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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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sie tranken, sprachen sie über Pferde.
    »Ihr Banausen«, sagte Juliette und ließ ihren Blick über die Runde schweifen. »Da habt ihr dieses arme Mädchen den ganzen Tag der sengenden Wüste ausgesetzt, und jetzt lasst ihr sie hier sitzen, während ihr dummes Zeug daherschwatzt. Komm, meine Liebe«, sagte sie zu Francesca und stand auf. »Ich bringe dich zu dem Zelt, das ich für dich vorbereitet habe.«
    Mit ihrer durchscheinenden Haut, ihren feinen Gesichtszügen und der Eleganz, mit der sie ihren zierlichen Körper bewegte, erinnerte Juliette eher an eine Märchenfee als an eine Frau aus Fleisch und Blut. Francesca konnte nicht anders, als sie immer wieder anzusehen. Abgesehen von ihrer Anmut hatte Fadila nichts mit dieser Frau gemeinsam, dachte sie. Als junges Mädchen musste sie eine Schönheit gewesen sein.
    »Hier entlang, Francesca«, sagte die alte Frau einladend, während sie den Stoff vor dem Eingang eines Zeltes zurückschlug. »Dein Gepäck steht schon im Schlafraum.« Sie deutete auf einen weiteren Vorhang, der das Zelt in zwei Bereiche unterteilte. »Ich habe die Wanne mit heißem Wasser füllen lassen, damit du ein Bad nehmen kannst. Du möchtest dich sicher vor dem Abendessen frischmachen.«
    »Sie sind sehr liebenswürdig. Sie hätten sich nicht solche Umstände machen sollen.«
    Juliette betrachtete die lächelnde Francesca, und für einen Augenblick sah sie sich selbst vor fünfzig Jahren, als sie, jung und schön und voller Lebenslust, alles für die Liebe aufs Spiel gesetzt hatte.
    Zobeida, die Beduinin, die sich für die Dauer ihres Aufenthalts um Francesca kümmern würde, schlüpfte leise ins Zelt, mit Handtüchern, Parfümfläschchen, Schminke, Essenzen und Ölen beladen.
    »Meine Liebe«, sagte Juliette, »ich lasse dich jetzt mit Zobeida allein. Sie wird dir alles bringen, was du brauchst. Wir sehen uns beim Abendessen.« Damit ging sie.
    Francesca stand mitten im Zelt und betrachtete ihre Umgebung, hörte die Geräusche von draußen – die arabischen Stimmen, das Wiehern der Pferde, das Blöken der Schafe – und fühlte sich wie ein Eindringling. Was machte sie in dieser Oase mitten in der Wüste, bei einem Beduinenstamm? Sie trieb durch einen Tunnel aus Erinnerungen, und obwohl die Bilder ungeordnet auf sie einströmten, konnte sie die Gesichter deutlich erkennen. »Es gibt keinen Zufall«, hatte ihr Onkel Fredo einmal gesagt. »Wir alle sind ein winziger Teil eines gewaltigen, unendlichen Plans, dessen Linien sich nach dem Willen des Architekten, der ihn entworfen hat, kreuzen oder auseinanderstreben.« Sie hatte einen weiten Weg zurücklegen müssen, um die wahre Liebe zu finden, und sie hatte viel gelitten. An diesem Ort, der so anders war und so weit entfernt von allem, was ihr vertraut war, fragte sie sich nun, ob dies wirklich ihr Schicksal war. Sie flüsterte Aldos Namen, und eine wehmütige Sehnsucht nach seiner ruhigen, überschaubaren Liebe erfüllte sie, eine Sehnsucht nach diesem Mann aus ihrer Welt, der dieselben Grundsätze und Prinzipien besaß. Manchmal fürchtete sie sich vor der vereinnahmenden, beunruhigenden Männlichkeit des Arabers, der sie von dem Ort weggebracht hatte, an den sie gehörte, und sie zu seiner Frau gemacht hatte, ohne sie auch nur zu fragen.
    Zobeida fasste sie beim Arm und gab ihr, da sie kein Wort Französisch sprach, durch Gesten zu verstehen, dass sie in den Nebenraum gehen solle, wo eine Messingwanne mit heißem Wasser auf sie wartete, dessen Dampf den Raum mit dem Duft von Badesalzen und Ölen erfüllte. An einer Seite stand ein Bettgestell mit einer dicken Matratze, die mit Rosen- und Jasminblättern bestreut war. Dieses Detail überraschte sie.
    »Vielen Dank«, sagte sie zu der Dienerin, die mit einem Lächeln antwortete.
    Zobeida stellte alles, was sie noch auf dem Arm trug, auf einem kleinen Schemel ab und ging zu Francesca, um ihr die Jacke abzunehmen. Sie setzte sie auf das Bett, zog ihr Stiefel, Strümpfe und Hose aus und massierte ihre Füße so gekonnt, dass Francesca schläfrig wurde. Dann entkleidete Zobeida sie vollständig und führte sie zu der Wanne, in die Francesca nun eintauchte, entspannt vom warmen Wasser.
    Die Beduinenfrau rieb ihren Körper mit Geißblattseife ein und verpasste ihr eine energische Massage, die ihre Durchblutung anregte und ihre Haut rosig schimmern ließ. Sie begann mit den Händen und arbeitete sich dann die Arme hinauf bis zu den Schultern. Trotz der kräftigen Bewegungen empfand Francesca die

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