Was dein Herz nicht weiß
versuchte, die Fische damit aus dem Teich zu schöpfen. Doch die Tiere waren zu wachsam und schienen ihre Bewegungen vorauszuahnen. Der Frust in ihr wuchs, da sie genau wusste, dass Na-yeongs Bewerber jeden Moment eintreffen konnte. Die Schwiegermutter würde wütend werden, wenn sie sie noch auf dem Anwesen ertappte.
Aber je eifriger Soo-Ja sich den Fischen näherte, desto schneller schienen sie sich davonzumachen. Jedes Mal, wenn sie versuchte, den Eimer aus dem Wasser zu heben, schwammen sie wieder hinaus. Oh, ihr dummen, dummen Fische , murmelte sie. Könnt ihr nicht sehen, dass ich euch retten will? Was glaubt ihr, was passiert, wenn ihr hier im Teich bleibt?
Soo-Ja stellte den Eimer neben den Teich und entschloss sich, die Fische mit der Hand zu fangen. Sie ignorierte das eiskalte Wasser, tauchte ihre ausgestreckten Hände in den Teich und wartete darauf, dass einer der Fische es sich dort gemütlich machen würde. Sie konnte die Hände kaum still halten, da ihr die Kälte direkt ins Gehirn zu dringen schien, und kämpfte gegen die Versuchung, sie wieder herauszuziehen.
Als ein Goldfisch, der faul auf dem Boden des Teiches gelegen hatte, endlich über ihrer Handfläche schwebte, schnappte Soo-Ja zu. Sie spürte, wie der Fisch wild gegen ihre Hand schlug, weil er offenbar nicht wusste, dass sie versuchte, ihn zu retten. Als könnte sie die Gedanken ihrer Mutter lesen, hob Hana schnell den halbleeren Eimer hoch und hielt ihn ihr hin, wobei sie viel Wasser ausschüttete. Soo-Ja öffnete die Hände. Der kleine Fisch zappelte eine Sekunde lang in der Luft, tauchte ins Wasser ein und schlug heftig mit dem Schwanz, bis er schließlich zur Ruhe kam. Soo-Ja wiederholte diese Prozedur mit den anderen Fischen; einer nach dem anderen kam an die Reihe. Als sie fertig war, sahen ihre Hände geisterhaft weiß aus, und sie hatte kein Gefühl mehr in ihnen.
Soo-Ja seufzte erleichtert auf, glücklich, dass alles erledigt war, bevor der Besuch kam und der Schneesturm einsetzte. Aber gerade als sie sich anschickte, endlich den Hof zu verlassen, hörte sie, wie das Tor geöffnet wurde. Ein gut aussehender Mann in den Dreißigern in westlicher Kleidung kam eilig auf sie zu. Er hatte überraschend langes Haar mit einem Pony, der leicht über eines seiner Augen fiel, und eine gesunde braune Gesichtsfarbe, die nahelegte, dass er von weit her kam und viel Zeit in den Bergen verbracht hatte. Er lächelte aufgeregt und verbeugte sich tief. Soo-Ja verbeugte sich ebenfalls und wusste sofort, dass er Iseul war, Na-yeongs potenzieller Ehemann.
»Komme ich zur falschen Zeit? Ich dachte, ich wäre früh dran, aber vielleicht bin ich zu spät, weil ich sehe, dass Sie ungeduldig geworden sind und beschlossen haben zu gehen«, begann Iseul.
Soo-Ja begriff, dass er sie mit Na-yeong verwechselte. Sie schaute hinüber und sah, dass die Heiratsvermittlerin noch am Tor stand und mit dem Taxifahrer feilschte, der sie in seinem Senara hergebracht hatte.
»Sie verwechseln mich mit Nams Tochter«, erklärte ihm Soo-Ja und versuchte, eine Ausrede zu erfinden, um verschwinden zu können. »Ich bin seine Schwiegertochter.«
»Ich glaube Ihnen nicht. Vielmehr denke ich, Sie haben meine schreckliche Visage gesehen und ihre Meinung geändert«, neckte Iseul sie. »Und jetzt wollen Sie irgendeine hässliche Cousine bitten, sich für Sie auszugeben.«
»Und was denken Sie, wer das ist?«, fragte Soo-Ja ungeduldig und deutete auf Hana, die sich hinter dem Rücken ihrer Mutter versteckte.
»Irgendein Kind, auf das Sie aufpassen!«, erwiderte Iseul und kratzte sich an den Armen.
In diesem Augenblick erschienen die Schwiegermutter und Na-yeong. Beide sahen entsetzt aus, als sie Soo-Ja und Iseul miteinander sprechen sahen. Soo-Ja öffnete den Mund und versuchte, die passenden Abschiedsworte zu finden, um unauffällig gehen zu können.
Bevor Soo-Ja jedoch ein Wort sagen konnte, wurde sie von der Heiratsvermittlerin unterbrochen. Die alte Frau war endlich dazugekommen, nachdem sie einige Münzen aus dem Handel mit dem Taxifahrer in die eigene Tasche gesteckt hatte.
»Ich sehe, dass Sie Mins Mutter und ihre liebenswerte Tochter Na-yeong bereits kennengelernt haben«, sagte die Heiratsvermittlerin, wobei sie Soo-Ja vollkommen übersah. »Meine Herrschaften, das ist der Bewerber, von dem ich Ihnen in den höchsten Tönen vorgeschwärmt habe. Er stammt aus einer wunderbaren Familie, die Eigentum in Seoul besitzt, und er ist ein erfolgreicher Ingenieur!«
Die
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