Was dein Herz dir sagt
ist, wie der Zufall es will, leicht zu erklären - weil der großartige Camden Sutcliffe, Frauenheld von Welt, sich mehr eingebrockt hatte, als er auslöffeln konnte.«
Michael schaute ihn verwundert an. Timothy erklärte es. »Camden war ein Frauenkenner. Von dem Augenblick, da er Caro kennen lernte, begehrte er sie - nicht so sehr wegen des jungen Mädchens, das sie damals war, sondern mehr wegen ihres Potenzials, dessen, was, wie er wusste, aus ihr werden konnte. Auf allen Ebenen. Das war sein Grund für die Heirat mit ihr. Allerdings war sich Camden durchaus bewusst, dass er vierzig Jahre älter war als sie. Sobald es um die sexuelle Seite ihrer Beziehung ging, befürchtete er so sehr, er könnte sie am Ende nicht befriedigen, dass er zu überhaupt nichts in der Lage war.«
Michael starrte ihn an. »Sind Sie sich da sicher?«
Timothy nickte. »Er hat es mir selbst gesagt, Jahre nach der Hochzeit. Er konnte einfach nicht, nicht mit ihr.«
Michael verdaute das, schließlich sah er Timothy wieder an. »Hat er sie geliebt?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Camden die Bedeutung des Wortes >Liebe< kannte, nicht so, wie Sie es verwenden, nicht, wie Caro es verwendet. Er war ihr ergeben, aber mehr in einer Form von Besessenheit bezüglich ihres Potenzials, das er fördern und ausbauen konnte - und es ja auch getan hat. Aber Liebe?« Timothy verzog das Gesicht ironisch. »Wenn Camden je einen anderen Menschen außer sich selbst geliebt hat, dann bin ich das, würde ich sagen.«
Michael hob die Brauen. »Weil Sie wie er sind?«
Timothy nickte. »Wenigstens hat er das geglaubt.«
Michael vermutete, dass das eine weitere Fehleinschätzung von Camden war.
»Ich denke nicht, dass Caro je den Grund wusste - ich würde darauf schwören, dass Camden nie etwas zu ihr gesagt hat. Er war ein verwirrender Mann - selbstlos und seinem Land ganz ergeben, aber in allen persönlichen Dingen vollkommen selbstsüchtig und ichbezogen. Wenn ich gedacht hätte, dass es geholfen hätte, hätte ich es Caro selbst erzählt, aber ...«
Sein Gesicht verhärtete sich, aber er schaute nicht weg. »Die Vergangenheit kann nicht geändert werden - glauben Sie mir, das weiß ich. Sie kann nur in Ruhe gelassen werden. Das ist auch das, was Muriel nicht akzeptieren konnte.« Seine Züge entspannten sich, seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Caro war da immer schon viel klüger.«
Michael musterte sein Gegenüber, hörte die Wahrheit in seiner Stimme. Weisheit aus dem Munde des berüchtigtsten Lebemannes der Stadt?
Timothy wandte den Blick ab, nahm noch einen Schluck von seinem Trank. »Eine Sache noch - ehe er die Stadt mit Muriel verlässt, können Sie Hedderwick von mir berichten?« Er schaute Michael wieder an. »Auch wenn es mir bei dem Gedanken, dass sie meine Halbschwester ist, kalt den Rücken herunterläuft, so möchte ich sie doch nicht aus den Augen verlieren.«
Michael willigte ein; es konnte sein, dass Timothy einfach zum Selbstschutz wissen wollte, wo Muriel sich befand, doch Michael begann zu glauben, dass Timothy viel eher Muriel beschützen und auf ihr Wohlergehen achten würde als alles andere. Denn so wenig er auch sonst seinem leiblichen Vater ähnelte, in einer Hinsicht war er seines Vaters Sohn - er hatte ein komplexes Wesen.
Timothy schnitt eine Grimasse. »Ich habe zwei ältere Schwestern - Halbschwestern. Ich habe sie manchmal im Spaß als meine beiden bösen Stiefschwestern bezeichnet.« Er zuckte zusammen. »Nie wieder.«
Die Worte hatten gerade erst seine Lippen verlassen, als ein Klopfen an der Tür seinen Kammerdiener ankündigte. »Lady Constance ist da, Mylord. Sie hat von Ihrer Verletzung erfahren und verlangt, Sie zu sehen.«
Timothy starrte ihn an, dann sank er in seinen Kissen zusammen und stöhnte. Mit Gefühl.
Michael lachte. Er stand auf, ergriff Timothys Hand und versicherte ihm, er würde Hedderwick von Timothys Interesse unterrichten, dann trat er hastig den Rückzug an.
Timothy murmelte dumpf etwas vor sich hin - etwas über gefallene Kameraden im Stich lassen und sie dem Feind in die Hände spielen.
Auf der Treppe begegnete Michael Lady Constance Rafferty, einer attraktiven älteren Dame, die sich mit grimmiger Entschlossenheit ihrer Aufgabe widmete; sie grüßten sich kurz mit einem Nicken, aber sie blieb nicht stehen, sondern rauschte königlich in das Zimmer ihres Bruders.
Grinsend verließ Michael das Haus, überließ Timothy Lady Constance’ Gnade.
Später in der Nacht, nachdem
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