? Ich sterb ja sowieso.«

4
    W ieviel Vorsprung hatte Zero? Fünf, vielleicht zehn Minuten. Aber er fuhr einen Porsche; er konnte den BMW überholen. Der BMW würde nicht mit überhöhter Geschwindigkeit fahren.
    Der Porsche würde ihn überholen, ja. Und was dann? Chad konnte sich vorstellen, wie Zero an sie heranfahren und ihnen wie ein Polizist bedeuten würde, an den Straßenrand zu fahren. Und wenn sie das nicht taten, würde Zero den BMW immer im Auge behalten, auch wenn er zu dicht auffahren mußte. Aber der Wagen würde anhalten. Chad hoffte zumindest, daß Zero nicht so dumm wäre und versuchen würde, sie von der Straße zu drängen.
    Chad

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