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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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wohl so viele Plastiken mit Phallussen oder prallen Brüsten und mit Schmuck behangenen Schenkeln wie in hinduistischen Tempeln, in denen sich Apsaras, himmlische Nymphen, tummeln.
    Dass es trotzdem um handfeste Politik und gesellschaftliche Macht geht, wird unter anderem in den indischen Nationalepen Ramayana und Mahabharata , mit rund 100 000 Doppelversen das längste Gedicht der Welt, klar. Sie werden im 4. Jahrhundert v. Chr., zu Platons Zeiten, begonnen und in den ersten nachchristlichen beendet. Da kämpfen nicht nur Prinzen wie Rama gegen Dämonen, sondern auch Familien und Heere gegeneinander – und die Götter gießen Öl ins Feuer. So etwa Krishna, ein Avatar (Erscheinung) des Gottes Vishnu: In der Bhagavatgita , dem Kernteil des Mahabharata , spornt er den Helden Arjuna zur Pflichterfüllung im Kriegsdienst an, obwohl der nicht in die Schlacht ziehen will, weil er im gegnerischen Heer Verwandte, Lehrer und gute Menschen erblickt. Wie christliche und islamische Geschichten erschrecken auch hinduistische mit furchtbaren Bildern – etwa jenem aus dem Ramayana : Da steigt Ramas Frau Sita, der Untreue verdächtigt, auf den Scheiterhaufen und unterzieht sich einer Feuerprobe. Zwar übersteht sie den Test. Doch die Spiegelung des Bildes im echten Leben ist Sati, die Witwenverbrennung beim Tod des Mannes, die noch in modernen Zeiten vorkommt.

Der indische Reformator und der buddhistische Kreuzzügler: Siddharta und Ashoka
     
    Die größte Gemeinsamkeit des Hinduismus mit den anderen beiden indischen Glaubensrichtungen Jainismus und Buddhismus ist die Idee des Samsara, des mühsamen Kreislaufs der Wiedergeburten beziehungsweise der Seelenwanderung. Ihn will jeder irgendwann durchbrechen. Der Jainismus entsteht im 5. oder 6. Jahrhundert v. Chr. als eine Art Abspaltung vom Hinduismus mit strengeren Regeln der Askese und Ordensgründungen, ohne jedoch Grundsätzliches wie die Macht der Brahmanen und das Kastenwesen anzuzweifeln. Genau hier unterscheidet sich allerdings der etwa zur selben Zeit gegründete Buddhismus. Bis zu seiner endgültigen Verlagerung aus Indien nach Südostasien wird er zum Gegenentwurf und politischen Konkurrenten des Hinduismus.
    Von den Wurzeln her ähneln sich Jainismus und Buddhismus so sehr wie Christentum und Islam. Im 6. Jahrhundert v. Chr. soll sich Siddharta Gautama, Sohn eines Lokalfürsten, in Nordindien aufgemacht haben, um dem Goldenen Käfig seiner reichen Familie zu entfliehen. Er will in der Einsamkeit und durch naturnahe Askese neue Erkenntnisse gewinnen. Wie Mahavira, der Gründer des Jainismus, der ebenfalls aus diesem Antrieb heraus losgezogen sein soll, hat Siddharta Gautama eigentlich ein gutes Leben, eine schöne Frau und ein Kind. Doch wie Jesus hält er nicht viel von der Kernfamilie. Er sucht nach größeren Gemeinschaften. Wie Jesus, Sokrates, Laotse und viele andere große Begründer von Religionen und Denktraditionen hinterlässt er keine Texte. Die Botschaft wird hinterher von Anhängern mündlich weitergetragen und Jahrhunderte später im Pali-Kanon auf Palmblatt aufgeschrieben. Aufgrund der schwierigen Quellenlage ist nicht sicher, ob er wirklich 563 v. Chr. geboren wurde oder doch ein Jahrhundert später. Jedenfalls könnten wiederum wie bei Jesus die wichtigsten Teile der Geschichte frei erfunden sein – und entfalten eine umso fantastischere Wirkung.

     
    Bild 21
    Diese Stupa-Dekoration zeigt den Traum Königin Mayas, der Mutter des späteren Buddha. Bei der Empfängnis ihres Sohnes ist ein weißer Elefant anwesend. Elefanten werden in ganz Asien verehrt, in indien etwa als hinduistischer Glücksgott Ganesha, dargestellt mit Elefantenkopf und menschlichem Körper.
    Der Legende nach soll Siddhartas Mutter ihren Sohn ohne natürliche Zeugung empfangen haben. Manchen Quellen zufolge soll – im Traum – ein weißer Elefant mit im Spiel gewesen sein, sozusagen das sinnlich-kurvige Gegenstück zur christlichen Taube, die als Heiliger Geist zur unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria beiträgt. Als Prinz Siddharta bei Ausflügen jenseits der Mauern des Hofes mit der harten Realität in Gestalt eines Greises, eines Kranken, eines Toten und eines Asketen konfrontiert wird, entschließt er sich, nach Höherem zu streben, dem diesseitigen Elend zu entkommen. Anders als beim Jainisten Mahavira bewirken bei ihm Hungern oder Kasteiungen wie das Essen des eigenen Kotes nichts. Am Ende hat er unter einem Feigenbaum ( ficus religiosus) , dem Bodhibaum, die

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