Was danach geschah
Augen und grinst. »Tritt ein paar Anwälten in den Arsch. Ich will stolz auf dich sein.«
Ich umarme ihn und gehe unter die Dusche.
Später am Morgen fliege ich nach Kansas City und fahre mit einem Mietwagen nach Fort Leavenworth, wo ich am späten Nachmittag eintreffe. Zwei weibliche Wachen führen Karen, die mit einem orangefarbenen Gefängnisoverall bekleidet ist, in Handschellen in einen kleinen Raum, der für Anwaltsbesuche mit einem kleinen Tisch und zwei Stühlen ausgestattet ist. Karen sieht furchtbar aus – blass und ausgemergelt, dunkle Ringe unter roten geschwollenen Augen, als hätte sie tagelang weder geschlafen noch etwas gegessen. Sie setzt sich mir gegenüber und wirft mir ein schwaches Lächeln zu. Die Aufseherinnen verlassen den Raum und verriegeln die Tür hinter sich, damit wir uns ungestört unterhalten können, behalten uns aber durch ein Fenster im Auge.
»Ach, meine Liebe«, beginne ich, meine Tränen nur mit Mühe zurückhaltend, und lege meine Hand auf ihre. Eine der Aufseherinnen klopft an die Scheibe und deutet auf ein Schild, auf dem »Körperkontakt nicht gestattet« steht. Karen funkelt die Frau böse an, doch ich gehorche und lege meine Hand in den Schoß. Schweigend sehen wir einander an.
»Es tut mir wirklich leid, dass du wegen mir so weit anreisen musstest«, sagt sie schließlich. »Wie war dein Flug?«
»Gut. Keine Probleme. Wie kommst du hier zurecht? Wirst du gut behandelt?«
Sie blickt nach unten und zieht an ihrem Overall. »Sie haben mir meine Halsbinde weggenommen.«
»Keine Sorge«, beruhige ich sie. »Wir holen sie dir zurück. Ich treffe mich heute noch mit dem US-Staatsanwalt. Vielleicht kriege ich die Sache geklärt oder kann zumindest eine niedrige Kaution aushandeln. Du bist Priesterin, die nicht vorbestraft ist, von dir geht offensichtlich keine Bedrohung aus, und Fluchtgefahr besteht auch nicht.« Ich blicke auf meine Uhr. »Wir haben nur eine Dreiviertelstunde. Erzähl mir, was passiert ist.«
Karen gähnt und reibt sich die Augen. »Ich wurde zwei Tage lang verhört. Ich konnte überhaupt nicht schlafen.«
»Was?«, frage ich beunruhigt. »Zwei Tage lang verhört? Hat man dir nicht gesagt, dass du ein Recht auf einen Anwalt hast?«
»Doch«, antwortet sie, »aber ich habe gesagt, ich bräuchte keinen.«
»Du dachtest, du bräuchtest keinen!«, blaffe ich, selbst ein bisschen angespannt, nachdem ich mitten in der Nacht aufgeweckt wurde und von Pennsylvania nach Kansas gereist bin. »Man wirft dir Hochverrat und Spionage vor, und du glaubst, du brauchst keinen Anwalt? Warum hast du mich dann überhaupt angerufen?«
»Bitte schrei mich nicht an«, bittet Karen.
Ich hole tief Luft. »Tut mir leid. Es ist nur so, dass es jetzt viel schwieriger ist, dich zu verteidigen, nachdem du schon zwei Tage mit ihnen gesprochen hast. Hast du was zugegeben?«
»Natürlich nicht … zumindest nichts, dessen ich mir bewusst bin.«
»Genau das ist der Punkt«, halte ich fest. »Nach zwei Tagen ohne Schlaf haben sie dir weiß Gott was für eine Aussage entlockt. Ab jetzt also kein Wort mehr!«
»Okay, kein Wort mehr.«
»Gut, jetzt erzähl mir, was passiert ist.«
Sie spielt mit ihren Fingern, sieht mich an und wendet den Blick wieder ab.
»Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir redest, Karen.«
»Ich weiß.«
Ich warte, doch sie schweigt immer noch. Ich sehe ihr an, dass sie sich erniedrigt fühlt. »Gut«, sage ich schließlich. »Weißt du was? Ich erzähle dir etwas, das ich noch nie jemandem erzählt habe, etwas, das ich einmal falsch gemacht habe.«
»Du hast nie etwas falsch gemacht«, erwidert Karen.
»Doch.« Ich ziehe an dem leeren Ärmel meines Kostüms – dasselbe Kostüm, das ich bei meiner Ankunft in Schemaja trug. Ich trage es an diesem Tag, weil ich bei meinem Treffen mit dem US-Staatsanwalt so selbstbewusst wie möglich wirken will. »Siehst du das?« Ich zeige ihr den leeren Ärmel, bevor ich ihr erzähle, wie ich meinen Arm verlor und bei der Verhandlung einen Meineid geleistet habe. Am Ende meiner Geschichte lächelt sie dankbar und mitfühlend – wie eine Priesterin.
»Du warst damals noch ein Kind«, sagt sie mit sanfter Stimme. »Dir wurde bereits vergeben. Weißt du das?«
»Ja«, sage ich. »Das weiß ich. Und dir wurde auch bereits für das vergeben, was auch immer du getan hast. Weißt du das auch?«
Wieder lächelt sie und trocknet sich die Augen. »Ja, ich denke schon.«
»Gut, jetzt erzähl mir, was passiert
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