Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
festzustellen, dass sein Land viel verzweifelter nach einem Präsidenten verlangte, als er jemals nach dem Amt gestrebt hatte. Er sah Reardon scharf an, blickte ihm fest in die Augen und sagte in offiziellem, feierlichem Ton: »Jack, ich werde Ihnen jetzt eine Frage stellen. Vielleicht die wichtigste Frage, die Ihnen jemals gestellt worden ist. Wie wollen Sie diesen Krieg austragen?«
Reardon drückte den Rücken durch. »Sir, ich hielt es nicht für angebracht, selbst eine Mannschaft zusammenzustellen. Ich dachte, Sie hätten vielleicht schon an eine Aufstellung …«
»Sie haben mich falsch verstanden. Würden Sie den Krieg lieber allein austragen?«
»Allein, Sir?«
»Jetzt tun Sie mal nicht so bescheiden, Reardon. Sie sind unser bester Mann. Ehrlich gesagt, sind Sie sogar unser einziger erstklassiger Krieger. Natürlich steht der Nachwuchs bereits in den Startlöchern, aber ein Mann Ihrer Klasse …«
Über der fachlichen Diskussion vergaß Reardon völlig, mit wem er es zu tun hatte, und unterbrach den Präsidenten. »Boggs ist ein guter Mann, Sir. Er hat sechs von diesen kleinen afrikanischen Kriegen als Söldner mitgemacht.«
»Sie haben mich unterbrochen, Reardon.«
»Bitte … bitte verzeihen Sie, Sir«, stammelte Reardon.
»Und lassen Sie Boggs aus dem Spiel. Ich habe ihn durchaus beobachtet, so ist es nicht. Aber selbst mit Boggs hätten wir nur zwei erstklassige Piloten am Start.«
Reardon blickte dem Präsidenten in die Augen. Offensichtlich hatte er etwas auf dem Herzen, wagte aber nicht, es auszusprechen.
Wieder lächelte der Präsident milde. »Na, heraus mit der Sprache.«
»Könnten wir die Mannschaft nicht mit Söldnern aufstocken, Sir?«
»Söldner!«, rief der Präsident. »Um Himmels willen, nein! Alles, nur das nicht! Da würden wir uns ja vor der ganzen Welt lächerlich machen! Ich habe Tibet befreit, indem ich mit einem echten Krieg gedroht habe, und die Chinesen haben nur nachgegeben, weil manche Leute in der Goonhogo immer noch glauben, dass mit uns Amerikanern noch zu rechnen ist. Wenn wir auch nur einen einzigen Söldner anheuern, ist es um unseren Ruf geschehen. Hier geht es um das Image unserer Nation! Also, tun Sie’s oder tun Sie’s nicht?«
Reardon war aufrichtig verwirrt. »Was ›tun‹, Sir?«
»Sie Idiot! Können Sie den Krieg allein austragen oder nicht? Die Regeln muss ich Ihnen ja wohl nicht erklären!«
Ja, Reardon kannte die Regeln. Eine Nation, die sich auf einen einzigen Piloten beschränkte, wurde mit enormen Vorteilen belohnt. Sobald zwei feindliche Schiffe vernichtet waren, hatte sie gewonnen, ganz egal, wie viele Einheiten sie selbst eingebüßt hatte. Seit zweiunddreißig Jahren, seit der große Sigurd Sigurdssen über das Vereinte Europa, Marokko, Japan und schließlich Brasilien triumphiert hatte, hatte es keinen Ein-Piloten-Krieg mehr gegeben. Niemand hatte mehr gewagt, Island zu einem Klasse-Q-Krieg herauszufordern, während Island selbst schon bei kleinsten Provokationen lizenzierte Kriege erklärt hatte, weil die Credits in der Kriegskasse des Inselstaats mittlerweile für hundert Schlachten reichten. In der Hoffnung, Sigurd durch ein Netz aus unüberschaubarem Teamwork zu erdrücken, hatten sich die herausgeforderten Staaten auf die größten und kompliziertesten Kämpfe verlegt, die sie finanzieren konnten.
Jetzt starrte Reardon aus dem Fenster. Der Präsident ließ ihm Zeit zum Nachdenken.
»Ich kann es versuchen, Sir«, sagte Reardon schließlich mit einer Stimme, der die Schwere ihrer Überzeugung anzuhören war. »Tibet verlangt einen Klasse-Q-Krieg, also müssen sie unsere Forderung akzeptieren. Aber ich bin kein Sigurd, und das wissen Sie auch, Sir.«
Der Präsident war sehr ernst geworden. »Ich weiß, Reardon, ich weiß. Aber vielleicht weiß niemand, nicht einmal Sie selbst, was wirklich in Ihnen steckt. Also, nehmen Sie die Herausforderung an? Für Ihr Land, für mich? Damit Sie auch morgen noch in den Spiegel schauen können?«
Reardon nickte, obwohl er sich in diesem Augenblick kaum etwas Trostloseres vorstellen konnte als Ruhm und Ehre.
III
Die Formalitäten bereiteten keine weiteren Schwierigkeiten.
Streitpunkt war der Solarkollektor auf dem Südkamm des Himalaya, der sowohl von Tibet als auch von Amerika beansprucht wurde. Die Parteien hatten sich darauf geeinigt, die Eigentumsrechte durch einen Krieg zu klären.
Daraufhin stellte der W.K.A., der Weltkriegsausschuss, eine Kriegsgenehmigung aus, die an ebenso strenge
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