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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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hoch.
    In dieser surrealen Atmosphäre wittert Adolf Hitler (1889 – 1945) seine Chance. Nach 1918 hatte der Weltkriegsveteran sein Dasein zwischen Männerwohnheimen und Wagner-Opern gefristet. Seit 1921 ist er Vorsitzender der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Im November 1923 unternimmt er zusammen mit General Ludendorff nach dem Vorbild von Mussolinis »Marsch auf Rom« in München einen Putschversuch, der aber misslingt. Während einer mehrmonatigen Festungshaft schreibt Hitler das Buch Mein Kampf (1925), das bis 1945 in Deutschland eine Auflage von zehn Millionen erreichen wird. In dem Buch beschimpft er Juden unter anderem als Parasiten; schon 1921 hatte er im Parteiorgan Völkischer Beobachter von der »Sicherung ihrer Erreger in Konzentrationslagern« geredet. Mit grotesken Formulierungen legt Hitler in Mein Kampf völlig unverblümt zwei Hauptstränge seines Denkens offen: seinen fanatischen Judenhass und sein Ziel, dem deutschen Volk neuen »Lebensraum« im Osten zu verschaffen: »Ziel der deutschen Außenpolitik ist dort zu suchen, wo es einzig und allein liegen kann: Raum im Osten.« Klar, dass zur Umsetzung des Ziels irgendwann ein Krieg notwendig sein wird.
    Als Mein Kampf 1925 herauskommt, ist man davon aber noch weit entfernt. Mit der Währungsreform von 1923 gelingt die Inflationsbekämpfung; unter Aristide Briand und Gustav Stresemann nähern sich Frankreich und Deutschland einander an; Deutschland tritt in den 1920 gegründeten Völkerbund ein. Doch dann kommt mit dem Börsenkrach in New York am 24. Oktober 1929 die Weltwirtschaftkrise. Der deutsche Export bricht ein. Die Arbeitslosenzahl steigt auf über sechs Millionen, eine Belastung, welche die erst 1927 gegründete Arbeitslosenversicherung nicht mehr auffangen kann. Nun zeigt sich die Schwäche der Weimarer Verfassung auf drastische Weise. Garantiert sie allgemeine Wahlen und eine vielfältige Parteienlandschaft, haben sich alle Parteien darauf geeinigt, den Reichspräsidenten stark zu machen: Gemäß Artikel 48 kann er bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit den Ausnahmezustand verhängen; er regiert dann per Notverordnung. Leider heißt der Präsident seit 1925 Paul von Hindenburg; viele sehen den Weltkriegsgeneral immer noch als Helden oder zumindest Autorität. Ab 1930 betreibt er mit diversen Kanzlern, die er mittels Notverordnungen einsetzt, die Entmachtung des Parlaments.
    Im März 1930 beruft Hindenburg Heinrich Brüning von der Zentrumspartei zum Kanzler. Ihn toleriert die SPD, weil sie verhindern will, dass die NSDAP, die bei den Wahlen im September 1930 einen Riesensprung zur zweitstärksten Kraft gemacht hat, den Kanzler stellt. Zudem ist die SPD schlicht durch Grabenkämpfe innerhalb der Linken zermürbt; die KPD schimpft auf die »Sozialfaschisten«. Brüning fährt einen harten Sparkurs. Er will die Alliierten davon überzeugen, dass Deutschland die Reparationen nicht zahlen kann. So entscheidet er sich gegen antizyklische Konjunktur- und Beschäftigungsprogramme, mit denen er die Arbeitslosigkeit und Rezession hätte bekämpfen – und Hitlers Aufstieg womöglich hätte bremsen können.
    Auch kann Brüning den spektakulären Verzicht der Alliierten auf die Reparationen im Juli 1932 nicht mehr als Erfolg für sich verbuchen, da Hindenburg ihn im Mai absetzt. Just im Juli gewinnt die NSDAP die Wahlen. Doppelt stark ist sie, weil man sich mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) des Medientycoons Alfred Hugenberg und dem »Stahlhelm«, dem Veteranenverband, zur Harzburger Front verbündet hat. Zwar setzt Hindenburg auf Betreiben von General von Schleicher trotz des Wahlsieges der NSDAP den Offizier und Zentrumsmann Franz von Papen als Kanzler des »Kabinetts der Barone« ein. Doch nach dem Scheitern von dessen Regierung und Neuwahlen im November geht fatalerweise Hitler – trotz Stimmenverlusten – als Sieger aus den taktischen Manövern hervor: Schleichers Versuch, als Kanzler die NSDAP zu spalten, schlägt ebenso fehl wie Papens Versuch, Hitler zu überlisten, indem dieser zwar Kanzler werden darf, die Mitglieder der NSDAP in der Regierung aber durch die Kabinettskollegen aus anderen Parteien in Schach gehalten werden sollen. Am 30. Januar 1933 ernennt Hindenburg Hitler zum Kanzler. Damit ist Hitlers Legalitätsstrategie – Machtübernahme auf legalem Weg, nicht durch Putsch – aufgegangen. Nun folgt die totale »Machtergreifung«, die im selben Jahr die Weimarer Republik offiziell

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