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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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»Wenn sie noch lebt, setzen wir einen Tag fest, verurteilen sie und töten sie dann.«
    »Nein, das werdet ihr nicht«, befahl Jeanne. »Ihr werdet sie lieben. Ihr müsst es tun.«
    Der Ziegenmann sah verwirrt drein. In seiner Verblüffung wandte er sich an Elaine. »Du solltest dir lieber auch Crawlie ansehen. Vielleicht hat Orson sie mit seinem Hieb getötet. Er ist ein Bär, weißt du.«
    »Das habe ich bemerkt«, erwiderte Elaine trocken. Was glaubte der Kerl eigentlich, wie Orson auf sie wirkte? Wie ein Kolibri?
    Sie ging zu Crawlie hinüber. Als sie die Schultern des Büffelmädchens berührte, wusste sie, dass es Schwierigkeiten geben würde. Ihr Äußeres war menschlich, aber nicht die darunterliegende Muskulatur. Elaine vermutete, dass die Laboratorien Crawlie ihre furchtbare Kraft gelassen, ihre Büffelstärke und -ausdauer erhalten hatten, um so irgendwelche Interessen der Industrie zu befriedigen. Sie nahm eine Gehirnsonde zur Hand, ein nur auf kurze Entfernung anwendbares telepathisches Gerät von schwacher Kapazität, und überprüfte, ob Crawlies Verstand noch funktionierte.
    Als sie Crawlies Kopf berührte, um die Sonde anzuschließen, kam unvermittelt wieder Leben in das bewusstlos daliegende Mädchen, das aufsprang und Elaine anfuhr: »Nein, das wirst du nicht! Du wirst nicht in mir herumschnüffeln, du dreckiger Mensch!«
    »Crawlie, halt still!«, rief Jeanne.
    »Von dir lasse ich mir nichts befehlen, du Ungeheuer!«
    »Crawlie, so etwas sagt man nicht.« Es war unheimlich, diese herrische Stimme aus dem Mund eines kleinen Mädchens zu hören. Jeanne mochte klein sein, doch sie beherrschte die Situation.
    »Ich kann sagen, was ich will. Ihr hasst mich ja doch alle.«
    »Das ist nicht wahr, Crawlie.«
    »Du bist ein Hund gewesen, und jetzt bist du auf einmal ein Mensch. Du bist eine geborene Verräterin. Hunde haben immer mit den Menschen zusammengearbeitet. Du hast mich schon verabscheut, bevor du diesen Raum betreten und dich in etwas anderes verwandelt hast. Nun bist du dabei, uns alle umzubringen.«
    »Wir werden vielleicht sterben, Crawlie, aber nicht durch meine Schuld.«
    »Nun, ganz gleich, auf jeden Fall hasst du mich. Du hast mich immer gehasst.«
    »Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich habe dich immer geliebt. Du warst die hübscheste Frau im ganzen Tunnel.«
    Crawlie lachte (Elaine bekam eine Gänsehaut davon). »Angenommen, ich würde das glauben – wie könnte ich in dem Bewusstsein weiterleben, dass Menschen mich lieben? Wenn ich dir glauben würde, müsste ich mich selbst in Stücke reißen, mir den Kopf an der Wand einrennen, mir …« Das Gelächter wurde zu einem Schluchzen, aber Crawlie gelang es, trotzdem weiterzusprechen: »Ihr Kreaturen seid so dumm, dass ihr nicht einmal wisst, dass ihr Ungeheuer seid. Ihr seid keine Menschen. Ihr werdet niemals Menschen sein. Ich bin eine von euch. Ich bin ehrlich genug zuzugeben, was ich bin. Wir sind Schmutz, wir sind ein Nichts, wir sind weniger wert als Maschinen. Wir verstecken uns wie Dreck in der Erde, und wenn die Menschen uns töten, vergießen sie keine Tränen um uns. Zumindest haben wir es geschafft, uns zu verstecken. Nun kommst du daher, du und deine zahme menschliche Frau« – Crawlie warf Elaine einen kurzen Blick zu – »und versuchst, sogar das zu ändern. Ich werde wieder versuchen, dich zu töten, wenn sich mir eine Gelegenheit bietet, du Dreckstück, du Flittchen, du Hündin! Was machst du mit diesem Körper eines Kindes? Wir wissen nicht einmal, wer du jetzt bist. Kannst du uns das sagen?«
    Der Bärenmann hatte sich dicht an Crawlie herangeschoben, ohne dass sie es bemerkt hatte, und er war bereit, sie noch einmal niederzuschlagen, falls sie die kleine Jeanne wieder angreifen würde.
    Jeanne blickte ihn offen an und mit einer knappen Bewegung ihrer Augen bedeutete sie ihm, Crawlie nicht zu schlagen. »Ich bin müde«, sagte sie dann. »Ich bin müde, Crawlie. Ich bin tausend Jahre alt, auch wenn ich erst fünf bin. Und ich bin nun Elaine und ich bin auch der Jäger und ich bin Lady Panc Ashash und ich weiß nun sehr, sehr viele Dinge, von denen ich nie geglaubt hatte, sie einmal zu wissen. Ich habe eine Aufgabe vor mir, Crawlie, weil ich dich liebe, und ich befürchte, dass ich bald sterben werde. Aber ich bitte euch alle, lasst mich zuerst einmal schlafen.«
    Der Bärenmann stand rechts neben Crawlie. Zu ihrer Linken hatte sich eine Schlangenfrau aufgebaut. Ihr Gesicht war hübsch und menschlich,

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