Was dein Herz verspricht
»Natürlich, mein Schatz. Du weißt, daß ich es nicht so gemeint habe.«
Aber Grey wirkte beunruhigt, als er aus dem Bett stieg. Sie würde sich heute abend etwas Besonderes einfallen lassen müssen, wenn er wieder hier war - ihn vielleicht ein wenig bestrafen - das hatte er immer gern.
»Bitte sei ein Schatz und verschwinde für eine Weile. Ich möchte wirklich nicht, daß Nicholas dich sieht.«
Grey runzelte die Stirn. »Ist mir eigentlich ganz egal. Der Mann ist ein Krimineller. Man hätte ihn vor neun Jahren hängen sollen, als er Stephen Bascomb umgebracht hat. Dann wärst du jetzt frei und könntest tun, was du willst.«
Rachael sagte ihm nicht, daß sie für ihre Begriffe frei genug war. Frei, Nick Warrings Geld auszugeben. Frei, auf diesem prächtigen Landsitz zu leben. Frei, sich solange sie wollte einen jüngeren Mann als Liebhaber zu nehmen.
Sie warf einen mauvefarbenen Umhang über und zog an der Glocke, um ihre Zofe zu rufen. »Ich komme zu dir, sobald wir fertig sind«, sagte sie zu Grey. »Die Sonne scheint. Vielleicht können wir ausreiten.«
Aber Grey runzelte immer noch die Stirn. »Ich frage mich, was er will.«
»Ich habe wirklich nicht die leiseste Idee.« Aber bei dem Gedanken war ihr unbehaglich. Wie Rachael wußte - und Stephen Bascomb auch erfahren hatte -, konnte Nick Warring ein gefährlicher Mann sein, wenn er etwas unbedingt wollte.
Nick beugte sich ungeduldig im Sitz der Kutsche vor, als der Kutscher am Eingang zu Castle Colomb hielt. Es war nur einen halben Tagesritt nördlich von London, und doch war er seit mehr als neun Jahren nicht mehr hier gewesen. Seine letzte Begegnung mit Rachael bei seiner Rückkehr aus der Verbannung hatte auf neutralem Grund stattgefunden - in Sydney Birdsalls Büro in London.
Durch das offene Kutschenfenster schaute er zu den hohen, efeubedeckten Türmen hinauf, die noch mit spätmittelalterlichen Zinnen für Bogenschützen versehen waren. Das Innere war natürlich - auf Rachaels dringenden Wunsch hin und mit Nicks Geld - auf modernste Art eingerichtet.
Als die Kutsche durchs Tor und vor den Eingang rollte, betrachtete Nick den zeitlosen grauen Stein des Hauses und den gelben Osterglockenteppich, der den einstigen Burggraben überwucherte. Er hatte ganz vergessen, wie schön dieser Besitz war, ein Familienerbe von seiten seiner Mutter aus der Zeit von Edward dem Dritten.
Seine Hand ballte sich auf dem Fensterrand zur Faust. Seine Mutter hätte es sicher nicht erfreut, zu wissen, daß ihr Heim aus Kindertagen in die Hände seiner widerspenstigen Gattin gefallen war, einer Frau, die ihn verlassen hatte, ihm sogar das Recht auf einen Erben verweigerte. Eine Frau, die jetzt zwischen ihm und seiner Chance stand, ein neues Leben mit Elizabeth Woolcot zu beginnen.
Als die Kutsche hielt, rief er dem Kutscher Jackson Freemantle noch zu, wo er die Küche finden würde. Der Mann war ein Freund von Theo Swann, ein ehemaliger Sträfling, der vor über einem Jahr auf der Suche nach Arbeit zu ihm gekommen war. »Sieh zu, daß einer der Stalljungen die Pferde tränkt, und besorge dir etwas zu essen. Ich weiß nicht, wie lange ich brauchen werde.« Doch wie lange auch immer, über Nacht würde er nicht bleiben. Er konnte sich absolut nicht vorstellen, nur eine Sekunde länger als unbedingt notwendig unter Rachaels Dach zu bleiben.
Der Butler brachte ihn in den Salon, wo er minutenlang wartete, sich aber nicht aufs Sofa setzte, sondern vor dem Kamin auf und ab ging.
Die Türen öffneten sich geräuschlos. »Nicholas, mein Liebster, wie schön, dich zu sehen.« Rachael schwebte ins Zimmer, sah aus wie eine schwarzhaarige Göttin, die Hände ausgestreckt und mit einem Lächeln auf den Lippen.
Nick erwiderte ihren Gruß, beugte sich vor und küßte sie auf die Wange. »Du bist schön wie immer.« Sie sah sogar besser aus, als er sie in Erinnerung hatte mit ihren glänzenden schwarzen Locken und der Haut wie Sahne und Rosenblütenblätter.
Ihr Herz war allerdings so kalt wie die hohen Türme, in denen sie lebte.
»Und du, mein Liebster, siehst ebenfalls hervorragend aus.« Ihr Blick überflog sein Gesicht, und ihr entgingen nicht die Anzeichen von Sorge und Erschöpfung, die er zu verbergen versuchte. »Obwohl ich sagen muß, daß du etwas angespannt wirkst. Ich hoffe, dein Hiersein hängt nicht damit zusammen.«
Nick seufzte. »Doch, allerdings.« Er deutete auf das Sofa. »Wollen wir uns nicht setzen?«
Rachael setzte sich mit gefaßter Miene, und ein
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