Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)
konsequent zu Ende geht. Ein Glaube, in welchem sich der Mensch ohne strikt rationalen Beweis, wohl aber in durchaus vernünftigem Vertrauen darauf verlässt, dass der Gott des Anfangs auch der Gott des Endes ist, dass er wie der Schöpfer der Welt und des Menschen so auch ihr Vollender ist. Nicht in ein Nichts hinein sterben wir; dies schiene mir wenig vernünftig. Wir sterben in Gott hinein, der uns wie Ursprung und Urhalt so auch Urziel ist.
Der Auferweckungsglaube ist also nicht nur als existentiale Verinnerlichung oder soziale Veränderung zu interpretieren, sondern als eine Radikalisierung des Glaubens an den Schöpfergott : Auferweckung meint die reale Überwindung des Todes durch den Schöpfergott, dem der Glaubende alles, auch das Letzte, auch die Überwindung des Todes, zutraut. Das Ende, das ein neuer Anfang ist! Wer sein Credo mit dem Glauben an »Gott den allmächtigen Schöpfer« anfängt, darf es auch ruhig mit dem Glauben an »das ewige Leben« beenden. Weil Gott das Alpha ist, ist er auch das Omega. Der allmächtige Schöpfer, der aus dem Nichtsein ins Sein ruft, vermag auch aus dem Tod ins Leben zu rufen.
Der christliche Glaube an den auferweckten Jesus ist sinnvoll nur als Glaube an Gott den Schöpfer und Erhalter des Lebens. Umgekehrt aber ist der christliche Glaube an den Schöpfergott entscheidend bestimmt dadurch, dass er Jesus von den Toten erweckt hat. »Der Jesus von den Toten erweckt hat« wird geradezu der Beiname des christlichen Gottes.
Damit wären nun auch die am Anfang dieses Kapitels gestellten Fragen beantwortet. Das historische Rätsel der Entstehung des Christentums erscheint hier in provozierender Weise gelöst: Die Glaubenserfahrungen, Glaubensberufungen, Glaubenserkenntnisse der Jünger um den lebendigen Jesus von Nazaret bilden nach den einzigen Zeugnissen, die wir haben, die Initialzündung für jene einzigartige welthistorische Entwicklung, in der vom Galgen eines in Gott- und Menschenverlassenheit Verendeten eine »Weltreligion«, und vielleicht mehr als das, entstehen konnte. Das Christentum, insofern es Bekenntnis zu Jesus von Nazaret als dem lebendigen und wirkmächtigen Christus ist, beginnt mit Ostern. Ohne Ostern kein Evangelium, keine einzige Erzählung, kein Brief im Neuen Testament! Ohne Ostern in der Christenheit kein Glaube, keine Verkündigung, keine Kirche, kein Gottesdienst!
»Jesus« (2012), S. 252-259.
3. Ökumene – Einheit im Glauben
Getrennt im Glauben?
Küngs Auseinandersetzung mit der Rechtfertigungslehre Karl Barths (1957) kann als Wegmarke in der Annäherung zwischen katholischer und reformatorischer Tradition gelten. Seitdem hat der Autor immer wieder für die Ökumene gearbeitet. Hier wird das Schlusskapitel seiner epochemachenden Dissertation abgedruckt, das zu Küngs klassischen Texten zu rechnen ist.
Wir können das Ergebnis in kurzen Sätzen zusammenfassen, doch sei darauf hingewiesen, daß solche Zusammenfassung nur im Lichte der entsprechenden Kapitel richtig verstanden werden kann.
Die Frage der Katholiken war: Nimmt Karl Barth die Rechtfertigung ernst als die Rechtfertigung des Menschen ? Wir müssen, nachdem wir die entsprechende katholische Lehre untersucht haben, anerkennen, daß Barth die Rechtfertigung des Menschen wirklich ernst nimmt: In Jesus Christus ist Gott von Ewigkeit her dem Menschen als selbständigem Geschöpf gnädig, in ihm wurde der Mensch und die ganze Schöpfung gut geschaffen, in ihm bleibt der Bund auch gegen des Menschen Sünde bestehen und der Mensch bleibt so auch in der Sünde Mensch. In ihm trifft aber des Menschen Sein von neuem Gottes freie Gnade, weil in ihm Gott den Sünder innerlich gerecht macht, was jedoch vom Menschen selbst als neuem Geschöpf im Glauben, der durch die Liebe in Werken tätig sein will, realisiert werden muß.
Wir müssen also bei Barth nicht die positiven Aussagen ablehnen, wir brauchen ihn auch nicht entscheidender Auslassungen anzuklagen, aber wir müssen seine antikatholische Polemik, insbesondere gegen die katholische Gnadenlehre und gegen das tridentinische Rechtfertigungsdekret, mit aller Entschiedenheit zurückweisen … Doch vermögen diese Mißverständnisse das positive Resultat unserer Untersuchung nicht in Frage zu stellen. Können wir es doch nicht übersehen, daß in der Rechtfertigungslehre, aufs Ganze gesehen, eine grundsätzliche Übereinstimmung besteht zwischen der Lehre Karl Barths und der Lehre der katholischen Kirche. Was also den behandelten
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