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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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engagiert für den Menschen.
    Es liegt an der Kirche, wie sie die Krise übersteht. Am Programm fehlt es nicht. Warum bleibe ich in der Kirche? Weil ich aus dem Glauben Hoffnung schöpfe: daß das Programm, daß die Sache Jesu Christi selbst wie schon bisher stärker ist als aller Unfug, der in und mit der Kirche angestellt wird. Dafür lohnt sich der entschiedene Einsatz in der Kirche, dafür der besondere Einsatz im kirchlichen Dienst – trotz allem. Nicht obwohl ich Christ bin, bleibe ich in der Kirche. Ich halte mich nicht für christlicher als die Kirche. Sondern weil ich Christ bin, bleibe ich in der Kirche.
    »Die Hoffnung bewahren« (1990), S.   17   –   21.

5. Freiheit – erfahren und gelebt

Zur Problematik unfehlbarer Sätze
    Mit dem Buch »Unfehlbar? Eine Anfrage« (1970) hat Hans Küng eine der härtesten Debatten der Nachkonzilszeit initiiert. Allerdings ist die Anfrage bis heute nicht beantwortet. Im vorliegenden Text wird nur die sprachphilosophische Begründung dokumentiert und die vorgeschlagene Lösung kurz angedeutet.
    Die Problematik von Sätzen überhaupt
    Setzen wir also diesem Abschnitt nur ein ganz bescheidenes Ziel. Durch einige knappe, aber grundlegende und kaum zu bestreitende Bemerkungen soll deutlich gemacht werden, daß Sätze, deren sich auch der Glaube der Kirche bedienen muß, eine problematische Angelegenheit sind. Die von selbst sich daraus ergebende Konsequenz wird sein, daß auch eine Kirche, die ihren Glauben in Sätzen resümiert oder definiert, und vielleicht resümieren oder definieren muß, um die Problematik, die Sätzen überhaupt anhaftet, nicht herumkommt.
    1. Sätze bleiben hinter der Wirklichkeit zurück: Dies ist grundlegend. Weder durch ein Wort noch durch einen Satz noch durch ein Satzgefüge kann ich die Wirklichkeit je total einfangen. Es bleibt immer eine Differenz zwischen dem, was ich aussagen will , und dem, was ich aussage, zwischen meiner Intention und meiner sprachlichen Aussage. Unsere Sprache ist reich und arm zugleich. Diese grundlegende Inadäquatheit und Unzulänglichkeit der Sprache hat die große Tradition der Sprachphilosophie von Heraklit, Platon und Aristoteles an über Augustin und Thomas bis zu den Modernen immer wieder neu beschäftigt. Und nun als theologisches Exempel: Was wäre damit gesagt, wenn die Kirche den doch gewiß grundlegenden Satz definierte: »Gott existiert«? Alles – und doch so unendlich wenig und beinahe nichts im Vergleich zu dem, was zu diesem Satz zu sagen wäre.
    2. Sätze sind mißdeutbar: Was immer ich sage, ist mißverständlich, und nicht nur bei bösem Willen. Worte haben verschiedene, oft schillernde und gleitende Bedeutungen. Und bestimme ich ihre Bedeutung, so haben auch diese Bestimmungen wieder verschiedene Bedeutungen, und oft ist das Oszillierende der Bedeutungen nicht einmal genau zu fassen. Auch wenn ich mich somit unmißverständlich ausdrücken und mich dem anderen so verständlich machen will, daß er mich verstehen muß, so läßt doch das Unbedachte und Ungesagte, aber vom anderen vielleicht Mitbedachte oder ebenfalls nicht Bedachte, noch immer Raum genug zu allen möglichen Mißverständnissen und Unverständnissen, wobei das Schlimmste vielleicht dies ist, wenn einer sich selbst nicht oder nicht mehr versteht. Sprachanalyse und Sprachkritik versuchen ständig neu sichtbar zu machen, was Sprache im Konkreten wirklich zu leisten und nicht zu leisten vermag.
    Und wiederum als theologische Applikation: »Gott existiert.« »Gott«: vielleicht das vornehmste, am höchsten greifende Wort der Menschensprache – und welches ist mehr verstanden und mißverstanden worden? »Existiert«, »ist«: das vielleicht allgemeinste, umfassendste Wort der Menschensprache – und wie oszilliert es? Ungefähr soviel wie Theologen um das Wort »Gott«, so streiten Philosophen um das Wort »Sein«.
    3. Sätze sind nur bedingt übersetzbar: Jedes Instrument spielt auf seine Weise das hohe C, und doch tönt es auf der Geige anders als auf dem Cello; der Resonanzboden ist verschieden. Und in der Sprache ist es mehr als nur »le ton qui fait la musique«. Für gewisse Worte scheint es überhaupt keine Übersetzung zu geben; unübersetzt werden sie in andere Sprachen übernommen. Wortspiele sind selten so zu übersetzen, daß das Spiel in den Worten bleibt. Und so manche Worte können nur dadurch übersetzt werden, daß man sie nicht wörtlich übersetzt. Umschreibung muß Übersetzung ersetzen. Hier liegen auch die

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