Was bin ich wert
gedacht.
– Aber was berechnen sie dann?
– Wir rechnen die Kosten aus, die durch Unfälle entstehen. Und für diesen Schadenskostenansatz bewerten wir nicht Leben, sondern die Kosten, die der Volkswirtschaft durch die Unfälle entstehen.
Gut. Es wird aus der gesellschaftlichen Perspektive der Volkswirtschaft gerechnet. Für die entsteht – so die BASt – durch jeden Verkehrstoten ein statistischer Schaden von 1,2 Millionen Euro.
– Diese Zahlen brauchen wir, um den volkswirtschaftlichen Nutzen von Verkehrssicherheitsmaßnahmen bewerten zu können. Dafür berechnen wir die Kosten, die durch Unfälle entstehen. Und dazu zählen eben auch die Kosten für getötete Verkehrsteilnehmer.
Die klassischen Kosten-Nutzen-Rechnungen. Anders als vergleichbare Behörden in den USA verzichtet die BASt aber auf die Methode des Wertes für ein statistisches Leben auf der Basis von Zahlungsbereitschaftsansätzen.
– Der Wert eines statistischen Lebens hängt immer stark davon ab, wen man was wie fragt. Das ist uns zu ungenau. Auch wenn die Vertreter dieser Methode behaupten, sie hätten da auch das menschliche »Leid« berücksichtigt, sehen wir gerade das als großen Nachteil. Wir versuchen uns an den objektiven Kosten, am wirtschaftlichen Verlust zu orientieren. Menschliches Leid kann man nicht bewerten.
Nun, Spengler und die mächtigen Freunde des Wertes eines statistischen Lebens ( WSL ) in den USA sehen das mit der Bewertung des Leids, oder wie Spengler sagte, »den weichen Faktoren«, anders. Es ist offensichtlich eine Art Glaubensfrage.
– Und wie kommen Sie dann auf 1,2 Millionen Euro?
Der neueste WSL , den Spengler ermittelt hat, liegt immerhin bei etwa zwei Millionen Euro.
– Wir berücksichtigen verschiedene Komponenten.
Klingt ein bißchen nach Koch-Show. Das Rezept ist allerdings etwas kompliziert. Hauptzutaten für den BASt-Wert sinddie durchschnittlichen »Ressourcenausfallkosten«, die durchschnittliche »außermarktliche Wertschöpfung« und die durchschnittlichen »Reproduktionskosten«.
Die Ressourcenausfallkosten »erfassen die Minderungen an wirtschaftlicher Wertschöpfung, die dadurch entstehen, daß die durch Unfall verletzten oder getöteten Personen nicht mehr in der Lage sind, am Produktionsprozess teilzunehmen«. Kurz gesagt, geht es um den Wert, der verlorengeht, weil ein Toter nicht mehr arbeiten und somit auch keinen offiziellen Beitrag zur Volkswirtschaft leisten kann.
Dazu kommen als zweiter wesentlicher Faktor in der BASt-Kalkulation die »Ergänzungsrechnungen«, die sich vor allem auf »schattenwirtschaftliche Wertschöpfung« – also Schwarzarbeit – und »Wertschöpfung durch Hausarbeit« beziehen. Das ist sozusagen der inoffizielle oder außermarktwirtschaftliche Wert, der der Volkswirtschaft laut BASt mit einem Verkehrstoten verlorengeht.
Schließlich werden noch die »Reproduktionskosten« ermittelt. Das »sind die tatsächlichen Kosten, die aufgewendet werden, um durch den Einsatz medizinischer, juristischer, verwaltungstechnischer und anderer Maßnahmen eine äquivalente Situation wie vor dem Unfall herzustellen«. Das betrifft im großen und ganzen alle Kosten, die der Volkswirtschaft mehr oder weniger direkt durch den tödlichen Unfall entstehen.
– Wie kommt man denn beispielsweise auf die genauen Polizeikosten bei einem Unfall?
– Man dividiert die bekannten Personal- und Sachkosten für den Polizeidienst in Deutschland durch die Zahl der beschäftigten Polizisten. So hat man einen durchschnittlichen Kostensatz pro Kopf. Da die effektive Jahresarbeitszeit bekannt ist, kann man ermitteln, wie hoch der Kostensatz pro Stunde ist. Und nach Erhebungen bei verschiedenen Innenministerien weiß man, wie viele Arbeitsstunden durchschnittlich für die Bearbeitung eines Personenschadens benötigt werden. Das ist jetzt grob erklärt. Da gibt es noch verschiedene Gewichtungen.
»Grob« reicht mir schon. Ich weiß nicht, ob ich irritiert oder beeindruckt bin, auf jeden Fall bin ich ein bißchen baff. Die Polizeikosten für einen Unfalltoten lagen bei der letzten Erhebung 1994 bei gut 330 Euro, die Justizkosten bei etwa 1400 Euro. Seitdem werden die Beträge jährlich der Inflation angepasst.
– Und insgesamt?
– Die Reproduktionskosten, von denen wir – wohlgemerkt – statistisch ausgehen, liegen bei rund 10 000 Euro.
Dann entfällt also der große, große Rest der fast 1,2 Millionen Euro für einen Verkehrstoten auf die
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