Was dein Herz nicht weiß
gelauscht hatte und gern aus dem Haus ging, sah ihre Mutter an und wartete auf ihre Entscheidung. Ohne ein Wort zog Soo-Ja ihr den Mantel an und setzte ihr eine warme Wollmütze auf den Kopf. Sofort begann das kleine Mädchen, um sie herumzutanzen, denn sie wusste, dass immer, wenn Soo-Ja nach der Mütze griff, ein Spaziergang bevorstand.
»Ich mag Eomma, wenn Eomma mit mir rausgeht!«, rief Hana aufgeregt.
»Ich weiß, aber es ist kalt, Hana.«
»Ich mag Eomma nicht!«, protestierte Hana, weil sie dachte, die Mutter hätte ihre Meinung geändert.
»Aber gerade sagtest du doch, du würdest Eomma mögen«, entgegnete Soo-Ja im Scherz.
»Nur, wenn Eomma mit mir rausgeht!«
»Ach so, nur wenn Eomma mitHanarausgeht?«, lächelte Soo-Ja und kniete sich vor ihr hin. »Magst du Eommadennnicht immer?«
Hana schüttelte den Kopf. »Nein!«
»Aber EommamagHana immer. Mag Hana Eomma , wenn Eomma Hana Süßkartoffeln gibt?«
»Ja!«
»Und wenn Eomma ein Lied für Hana singt?«
»Ja!«
»Dann vermute ich, muss ich die ganze Zeit mit dir rausgehen und dir Süßkartoffeln geben und dir vorsingen, wie?«
»Ja! Mach das!«
»Mach das?« Soo-Ja konnte ihr Vergnügen nicht verbergen. »Gut, dann mache ich das.«
Wie konnte ihre Tochter nur so unterhaltsam sein?, fragte sich Soo-Ja. In dem kleinen Mädchen hatte sie ihre größte Verbündete gefunden. Hana brachte sie zum Lachen und gab ihr das Gefühl, frei zu sein. Und obwohl Soo-Ja viel Zeit aufbrachte, um für sie zu sorgen, hatte sie das Gefühl, dass sie selbst den größeren Gewinn aus dem Handel zog.
Soo-Ja konnte sich das Leben ohne ihre Tochter nicht mehr vorstellen. Vom Augenblick ihrer Geburt an hatte Hana sie in Entzücken versetzt. An jedem Geburtstag dachte sie mit einem Stich im Herzen: Ach, wenn du doch nicht älter würdest. Du wirst niemals mehr so bezaubernd sein wie jetzt. Sie wollte nicht, dass ihr Kind den Babyspeck verlor . Sie würde die Rundlichkeit von Hanas Armen und ihren weichen Bauch vermissen. Sie wollte, dass Hana für immer ein Baby blieb.
Aber Babys haben ihre eigenen Methoden, um ihre Eltern zu überraschen, und so fand Soo-Ja ihre Tochter mit jedem Jahr liebenswerter. Wenn sie mit Hana zusammen war, fühlte sie sich beflügelt, konnte alles tun und sagen. Ihre Tochter, jetzt fast drei Jahre alt, schenkte ihr ein magisches Lasso, und innerhalb dieses Kreises – so groß, dass nur sie beide hineinpassten – fühlte sich Soo-Ja freier denn je.
»Gut, Hana, gehen wir«, rief Soo-Ja.
Auf ihrem Weg nach draußen sah sie, wie sich die ganze Familie nervös und aufgeregt im Wohnzimmer versammelte. Niemand nahm Notiz von ihr. Alle waren gefangen in den Rollen, die sie zu spielen hatten. Nur Du-Ho, der inzwischen vierzehn war und ihre Hilfe bei seinen Sugje – seinen Hausaufgaben – schätzte, hielt sie an und fragte, wohin sie ginge. Als sie ihm erzählte, dass sie eine dringende Besorgung machen müsse, lächelte er schalkhaft und versicherte ihr, sie brauche sich keine Sorgen zu machen. Er würde ihr später alles berichten und sie wissen lassen, ob der Mann hässlich war oder gut aussah, und was er anhatte. Wenn er Flanellhosen trug, sagte Du-Ho, dann würde er ihm Grimassen schneiden. Sie lächelte ihm zu und ging weiter Richtung Tür.
Als sie über den Hof lief, sah sie die Fische im trüben Lotusteich schwimmen. Es waren etwa vier oder fünf, und sie schienen genauso aufgeregt zu sein wie die Menschen im Haus. Soo-Ja lächelte und betrachtete ihre intensiven Farben und eigenartigen Formen – ein gelber Koi mit langem Schwanz, einige Goldfische mit vorspringenden Mäulern, zwei Orfe mit silbernen Flossen. Die Fische waren gerade dabei, aus ihrem Gesichtsfeld zu verschwinden, als sie bemerkte, wie die ersten Schneeflocken des Winters auf dem Steinrand des Teiches landeten.
Soo-Ja schaute sich um in der Hoffnung, Du-Ho oder einen der anderen Jungen zu finden, aber sie waren alle drinnen, um ihre Anzüge zu richten und sich die Haare zu kämmen, und es war auch keiner von den Dienern zu sehen. Die Wettervorhersage hatte tatsächlich Schnee angekündigt. Soo-Ja fragte sich, warum niemand daran gedacht hatte, die Fische aus dem Teich zu holen und sie ins Haus zu bringen. Als Hana ihre geliebten Wassertiere anzulocken versuchte und mit den Fingern ihrem Zickzackweg folgte, wurde sich Soo-Ja der Tatsache bewusst, dass man die Fische anscheinend einfach sterben lassen wollte.
Ohne weiter nachzudenken, griff sie nach einem Eimer und
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