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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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weitere Aufstände zu provozieren, wie sie immer wieder in der hungernden Bevölkerung aufflammen. Die Vertreter des dritten Standes, denen sich auch Adelige anschließen, verweigern die Steuern. Trotz des Aufmarsches königlicher Truppen versammeln sie sich unter der Führung von Jean Sylvain Bailly und des Grafen von Mirabeau im Ballhaus. Zugleich peitschen Redner wie der Journalist Camille Desmoulins das Volk auf der Straße auf. Am 14. Juli 1789 wird die Gefängnisfestung Bastille erstürmt. Die Aufrührer marschieren mit den aufgespießten Köpfen der Wachen durch die Stadt.
    Davon ermutigt, nennen sich die Vertreter des dritten Standes Nationalversammlung. Sie beschließen eine Verfassung mit Abschaffung der Leibeigenschaft und der Privilegien für den ersten und zweiten Stand, die bislang kaum Steuern zahlen. Am 26. August 1789 verkündet man die Menschenrechte samt dem Prinzip der Volksherrschaft. Zwar darf man nur ab einem bestimmten Einkommen wählen (Zensuswahlrecht), wahlberechtigt sind demnach ähnlich wie in England unter fünf Prozent der 25 Millionen Einwohner des Landes. Doch ist dies ein erster Schritt. Zur Sanierung der Staatsfinanzen und der Verwaltung schlägt Charles Maurice de Talleyrand die Verstaatlichung von Kirchengütern und die Einteilung Frankreichs in Départements vor.
    So hätte alles wie geplant und relativ friedlich auf eine konstitutionelle Monarchie hinauslaufen können wie in England. Doch spitzen sich die Ereignisse zu, als der König die Flucht ins Ausland versucht und die europäischen Mächte Österreich und Preußen 1792 eine Koalition bilden, um in Frankreich falls nötig mit Gewalt die alten Verhältnisse wiederherzustellen. Als zudem eine Lebensmittelknappheit für Unruhen sorgt, verhärten sich die Fronten zwischen gemäßigten Girondisten, den radikalen Montagnards samt dem Jakobiner-Club mit Danton, Marat und Robespierre und den (konstitutionellen) Royalisten wie Talleyrand und Lafayette. Dass die Royalisten in der gewählten Versammlung rechts sitzen, die Jakobiner links, prägt bis heute die Begriffe politischer Ausrichtung.
    Nachdem der Nationalkonvent am 21. Januar 1793 Ludwig XVI. guillotinieren lässt, scheint ein ganzes Volk den Kopf zu verlieren. Zwar tauft ein Wohlfahrtsausschuss unter dem Vorsitz des Rechtsanwaltes Maximilien de Robespierre (1793) Kirchen und Kathedralen wie Notre Dame in Tempel der Vernunft um. Man führt Ersatzrituale zu Ehren des »höchsten Wesens« ein – und für die Damen modisch schlichte Umhänge im Stil der Urdemokratie Athen. Doch mündet das Ganze in ein Terrorregime. Der Wohlfahrtsausschuss lässt nicht nur Königin Marie-Antoinette köpfen, sondern in proto-stalinistischen Säuberungsaktionen auch angebliche Verräter aus den eigenen Reihen wie Danton. Insgesamt sterben wohl rund 35 000 bis 40 000 Bürger. Nachdem Robespierre 1794 selbst enthauptet wird, tritt ein vom wohlhabenden Bürgertum dominiertes fünfköpfiges Direktorium zusammen. Es wird von einem Rat der Alten gemäß einer Liste gewählt, die der Rat der 500 erstellt. Das Direktorium lässt 1797 unter anderem den Jakobiner François Babeuf hinrichten: Der Herausgeber der Zeitung Le Tribun du Peuple , dessen Spitzname Gracchus sich auf den Landreformer im antiken Rom bezieht, wollte frühsozialistische Ideen zur Verstaatlichung der Produktionsmittel und Verteilung des Besitzes durchsetzen.
    Das vielleicht berühmteste Revolutionsgemälde, das sich auf 1789 bezieht, entsteht im 19. Jahrhundert: Auf Eugène Delacroix’ Die Freiheit führt das Volk (1830) kämpfen neben der attraktiven barbusigen Allegorie der Freiheit »Sansculotten« auf den Barrikaden, die keine albernen Kniehosen ( culottes ) wie die Adeligen tragen, sondern volkstümliche pantalons . Während der Revolutionsereignisse selbst schafft der engagierte Revolutionsmaler Jacques-Louis David Kompositionen wie Der Ballhausschwur und Der Tod des Marat (1793), die den Jakobiner in der Art eines Märtyrers zeigt. Zwar unterscheidet sich die strenge, oft starre Revolutionskunst krass von den luftig-erotischen Rokokogemälden von François Boucher und Jean-Honoré Fragonard, dem Maler der höfischen fêtes galantes und der abgehobenen Luxuswelt des Ancien régime. Doch vermittelt auch sie wenig von den Vorgängen an der Basis.
    So lehnen sich in der westfranzösischen Vendée 1793 Landbewohner gegen die junge Republik auf. Tagelöhner und Bauern, die hungern beziehungsweise bis zu zwei Drittel ihres Einkommens

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