Was dein Herz nicht weiß
Soo-Ja weiter zu beachten. »So kann ich besser einschlafen.« Dann begann er, sich vor ihr auszuziehen, bis er nur noch die lange Unterhose anhatte, die er unter seinem Straßenanzug trug.
»Bitte tu nicht so, als hättest du mich nicht gehört«, sagte Soo-Ja. Sie übersah seine Unverschämtheit ihr gegenüber, denn sie wusste, dass er sie nur aus der Fassung bringen wollte.
»Sorge für deinen eigenen Ehemann, Ajumma «, bellte Chul-Moo. »Bevor er losgeht und anderen Frauen Babys macht.«
Er breitete eine Matte auf dem Boden aus und legte sich hin, ohne Jae-Hwa, die noch immer ihre Sachen packte, eines Blickes zu würdigen.
»Ich kann dir versichern, dass meine Eltern sie sehr gut behandeln werden«, entgegnete Soo-Ja trocken. Sie war nicht imstande, ihre Verachtung für ihn zu verbergen. »Bestimmt bist du sehr um das Wohlergehen deiner Frau besorgt.«
»Jae-Hwa, lass den Unsinn und komm rüber zu mir«, befahl Chul-Moo, ohne sich um Soo-Ja zu kümmern.
Jae-Hwa schüttelte trotzig den Kopf. Aber als sie die Ecken der Bettdecke zusammenfaltete, zögerte sie. Die Kleider darin waren für sie fast zu schwer zum Tragen. Jae-Hwa legte die Hände auf die Seidenhülle. Das Gewebe war an einer Stelle eingerissen, sodass man die dicken, zusammengerollten Fasern sehen konnte, die als Polsterung dienten.
»Jae-Hwa!«, knurrte Chul-Moo. Soo-Ja konnte sehen, wie die Angst in ihrer Freundin aufstieg. Chul-Moos Stimme klang wie die eines Löwen, tief und kehlig. »Wo auch immer du hingehen wirst: Irgendwann werden sie dich nicht mehr sehen wollen. Denn du bist eine fade Frau, die nicht kochen kann. Dann wirst du auf Knien zurückkommen und mich anbetteln, dich wieder aufzunehmen. Aber bis dahin werde ich mich lange ausgeruht haben, und meine Hände werden stark genug sein, um dir eine ordentliche Tracht Prügel zu verpassen. Bleib lieber hier, dann bekommst du die Schläge nach und nach, nicht alle auf einmal.«
Soo-Ja war drauf und dran, ihm die wenigen verbliebenen Haare vom Kopf zu reißen. »Jae-Hwa verdient etwas Besseres als dich. Wie kannst du nur so mit ihr reden?«
Chul-Moo stand von der Matte auf und zeigte mit dem Finger auf sie. »Pass gut auf. Du magst Gast in meinem Haus sein, aber Gäste haben in meinem Haus keine Rechte!«
»Und was willst du tun? Willst du mich vielleicht auch schlagen?«, fragte Soo-Ja so scharf wie die Klinge eines Messers. Mit jeder Silbe hob sie die Stimme. »Überleg mal, was die Polizei sagen wird, wenn du die Frau eines anderen Mannes schlägst!«
Chul-Moo zögerte, obwohl der Zorn in seinen Augen glühte. Soo-Ja konnte ihn spüren wie eine heiße Nadel.
»Jae-Hwa, kannst du nicht sehen, dass deine Freundin bloß neidisch ist?«, fragte Chul-Moo und klang nun viel freundlicher. »Ja, ich bin vielleicht manchmal wütend auf dich, aber was geschieht dann? Was geschieht, wenn du aufgehört hast zu weinen und ich dich tröste? Niemand sieht, wenn du dich für mich öffnest wie eine Blume und fröhlich kicherst. Mit einem einzigen Blick auf deine Freundin kannst du sehen, dass sie nicht dieselbe Liebe von ihrem eigenen Ehemann erfährt. Sie möchte nicht, dass du glücklich bist, darum kommt sie hierher, um sich einzumischen und dir den einzigen Mann wegzunehmen, den du hast.«
Jae-Hwa, die den Kopf gesenkt gehalten hatte, während ihr Mann sprach, sah schließlich auf. Sie schien bleich, schwerelos, farblos. Soo-Ja wusste, was passieren würde, wenn ihre Freundin bei ihm bliebe. Sie würde eine der Geisterfrauen des Ortes werden, mit toten Augen und hängenden Schultern.
»Jae-Hwa«, sagte Soo-Ja und hielt ihr die Hand. »Es gibt ein besseres Leben für dich. Ich kann es dir nicht beweisen, du musst es mir einfach glauben. Nicht alle sind gemein. Ich habe genug Schönheit und Freundlichkeit in der Welt gesehen, um zu wissen, dass nicht jeder Mann böse zu seiner Frau ist. Es gibt gute Männer da draußen. Bitte glaube mir.«
Soo-Ja sah, wie Jae-Hwa ihr Bündel fallen ließ, und wusste, dass ihre Freundin nicht mit zum Haus ihrer Eltern kommen würde. Sie hatte versagt. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, dass Jae-Hwas Mann still triumphierte, auch wenn sie bei ihm einen Hauch von Angst spürte. Er wusste, wie nah er daran gewesen war, seine Frau zu verlieren. Aber solche Feinheiten waren nicht entscheidend. Jae-Hwa würde bei ihm bleiben, und das war das Ende der Geschichte. Alles, was Soo-Ja noch tun konnte, war Hana abzuholen, die bei ihren Eltern auf sie wartete, und
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