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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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entscheidenden Gegenmaßnahmen anzukündigen.
    Die Gründe für den Auszug aus dem kirchlichen Dienst sind mannigfach. Das Zölibatsgesetz, welches mit allen Mitteln des geistlichen Zwangs gegen den Willen der Mehrheit der Betroffenen aufrechterhalten wird, gehört zu den Hauptgründen; hier geht es nicht nur um »Standesinteressen«, sondern um elementare Menschenrechte, das Wohl unserer Gemeinden und die gerade in diesem Punkt ausdrücklich im Evangelium verankerte christliche Freiheit. Doch in der Zölibatsfrage werden die Zwänge eines noch weithin vorkonziliar-autoritären kirchlichen Systems nur besonders sichtbar und für den Klerus besonders drückend. …
    Wird da nicht manch einer fragen: Warum nicht auch ich? Besonders wenn er zu allem noch viele Briefe und Fragen erhält, die ihn auffordern, aus der Kirche auszutreten. Von solchen, die draußen sind und finden, man vergeude in einer erstarrten kirchlichen Institution seine Energie und könne außerhalb mehr leisten. Und von solchen, die drinnen sind und meinen, radikale Kritik an kirchlichen Zuständen und Behörden vertrage sich nicht mit einem Bleiben in der Kirche.
    Nun ist klar: Abschied vom kirchlichen Dienst besagt längst nicht immer Abschied von der Kirche. Trotzdem sind die zahlreichen Amtsaustritte das Alarmzeichen für eine recht vielschichtige Distanzierung von einer Kirche, mit der gerade Engagierteste nicht mehr zufrieden sind: Alarmzeichen für eine innere und manchmal auch äußere Emigration aus der Kirche, die weite Kreise erfaßt hat. Vielfacher Ärger mit dem kirchlichen System (Klerikalismus, Konfessionalismus, Mischehe, Geburtenregelung, Ehescheidung) bildet auch hier – neben religiöser Gleichgültigkeit und vordergründigen Motiven (Kirchensteuer) – den Hauptgrund. Unter diesen Umständen, hört man, sei es heute selbst für Bischöfe nicht mehr ganz leicht, die Frage: »Warum bleibe ich in der Kirche oder gar im kirchlichen Dienst? überzeugend zu beantworten, nachdem ja nicht mehr gut mit der Hölle gedroht werden kann, nachdem durch die Säkularisierung des modernen Lebens und Wissens so viele soziale Motivationen weggefallen sind und die Zeit der Staats-, Volks- und Traditionskirche zu Ende zu gehen scheint.
    Eine persönliche Antwort
    Aber kann man eine solche Frage überhaupt kurz beantworten? Ein Buch über die Kirche ist eine begründetere Antwort. Doch zur Rede gestellt, muß man vielfach knapp, direkt und persönlich Zeugnis geben. Ganz abgesehen davon, daß es ja hier keineswegs nur um Theologie geht. Wie für einen Juden oder Muslimen, so dürfte es auch für einen Christen nicht unwichtig sein, daß er nun einmal – so war es bisher meistens – in diese Gemeinschaft hineingeboren wurde, von ihr – ob er es wollte oder nicht – in irgendeiner Form positiv oder negativ bestimmt blieb. Und es ist nicht gleichgültig, ob man mit seiner Familie Verbindung hält, oder ob man sich von ihr in Zorn oder Gleichgültigkeit verabschiedet hat.
    Dies ist zumindest heute für manche ein Grund zum Bleiben in der Kirche und auch im kirchlichen Dienst. Sie möchten gegen erstarrte kirchliche Traditionen angehen, die das Christsein erschweren oder verunmöglichen. Aber sie möchten nicht darauf verzichten, aus der großen christlichen und eben zugleich kirchlichen Tradition von zwanzig Jahrhunderten zu leben. Sie möchten kirchliche Institutionen und Konstitutionen der Kritik unterziehen, wo immer diesen das Glück von Personen geopfert wird. Aber sie möchten nicht verzichten auf jenes Notwendige an Institution und Konstitution, ohne welches auch eine Glaubensgemeinschaft auf die Dauer nicht leben kann und allzu viele gerade in ihren persönlichsten Fragen allein gelassen würden. Sie möchten der Anmaßung kirchlicher Autoritäten, sofern sie die Kirche statt nach dem Evangelium nach ihren eigenen Vorstellungen leiten, widerstehen. Aber sie möchten nicht verzichten auf die moralische Autorität, die die Kirche überall dort in der Gesellschaft haben kann, wo sie wirklich als Kirche Christi handelt.
    Warum bleibe ich in der Kirche? Weil ich in dieser Glaubensgemeinschaft, kritisch und solidarisch zugleich, eine große Geschichte bejahen kann, aus der ich mit so vielen anderen lebe. Weil ich als Glied der Glaubensgemeinschaft Kirche bin und nicht daran denke, Kirche mit dem Apparat und den Administratoren zu verwechseln und ihnen das Gestalten der Gemeinschaft zu überlassen. Weil ich hier, bei allen heftigen Einwänden, in

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