Was dein Herz verspricht
erwartungsvolles Schaudern traf sie, gemischt mit einer leichten Unsicherheit. Heute nacht würde sie wirklich seine Geliebte werden. Sie fragte sich, welche besondere Lektion er wohl für die kommenden Stunden vorgesehen hatte.
In blaue Seide gekleidet, die eine Spur heller war als ihre Augen, stand Maggie Warring neben Rand Clayton und dem Marquis von Trent. Obwohl er ein Kostüm des fünfzehnten Jahrhunderts trug, erinnerte sie sich an Andrew Sutton, einen gutaussehenden, braunhaarigen Mann von mittlerer Größe aus Oxford, der früher mit Nick befreundet gewesen war. Er und Andrew waren vor seiner Verbannung gute Freunde gewesen, doch wie im Fall von Clayton hatte Nicholas bei seiner Rückkehr geglaubt, daß er als Ausgestoßener aus der Gesellschaft auch seine Freundschaft mit dem Marquis verwirkt hatte.
Maggie hatte ihn seit dem Skandal damals nicht mehr gesehen und nahm nicht an, daß es ihrem Bruder anders ging. Sie erinnerte sich an seine scherzhafte, lockere Art zu der Zeit, als sie noch ein Mädchen gewesen war. Damals hatte sie ihn kaum beachtet, denn ihr Kopf war voller närrischer Phantasien über Stephen Hampton gewesen.
Jetzt, als Frau, empfand sie die Gegenwart des Marquis anders als zuvor, spürte ganz deutlich jenen prüfenden, braunen Blick und die Kraft seines Lächelns, so daß ein seltsames, kleines Schaudern sie überlief.
»Das war doch Euer Bruder, der Herzbube dort drüben, oder?«
Maggie lächelte. »Es überrascht mich, daß Ihr ihn erkannt habt. Ich habe ihm bei seinem Kostüm geholfen und fand, daß es eine gute Verkleidung war.«
»Mag vielleicht für andere so sein, aber ich habe ihn einfach zu lange gut gekannt.« Er lächelte leise. »Das Kostüm ist passend, scheint mir. Nick hatte immer eine Schwäche für Frauen, und heute ist das wohl nicht anders. Die Art, wie er das hübsche Wesen in dem Federkleid vorher angesehen hat, ließ keinen Zweifel daran, was er dachte - und auch nicht daran, daß die Dame sein Interesse erwidert.«
Der Überraschung folgte ein leichtes Unbehagen. Anfangs hatte sie sich Sorgen gemacht wegen Elizabeth und Nick, doch sie hatte sich eingeredet, daß sie sich täuschen mußte. Heute abend hatte sie sich so gut amüsiert, daß sie gar nicht auf Elizabeth oder ihren Bruder geachtet hatte. Sie hatten miteinander getanzt, das war alles. Nick mochte sie gern, fand sie vielleicht auch anziehend, aber er würde ihr niemals tatsächlich nahetreten. Und sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß Elizabeth ihn ermutigen würde, wenn er es versuchen sollte. Der Marquis mußte sich irren.
»Auf jeden Fall«, fuhr er fort, »bin ich froh, daß er sich entschieden hat, zurück in die Gesellschaft zu kommen. Ich weiß, daß durch seine Vergangenheit einiges sehr schwierig gewesen ist, doch was immer auch in jener Nacht mit Hampton geschehen sein mag - und es gibt einige von uns, die ihre Zweifel haben -, er hat für seine Sünden bezahlt, und ich bin froh, ihn hier zu sehen.«
Maggie lächelte, erleichtert, daß das Gespräch sich in eine andere Richtung gewandt hatte. »Das ist nett von Euch, Mylord. Vielleicht hat Nick mehr Freunde, als er glaubt. Es würde ihm sicher gefallen, zu erfahren, wie Ihr empfindet.«
Er warf ihr einen langen, prüfenden Blick zu, und das seltsame kleine Schaudern wiederholte sich. »Dann hoffe ich, Ihr werdet es ihm sagen.« Er lächelte. »Oder vielleicht kann ich Euch, mit Eurer Erlaubnis, beide besuchen und es ihm selbst sagen.«
Durch ihren Magen flatterten Schmetterlinge. Er wollte damit doch nicht etwa andeuten, daß er sie als Verehrer besuchen wollte? Was immer ihr Bruder auch für sie im Sinn hatte, sie war noch nicht bereit, Verehrer zu empfangen - sie war einfach zu lange eingesperrt gewesen. Und doch faszinierte sie gerade dieser Mann.
»Das wäre sehr aufmerksam von Euch, Mylord. Ich bin sicher, daß es Nick viel bedeuten würde.« Sein Blick blieb noch etwas länger auf den ihren gerichtet, warmes, samtiges Braun, und schließlich senkte sie den Blick.
»Vielleicht würdet Ihr mit mir tanzen, Lady Margaret?«
Maggie lächelte etwas unsicher. Es war eine Sache, mit Männern zu tanzen, die sie als Freunde empfand, und eine ganz andere, mit einem Mann zu tanzen, in dessen Anwesenheit ihr Inneres zu schmelzen schien.
»Mylady?« drängte er.
Sie legte ihre Hand auf die seine, machte aber weiter keine Bewegung. An jenem ersten Abend beim Ball hatte sie schreckliche Angst gehabt, auf die Tanzfläche hinauszugehen,
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