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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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versuchte, sich den Ausdruck auf Eva Bonds Gesicht vorzustellen, das Wirrwarr der Gefühle, das sie mit Sicherheit überwältigen würde, wenn sie erkannte, daß sie Billy soviel bedeutete, daß er ihr ohne zu überlegen nachraste.
    Wie, fragte er sich, hatte dieses unausgesprochene, chronische Leiden begonnen? Und was trieb die beiden dazu, es immer wieder anzuheizen?
    Wenn er hundertdreißig fuhr, dann fuhr der Porsche wahrscheinlich hundertsechzig. Wiesen, Farmen und Zäune flogen verschwommen, kaum voneinander unterscheidbar, vorüber. Er fuhr zu schnell; er kannte diesen Wagen nicht, wußte nicht, wie stark er noch beschleunigen konnte, bevor es sie in den Straßengraben schleuderte oder an die Felswand zu ihrer' Linken. Er ging auf hundert herunter. Und sogar bei diesem Tempo sausten zwei Autos an ihm vorbei, eines davon mit einer großen Schar aufgekratzter, angetörnter junger Leute.
    Casey schien auf dem Beifahrersitz in ihrem großen gesteppten Bademantel zusammengeschrumpft zu sein. Sie hatte schon seit Meilen nichts mehr gesagt; sie mußte wohl eingedöst sein. Und dann sah er, wie sich die doppelten rotblauen Scheinwerfer des Streifenwagens näherten. Scheiße! Er hämmerte auf das Lenkrad und wollte schon an den Straßenrand fahren, als der Polizeiwagen an ihm vorbeiraste. Hinter ihm kam noch einer, beide mit heulenden Sirenen, und hinter dem zweiten Wagen zwei Polizisten auf Motorrädern. Er drosselte das Tempo und fuhr auf die Seite.
    »Was ist los?« Casey setzte sich auf.
    »Nichts. Schlaf weiter.«
    »Schlafen? Wer sagt denn, daß ich geschlafen habe? Wie soll man denn schlafen, verdammt, wenn du einen ums Verrecken nicht schlafen läßt und eine Horde Bullen hinter dir her ist?«
    Er steuerte den Wagen erneut auf die Fahrbahn und beschleunigte wieder auf hundert. »Sie sind doch nicht hinter mir her. Und jetzt sei endlich still! Ich hab dich schließlich nicht gebeten mitzukommen, oder? Er fragte sich, ob sie wußte, ob sie je geahnt hatte, daß ihre Mutter mit einem anderen Kerl vögelte.
    Ihre Stimme klang sehr tief, als sie sagte: »Wir holen ihn nie ein.«
    Chad fragte sich, ob Casey das wörtlich oder im übertragenen Sinn meinte - oder aber beides. Sie klang sehr traurig.
    Dann hörte er das Heulen eines Krankenwagens, der sich aus der entgegengesetzten Richtung näherte. An der Kurve direkt vor ihnen sah er ein Riesendurcheinander von Streifenwagen, Bullen und Zivilisten, deren Gesichter durch das blinkende Licht in ein ungesundes Rosa getaucht wurden. Egal zu welcher Tages oder Nachtzeit, es gab immer Leute, die sich einen Unfall nicht entgehen lassen wollten. Es mußte ein Wahnsinnsunfall sein.
    Und die Quelle des Lichts war ein Feuer. Ein Polizist winkte ihn zur Seite. Er hatte den Jaguar kaum zum Stehen gebracht, als er auch schon die Tür aufriß und Casey zubrüllte, sitzen zu bleiben.
    »Was ist? Was ist denn?« Ihre Stimme war heiser, die Augen weitaufgerissen und starr vor Entsetzen. »Was ist denn passiert, Chad?« Sie begann zu weinen.
    »Ein Unfall.« Er legte ihr den Arm um die Schultern und bat sie, doch bitte im Auto zu bleiben, denn er wußte, daß sie aussteigen und ihm folgen würde. Chad war nur ein paar Meter gegangen, als ein Polizist ihn anhielt: »Is gesperrt, Junge.« Chad erinnerte sich an die anderen Autos, die beiden, die ihn überholt hatten, die Teenager, die offensichtlich von irgend etwas high waren.
    Chad schluckte. »Ist jemand lebend davongekommen?«
    Der Polizist ignorierte die Frage.
    »Hören Sie! Ein paar von den Leuten vor mir hab ich gekannt. Meine Güte, wenigstens eine einfache Frage könnten Sie doch beantworten!«
    Kaugummikauend rückte der Bulle seine Brille zurecht. »Aus dem Ding wär keiner mehr lebend rausgekommen.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung der Überreste eines Autos. Chad hatte noch nie einen derart ausgebrannten Wagen gesehen. Einzelne Teile waren auf die Straße geschleudert worden - ein Reifen, eine zerschmetterte Tür; die Karosserie war völlig verkohlt.
    »Bitte, Officer, können Sie sich bitte nach etwas erkundigen? Sehen Sie, meine Mutter ist ein paar Meilen vor mir gefahren.« Seine Stimme klang flehend.
    »Wart mal ’n Moment.« Die Stimme des Polizisten war voller Mitgefühl. »Was für ’n Auto issie gefahrn, Junge?«
    »BMW.« Er erstickte fast in der Hitze und dem Rauch.
    Der Bulle ging weg, sprach mit einigen anderen und kam dann wieder zurück. »Es war kein BMW.« Sogar der Polizist schien erleichtert.

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