Was dein Herz nicht weiß
Fisch und vergessen darüber den Angler. Und der Angler liebt zunächst den Fisch, der aus ihm etwas Besonderes gemacht hat, hasst ihn aber schon bald, eben weil er aus ihm etwas Besonderes gemacht hat.
Am nächsten Tag weigerte Min sich, den Zug nach Daegu zu besteigen, um dort Seollal zu feiern. Er ließ auch nicht zu, dass Soo-Ja und Hana ohne ihn fuhren. Seollal war Hanas liebstes Fest, weil sich dann die gesamte Familie versammelte, um das Neujahrsfest nach dem Mondkalender zu feiern. Hana mochte den Anblick der vielen festlich gedeckten Tische voller Mungobohnen-Pfannkuchen, Reiskuchen, Äpfeln und Birnen, süßem Reis mit Datteln, Zimtpunsch und Reisnektar. Und vor allem freute sie sich auf die traditionellen Verbeugungen der Kinder vor den Älteren; dann sagten die Kinder ihre Glückwünsche auf und bekamen dafür Geld in weißen Umschlägen. Hana war am Boden zerstört, als ihr Vater sagte, dass sie dieses Jahr nicht nach Süden fahren würden. Mit jedem Jahr, das verging, fürchtete sie, es könnte die letzte Gelegenheit sein, ihren Großvater zu sehen. Soo-Ja versuchte, Min das begreiflich zu machen, aber sein Mitleid mit Hana hielt sich in Grenzen – er selbst hatte schließlich auch keinen Vater mehr.
16
»Ach, Sie sind ja zu Hause. Alle anderen sind über Seollal ausgeflogen«, sagte Gi-yong am anderen Ende der Leitung. Sie hatten sich wochenlang nicht gesehen, aber Soo-Ja konnte sich ohne Weiteres sein schmieriges Lächeln, seinen blauen Mantel aus Vicunja-Wolle und sein mit ausrangierten Möbeln vollgestopftes Büro vorstellen. Sie hatte nicht damit gerechnet, so bald von ihm zu hören, und war davon ausgegangen, das Land mindestens zehn Jahre zu behalten.
»Ach, das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Soo-Ja, die gerade an der Rezeption saß.
»Jedenfalls bin ich froh, dass ich Sie erwischt habe. Ich habe Neuigkeiten für Sie.«
»Ach ja?«, fragte Soo-Ja neugierig.
»Die Hoffnung, Sie zu meiner Geliebten zu machen, kann ich wohl begraben. Sie werden bald eine reiche Frau sein.«
»Was meinen Sie damit?« Soo-Jas Finger spielten nervös mit der Telefonschnur.
»Die Regierung möchte Ihr Land bebauen«, erklärte Gi-yong und rollte dabei jede Silbe über die Zunge wie einen Lutscher.
»Wirklich?«
»Ja. Die Regierung möchte Ihr Land kaufen und Häuser darauf setzen.«
»Wie viel bieten sie mir denn?«
»Fünftausend Won den Pyeong.«
»Was? Das ist ja zehnmal so viel, wie ich dafür bezahlt habe!«
»Ja, aber Sie haben auch ein leeres Feld im Nirgendwo gekauft. Die Regierung hat ihr Auge auf den zukünftigen Standort einer neuen Gewerbezone geworfen. Und dabei ist es noch immer ein Schnäppchen. Jetzt wollen wir hoffen, dass die großen Unternehmen die Gegend in ein riesiges Industriegebiet verwandeln. Ich habe ja schon immer gesagt, dass Seoul überfüllt ist. Die Stadt kann den ganzen Verkehr und die Menschenmassen nicht mehr aufnehmen.«
»Ich kann es nicht fassen. Das ist ja wunderbar.« Soo-Ja schüttelte ungläubig den Kopf.
»Wenn Sie das Land verkaufen, bekommen Sie fünf Millionen Won. Wie viel haben Sie noch gleich investiert? Fünfhunderttausend?«
»Sie haben es von Anfang an gewusst, nicht wahr? Als Sie mir das Land verkauften, wussten Sie schon, dass sich der Wert vervielfachen würde.«
»Ja. Ich habe einen Tipp von einem Freund bei der Planungsbehörde bekommen. Sie mussten sich zwischen einem Stück Land in Gyeonggi-do und unserem entscheiden. Das andere Grundstück erwies sich bald als Zankapfel in einem Familienerbstreit. Unser Land dagegen können sie viel einfacher bekommen. Sie wollen bald mit dem Bau beginnen.«
»Wenn Sie davon gewusst haben, warum haben Sie es dann an mich verkauft? Warum haben Sie es nicht selbst behalten?«
Gi-yong antwortete nicht sofort. »Sie meinen wohl, Geschäftsleute sind immer kalt und berechnend. Das stimmt nur zum Teil; wir sind nämlich auch schrecklich sentimental. Ich dachte, wenn ich Ihnen helfe, würden Sie mich vielleicht mögen.«
»Ach, Herr Im, gerade mag ich Sie furchtbar gern«, erwiderte Soo-Ja, um seinem Geständnis den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Das kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich habe eine grausige Woche hinter mir. Vielen herzlichen Dank, Herr Im.«
»Sie brauchen mir nicht zu danken. Es wäre ja auch möglich gewesen, dass sie sich für das andere Grundstück entscheiden. Dann wäre unser Land vermutlich noch dreißig Jahre lang wertlos geblieben.«
»Dreißig Jahre? Sie sprachen von zehn
Weitere Kostenlose Bücher