Was bisher geschah
Elisabeth I. eine englische Kolonie in Nordamerika. Bei all der Gesetzlosigkeit, den Kaperkriegen und Verteilungskämpfen zwischen England, Frankreich, den Niederlanden und Spanien sind sich doch alle einig, was die Grundzüge des Kolonialismus betrifft. Etwa den sogenannten Dreieckshandel: Europäer (1) kaufen in Afrika (2) billig Sklaven und exportieren sie nach Amerika (3), wo sie in Minen und auf Plantagen schuften und Gold, Silber, Tabak, Zuckerrohr und Baumwolle ranschaffen; das wird dann nach Europa (1) geliefert.
Auch die Tomate, die Kartoffel und der Mais gelangen nach Europa; umgekehrt kommen Pferd, Schwein und Rind, Wein, Weizen und die Orange nach Amerika. Abgesehen von Verwerfungen des Weltmarktes wie einer Inflation im Europa des 16. Jahrhunderts, ausgelöst vom übermäßigen Silberimport aus Amerika, funktioniert das primitive Tauschgeschäft – Reichtum gegen Armut und Leid – für Old Europe, die Alte Welt, ausgezeichnet. Zwar wird der Begriff der Dritten Welt erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt und unter anderem durch den Afroamerikaner Frantz Fanon in seinem Buch Die Verdammten dieser Erde (1961) öffentlichkeitswirksam in den Zusammenhang der Unterdrückung – und des legitimen bewaffneten Widerstandskampfes – gerückt. Doch die faktischen Grundlagen für die Dritte Welt werden im Zeitalter der Entdecker und des beginnenden Kolonialismus gelegt.
Vom Goldenen Jahrhundert Spaniens zum Elisabethanischen Zeitalter in England
Die Hauptakteure und -konkurrenten in Sachen Kolonialismus sind im 16. Jahrhundert Spanien und England. Auf der Insel entwickelt sich ähnlich wie in den Niederlanden ein moderner protestantisch geprägter Nationalstaat – auf allerdings unprotestantisch exzentrische Weise. Zunächst beendet Heinrich VII. aus dem Hause Tudor den Krieg zwischen den Häusern Lancaster und York, der 30 Jahre dauert (1455 bis 1485) und Rosenkrieg heißt, weil beide Häuser eine Rose im Wappen haben. Heinrich VII. befriedet England. Doch erst der ganz persönliche Rosenkrieg seines Sohnes Heinrich VIII. wird die Kultur des Landes langfristig prägen.
Heinrichs Weg zu zweifelhaftem Weltruhm beginnt, als ihm seine Frau Katharina von Aragon, die erste von insgesamt sechs Gattinnen, die er teils brutal hinrichten lässt, keinen Sohn schenkt – obwohl er sie in ihrem Gemach auch mal im Robin Hood-Kostüm überrascht. So will der König vom Papst eine Annullierung der Ehe. Nun ist die Aufhebung des heiligen Sakraments der Ehe gegen eine ordentliche Zahlung an den Vatikan damals wie heute durchaus möglich. Auf Druck von Kaiser Karl V., der mit Katharina verwandt ist, lenkt der Papst hier aber nicht ein. So jagt Heinrich den Papst, der ihn ächtet, 1534 mit der Suprematsakte zum Teufel, sagt sich von Rom los und wird noch mit einem Bann belegt. Da Heinrich VIII. die Beute aus den reformatorisch enteigneten Klöstern auch an einen neuen Adel verteilt, ist der dem König umso ergebener. Heinrich wiederum ist jetzt nicht mehr nur König, sondern auch Gründer und Oberhaupt der anglikanischen Kirche.
Ähnlich wie in Rom geht bei Heinrich VIII. eine reaktionäre Politik wie die Entmachtung des Parlaments durch das Einsetzen von Heinrichs Lobbyisten mit Jagdorgien, Ritterspielen und einer glanzvollen Repräsentation im Stil der Renaissance einher. Deutlicher als Heinrich drückt allerdings seine Tochter, die er mit seiner zweiten Frau Anne Boleyn hat, dem Jahrhundert ihren Stempel auf: Königin Elisabeth (1533 – 1603). Da sie aus den Fehlern des Vaters lernt und gar nicht heiratet, nennt man sie die jungfräuliche Königin. Brutal wie ihr Vater ist sie allerdings im Umgang mit politischen Gegnern wie der katholischen Maria Stuart (1542 – 1587), der schottischen Königin und – durch die Ehe mit Franz II. – zeitweise auch französischen Königin. Als Urenkelin Heinrichs VII. wird sie von Katholiken als rechtmäßige Erbin des englischen Thrones gesehen. Demgegenüber ist Elisabeth für viele illegitim, weil sie nicht aus der ersten Ehe von Heinrich VIII. mit Katharina von Aragon stammt. Als Maria Stuart nach Niederlagen gegen protestantische Rebellen von Schottland nach England zu ihrer Cousine Elisabeth flüchtet, lässt diese Maria nach einigem politischen Hin und Her als potentielle Machtkonkurrentin doch lieber hinrichten, statt sie etwa als schottische Königin zu unterstützen.
So schafft Elisabeth die Voraussetzung für das Elisabethanische Zeitalter.
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