Was dein Herz dir sagt
einer Beförderung rechnen«, bemerkte Geoffrey.
Er lächelte freundlich. »Das muss der Premierminister entscheiden, und das wird er wohl vor dem Herbst nicht tun.«
»Ja, er lässt sich nicht gerne in die Karten schauen. Nun denn, wie steht es mit den Iren zurzeit? Denken Sie diese Richtung einzuschlagen?«
Politische Neuigkeiten mit Geoffrey auszutauschen bot ihm die perfekte Gelegenheit, insgeheim seine Tochter zu mustern. Elizabeth stand neben ihrem Vater und schaute sich müßig im Raum um; sie zeigte keinerlei Interesse an dem Gespräch - sie schien gar nichts davon mitzubekommen. Caro nahm Campbells Arm und begann, mit ihm von einer Gruppe Gäste zur nächsten zu schlendern. Michael bewegte sich, sodass er Elizabeth besser beobachten konnte.
Etwas stimmte nicht...
Er sah zu Caro, dann wieder zu Elizabeth; verstohlen betrachtete er die Kleider der beiden anderen jungen Damen, Driscolls Töchter. Das der einen war zartrosa, das der anderen blass primelgelb.
Elizabeth hatte sich entschlossen, Weiß zu tragen.
Das taten viele junge, unverheiratete Mädchen, besonders während ihrer ersten Saison. Elizabeth hatte ihre gerade erst beendet, aber ... Weiß stand ihr so gar nicht. Ihre Farben waren ohnehin von Natur aus blass, und zusammen mit ihrem hellblonden Haar war der Gesamteindruck ungünstig. Besonders da sie zu dem hauchdünnen Kleid Diamanten angelegt hatte.
Die Wirkung aller Faktoren zusammen ließ Michael die Stirn runzeln. Er würde es sich nie anmaßen, einer Dame vorzuschreiben, was sie tragen sollte, doch er konnte sehr wohl den Unterschied erkennen zwischen einer gut und einer weniger gut gekleideten Dame. In politischen Kreisen sah man Letztere selten.
So war Elizabeths Erscheinung jetzt beinahe ein Schock. Einmal abgesehen davon, dass das Weiß sie farblos erscheinen ließ, schlug das auffällige Funkeln der Diamanten zu dem jungfräulichen Kleid die falsche Note an.
Er blickte wieder zu Caro. Austernfarbene Seide, perfekt geschnitten, um die verführerischen Kurven ihres Körpers zu umschmeicheln; die Farbe unterstrich unauffällig ihren hellen, aber rosigen Teint, während ihr herrlich unbezähmbares feines Haar im Licht der Kronleuchter in einem Farbenspiel aus verschiedenen Braun- und Goldtönen schimmerte. Sie trug Schmuck aus Silber und Perlen, der gut zu ihren Augen in dem merkwürdigen Silberblau passte.
Wenn er Elizabeth so ansah, konnte er sich kaum vorstellen, dass Caro nicht versucht hatte, ihr von ihrer Kleiderwahl abzuraten. So schloss er, dass sich hinter Elizabeths unschuldiger Art ein starker Wille verbarg - der stur genug war, Caros Ratschläge zu ignorieren.
Seine Irritation wuchs. Ein sturer, unbeugsamer Wille - war das gut? Oder doch eher nicht? Die Unfähigkeit, wohlgemeinte Ratschläge von jemandem anzunehmen, der sich unbestreitbar bestens auskannte ... ?
Eine Reihe von Gästen war nach ihm eingetroffen; Caro führte sie durch den Saal, übernahm die Vorstellung. Während die beiden Neuankömmlinge mit Geoffrey sprachen, wandte sich Michael an Elizabeth: »Wenn ich mich recht erinnere, haben wir beide uns auf Lady Hannafords Ball im Mai getroffen -haben Sie den Rest Ihrer ersten Saison genossen?«
»Oh ja!« Elizabeths Augen leuchteten auf, und sie drehte sich zu ihm um. »Die Bälle haben ja solchen Spaß gemacht - ich liebe es einfach, zu tanzen. Und all die anderen Unterhaltungen auch. Außer Dinnergesellschaften, die waren oft so langweilig, aber ich habe viele neue Freundschaften geschlossen.« Sie lächelte unbedarft. »Kennen Sie die Hartfords? Melissa Hartford und ihren Bruder Derek?«
Sie machte eine Pause, wartete offenkundig darauf, dass er antwortete. Er trat unauffällig von einem Fuß auf den anderen. »Äh ... nein.« Er hatte den Verdacht, dass Derek Hartford kaum älter als zwanzig war und Melissa sogar noch jünger.
»Oh. Nun, sie sind meine besten Freunde. Wir sind überall in der Stadt zusammen gewesen, haben alles erkundet. Und Jennifer Rickards war auch dabei, mit ihren Cousins Eustace und Brian Hollings.« Elizabeth unterbrach ihr fröhliches Geplauder und schaute stirnrunzelnd zur anderen Seite des Salons. »Diese beiden jungen Mädchen sehen irgendwie verloren aus, meinen Sie nicht? Ich gehe besser zu ihnen und spreche mit ihnen.«
Damit warf sie ihm ein strahlendes Lächeln zu und entfernte sich - ohne sich ordentlich zu entschuldigen.
Michael schaute ihr nach, fühlte sich irgendwie merkwürdig. Sie hatte ihn wie einen alten Freund
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