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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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wolltest mir gerade sagen, was mit dem Untermädchen ist«, erinnerte ihn Elaine.
    »Ja, das ist Crawlie«, sagte er. »Sie tut tatsächlich nichts. Niemand von uns hat wirklich etwas zu tun. Wir sind ohnehin alle verdammt. Sie ist ein wenig aufrichtiger als wir anderen. Sie hat ihren Stolz. Sie verachtet uns. Sie weist uns in unsere Schranken. Sie bringt es fertig, dass wir uns alle minderwertig fühlen. Wir glauben, dass sie ein wertvolles Mitglied unserer Gruppe ist. Wir haben alle unseren Stolz, der eigentlich überflüssig ist, aber Crawlie behält ihren Stolz für sich, ohne jemals etwas damit anzufangen. Sie erinnert uns daran, wer wir sind. Doch wenn wir sie in Ruhe lassen, lässt sie uns auch in Ruhe.«
    Komische Wesen seid ihr, dachte Elaine. Ihr seid den Menschen so ähnlich, aber dabei so unbeholfen, als müsstet ihr alle sterben, bevor ihr wirklich gelernt habt, was es bedeutet, lebendig zu sein. Laut brachte sie nur hervor: »Ich bin noch niemals jemandem wie ihr begegnet.«
    Crawlie musste gespürt haben, dass sie über sie sprachen, denn sie sah Elaine mit einem kurzen Blick unverhohlenen Hasses an. Ihr hübsches Gesicht war zu einem Ausdruck konzentrierter Feindseligkeit und Verachtung erstarrt; dann wanderten ihre Augen weiter, und Elaine fühlte, dass sie, Elaine, in den Gedanken dieses Wesens schon nicht mehr existierte, und wenn doch, dann nur noch als Verweis, der erteilt und vergessen worden war. Noch nie hatte sie eine solch unergründliche Einsamkeit gespürt wie in diesem Geschöpf. Und dennoch war dieses Wesen – aus was es auch immer erschaffen war – für menschliche Begriffe sehr, sehr lieblich.
    Ein hässliches altes Weib, bedeckt mit mausgrauem Pelz, kam nun auf Elaine zugeeilt. Die Mäusefrau war Baby-Baby, die nach Wasser geschickt worden war. Mit einem Paar langer Zangen hielt sie eine Keramiktasse umklammert, in der sich Wasser befand.
    Elaine ergriff die Tasse.
    Ungefähr sechzig oder siebzig Untermenschen, darunter das kleine Mädchen mit dem blauen Kleid, das sie bereits draußen gesehen hatte, beobachteten sie, während sie trank. Das Wasser schmeckte gut. Sie trank die Tasse leer. Ein allgemeines Aufatmen ertönte, als ob jeder auf diesen Moment gewartet hätte. Elaine wollte die Tasse absetzen, aber die alte Mäusefrau war schneller als sie. Sie nahm Elaine die Tasse weg und benutzte dazu die Zange, so dass die Tasse durch die Berührung eines Untermenschen nicht verseucht werden würde.
    »So ist es recht, Baby-Baby«, sagte Charley-mein-Liebling, »jetzt können wir uns unterhalten. Es ist Brauch bei uns, mit einem Neuankömmling erst dann zu sprechen, wenn wir ihm unsere Gastfreundschaft angeboten haben … Lass mich offen sein. Wir müssen dich vielleicht töten, wenn sich diese ganze Geschichte als Fehler herausstellt, aber ich möchte dir versichern, dass ich es in diesem Fall auf eine nette Art und ohne die geringste Spur von Bosheit tun werde. Einverstanden?«
    Elaine wusste nicht, wie sie dazu ihr Einverständnis geben konnte, und sie sagte es auch. Sie stellte sich vor, wie man ihr den Kopf abdrehte. Abgesehen von dem Schmerz und der Erniedrigung erschien ihr das so schrecklich unappetitlich  – sein Leben in einem Abwasserkanal zu beenden, unter Wesen, die nicht einmal ein Recht darauf hatten, zu existieren.
    Charley-mein-Liebling gab ihr weiter keine Möglichkeit, dagegen zu protestieren, sondern fuhr sofort mit seinen Erklärungen fort: »Angenommen, die Dinge entwickeln sich richtig. Angenommen, du bist wirklich die Esther-Elaine-oder-Eleanor, die wir alle erwartet haben, die Person, die etwas für H’jeanne tun und allen Hilfe und Erlösung bringen wird, die uns Leben schenkt, wahres Leben  – was sollen wir dann tun?«
    »Ich weiß wirklich nicht, woher du diese ganzen Ideen hast. Warum bin ich Esther-Elaine-oder-Eleanor? Was soll ich für H’jeanne tun? Warum ich?«
    Charley-mein-Liebling blickte sie an, als verstünde er ihre Frage nicht. Mabel runzelte die Stirn und schien über die richtigen Worte nachzudenken, um ihre Meinung auszudrücken. Baby-Baby, die mit flinken mäusehaften Bewegungen zu der Menge zurückgehuscht war, blickte sich um, als erwartete sie, dass einer aus der Gruppe das Wort ergreifen würde. Ihre Vermutung traf zu. Crawlie wandte Elaine ihr Gesicht zu und erklärte mit unendlicher Herablassung: »Ich wusste nicht, dass Wahre Menschen auch uninformiert oder dumm sein können. Du scheinst beides zu sein. Wir haben all unsere

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