Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
verbergen, dass sie nicht als seine zukünftige Frau vorgestellt worden war. Ein Lächeln, eine liebevolle Geste, das war es, was sie brauchte, um sich wohlzufühlen.
»Deine Mutter«, sagte der Scheich, an seinen Enkel gewandt, »wollte nicht in die Oase kommen, um dir nicht zu begegnen. Sie sagte, sie sei wütend und wolle dich nicht sehen.«
Francesca horchte auf, Dubois und Méchin tauschten besorgte Blicke.
»Wieder eine Weibergeschichte?«, fragte Scheich Harum und lachte schallend.
»Du kennst doch deine Tochter, Großvater«, sagte Kamal. »Man kann es ihr nie recht machen.«
»Wie geht es Faisal?«, beeilte sich Juliette zu fragen. »Wir haben lange nichts mehr von ihm gehört.«
Die Erwähnung von Kamals Bruder führte zu neuen Meinungsverschiedenheiten. Den Rest des Abends diskutierten sie über die Regierung, Erdöl und die Lage der Beduinen.
***
Kamal warf zielsicher einen Stein in die Pferdekoppel, um die Wache abzulenken, die reglos vor Francescas Zelt stand. Als er sah, wie der Mann, angelockt von dem Wiehern, davonging, schlüpfte er rasch hinein. Hinter dem Vorhang, durch den das Licht fiel, entdeckte er die dunklen Umrisse von Francesca, die auf der Bettkante saß, und die von Zobeida, die ihr das Haar bürstete. Als er den Stoff zur Seite schlug, schraken die Frauen zusammen.
»Du hast uns erschreckt«, sagte Francesca vorwurfsvoll.
Kamal wandte sich auf Arabisch an die Dienerin, die ohne einen Blick die Bürste beiseitelegte und ging.
»Was willst du?«
»Was ich will?«, fragte Kamal überrascht. »Bei dir sein, das will ich.«
Kamal fasste sie an den Schultern und zog sie vom Bett hoch.
»Lass mich«, beschwerte sich Francesca.
»Was hast du denn?«
»Ich will allein sein.«
»Aber ich will mit dir zusammen sein.«
»Wird das jetzt immer so sein?«, fragte sie bissig. »Wenn Ihre Hoheit nach mir gelüstet, muss ich zu seinen Füßen niedersinken, und wenn Ihre Hoheit nicht nach mir gelüstet, muss ich mich einsam und traurig von ihm fernhalten?«
»Weshalb sprichst du so mit mir?«
»Ich bin müde, lass mich, ich will schlafen.«
»Ich lasse dich nicht!«, fuhr Kamal auf und erschreckte sie damit. »Sag mir, was los ist!«
Er packte sie erneut bei den Schultern und schüttelte sie heftig. Sie sahen sich lange an. Als sie die Ratlosigkeit im Gesicht des Arabers sah, wurden Francescas Züge weicher.
»Warum hast du deinen Großeltern nicht gesagt, dass ich deine Verlobte bin?«
»Du Dummerchen«, seufzte Kamal beruhigt. »So viel Ärger wegen nichts.« Und er umarmte sie.
»Für mich ist es wichtig. Ich habe den Eindruck, dass ich dir egal bin, dass du nur an mich denkst, wenn du nachts zu mir kommst. Die restliche Zeit existiere ich für dich nicht.«
»Sag so etwas nicht«, flehte Kamal, und die Traurigkeit in seiner Stimme besänftigte sie endgültig. »Ich habe dir doch gesagt, dass du für mich das Einzige bist, was zählt im Leben. Wenn ich nicht bei dir bin, denke ich so sehr an dich, dass ich glaube, dass du mich spüren kannst. Wenn du nicht bei mir bist, sterbe ich vor Eifersucht auf die Menschen, die um dich herum sind, die dich lächeln sehen, die deinen Duft riechen, die es wagen, deine Schönheit zu begehren, die nur mir gehört. Heute Abend hätte ich dich am liebsten aus dem Zelt meines Großvaters geschleift, um dich mit niemandem teilen zu müssen. Und wenn ich ihnen nichts von meinem Entschluss gesagt habe, dich zu heiraten, dann deshalb, damit sie dich in Ruhe lassen. Du kennst sie nicht – sie hätten dich ausgefragt und begutachtet wie bei einem Verhör. Außerdem will ich, dass sie dich erst einmal kennenlernen, um ihnen dann in Ruhe von unserer Hochzeit zu erzählen.«
»Ach, Kamal!«, schluchzte Francesca und schlang ihre Arme um ihn. »Du verwirrst mich. Warum bist du so verschlossen und reserviert? Weshalb redest du nicht mit mir? Ich kann dir nicht näherkommen, wenn du so schweigsam und abweisend bist.«
»Es tut mir leid, Liebling, aber das ist einfach meine Art. Ich mag es nicht, wenn die anderen meine Gedanken kennen und zu viel über mich wissen. Auch deswegen habe ich nichts von uns erzählt; du bist das Wichtigste in meinem Leben, und wenn ich dich mit den anderen teile, habe ich das Gefühl, dich vorzuführen und bloßzustellen. Aber bei dir werde ich mich ändern, ich verspreche es! Ich werde mich dir öffnen wie ein Buch, damit du darin lesen und deine Neugier befriedigen kannst.«
»Es geht nicht um Neugier. Es geht darum,
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