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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Kribbeln ihrer Muskeln, die Tage der Anpassung durchlebten, während ihr Bewusstsein nur den Verlauf der Minuten bemerkte. Sie beugte sich vor, zwang sich dazu, sich nicht auszuruhen, und erinnerte sich auf einmal daran, dass einer der übereifrigen Offiziere ihr eine Waffe mitgegeben hatte.
    Was sie mit einer Waffe anfangen sollte, das wusste sie nicht.
    Sie fand sie. Sie besaß eine Reichweite von zweihunderttausend Meilen. Das Ziel wurde automatisch angepeilt.
    Sie ließ sich auf ihre Knie nieder und zog die Unterleibsröhre und die Nahrungsröhre und die Kathederröhren und die Helmkabel hinter sich her, die alle mit dem Instrumentenpult verbunden waren. Sie kroch unter das Pult, mit dem sie die Servoroboter einsetzen konnte, und zog ein Handbuch hervor. Schließlich hatte sie die richtige Frequenz für die Bedienung der Waffe gefunden. Sie baute die Waffe auf und trat ans Fenster.
    Im letzten Augenblick dachte sie: »Hoffentlich haben diese Narren dafür gesorgt, dass ich das Fenster nicht zerschieße. Die Waffe müsste eigentlich so konstruiert sein, dass man durch das Fenster feuern kann, ohne es zu zerstören. Daran müssten sie eigentlich gedacht haben.«
    Sie dachte ein oder zwei Wochen darüber nach.
    In dem Moment, als sie feuern wollte, drehte sie sich noch einmal um und dort, ihr genau gegenüber, stand der Segler, der Segler der Sterne, Mr. Nicht-mehr-grau.
    Er sagte: »Auf diese Art wird es nicht funktionieren.«
    Er stand klar und deutlich vor ihr, so wie sie ihn in Neu-Madrid gesehen hatte. Er war nicht mit Röhren verbunden, er zitterte nicht, sie konnte erkennen, dass sich seine Brust völlig normal hob und senkte, als er pro Stunde einen Atemzug machte. Ein Teil ihres Bewusstseins glaubte, dass er wirklich dort war. Sie war verrückt, und sie war sehr glücklich, in diesem Augenblick verrückt zu sein, und sie ließ es zu, dass ihr die Halluzination Anweisungen gab. Sie richtete die Waffe so aus, dass sie durch die Wand ihrer Schaltzentrale feuern würde, und sie feuerte eine niedrige Ladung auf den Reparaturmechanismus draußen zwischen dem verdrehten, unbeweglichen Segel.
    Die niedrige Ladung hatte Erfolg. Die Störung hatte von den Technikern auf keinen Fall vorausgesehen werden können. Durch die Waffe war der nun auf ewig unbekannt bleibende Fehler beseitigt worden, und die Roboter stürzten sich wie eine Horde verrückt gewordener Ameisen auf ihre Arbeit. Sie funktionierten wieder. Sie verfügten über eingebaute Abschirmanlagen gegen die geringeren Störungen im Weltraum. Hastig wirbelten und hüpften sie umher.
    Mit einem Gefühl der Verwirrung, das religiösem Empfinden sehr nahe kam, sah Helen zu, wie der Wind des Sternenlichtes in die gewaltigen Segel blies. Die Segel glitten in den richtigen Winkel. Sie erhielt eine flüchtige Ahnung von Gravitation, als sie wieder ein wenig Gewicht verspürte.
    Die Seele war wieder auf ihrem Kurs.

X
    »Es ist ein Mädchen«, sagten sie ihm auf der neuen Erde. »Es ist ein Mädchen. Sie muss achtzehn Jahre alt gewesen sein.«
    Mr. Nicht-mehr-grau glaubte ihnen nicht.
    Aber er ging ins Krankenzimmer, und dort im Krankenhaus erblickte er Helen Amerika.
    »Hier bin ich, Segler«, sagte sie. »Ich bin ebenfalls gesegelt.« Ihr Gesicht war kreideweiß, ihr Gesichtsausdruck war der eines Mädchens um die zwanzig; ihr Körper war der einer gut erhaltenen Frau von sechzig.
    Er dagegen hatte sich nicht weiter verändert, da er in einer Kapsel in seine Heimat zurückgekehrt war.
    Er sah sie an. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, und dann, in einem plötzlichen Rollentausch, war er es, der sich traurig neben ihr Bett kniete und ihre Hände mit seinen Tränen benetzte.
    Etwas zusammenhanglos stieß er hervor: »Ich bin fortgelaufen, weil ich dich so liebte. Ich bin an diesen Ort zurückgekehrt, zu dem du mir nie gefolgt wärst, oder wenn doch, dann wärst du noch immer eine junge Frau und ich noch immer zu alt gewesen. Aber du hast die Seele hierhergesegelt, und du wolltest mich.«
    Die Krankenschwester von der neuen Erde besaß keine Vorschriften für die Behandlung von Seglern aus den Sternen. Sehr leise verließ sie das Zimmer, lächelte voll Zärtlichkeit und menschlicher Anteilnahme über die Liebe, deren Zeugin sie geworden war. Aber sie war auch eine praktisch denkende Frau und bestrebt, weiterzukommen. Sie rief einen Freund an, der für eine Nachrichtenagentur arbeitete, und sagte: »Ich glaube, ich habe hier für dich die größte Romanze der

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