Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Yamani, der Kasem befragte, und zuletzt sein Mentor, Lehrer und Freund seines Vaters Jacques Méchin. Ihm schossen alle Worte durch den Kopf, die sie angeführt hatten, um ihn von seiner Beziehung zu Francesca de Gecco abzubringen.
Als das Telefon klingelte, stürzte Kamal zum Apparat. Es war Dr. al-Zaki, der Leibarzt der Familie, dem sie die Reste des Kamillentees und des Kaffees geschickt hatten, damit er im Labor seiner Klinik untersuchte, ob sich Rückstände eines Schlafmittels darin fanden.
»Sagen Sie schon, was hat die Analyse ergeben?«, fragte Kamal, und Dr. al-Zaki erklärte: »Wir haben sowohl im Kamillentee als auch im Kaffee ein starkes Schlafmittel gefunden. Es handelt sich um ein Medikament, das in Saudi-Arabien nicht benutzt wird. Möglicherweise ist es in Europa erhältlich, obwohl es dort wegen seiner stark betäubenden Wirkung und der Nebenwirkungen streng verschreibungspflichtig ist.«
»Könnte man es einer Schwangeren geben?«
»Auf gar keinen Fall.«
Kamal legte den Hörer auf und blieb sekundenlang mit abwesendem Blick stehen.
»Al-Zaki hat in Francescas Tee und in dem Kaffee, den der Wächter getrunken hat, Schlafmittel gefunden«, sagte er dann. »Ein Schlafmittel, das in Saudi-Arabien nicht erhältlich ist.«
Für Abdullah war der Nachweis dieses Betäubungsmittels die Bestätigung dessen, was er erwartet hatte: Francesca war entführt worden. Obwohl er von Anfang an zu dieser Möglichkeit tendiert hatte, war bislang keinesfalls auszuschließen gewesen, dass es sich vielleicht doch um eine freiwillige Flucht gehandelt haben könnte. Dass das Mädchen die Beziehung zu Kamal bereut haben und weggelaufen sein könnte. Doch das war jetzt widerlegt.
Kasem klopfte an die Tür und übergab Abdullah ein Telegramm, das dieser kurz überflog, bevor er sagte: »Das ist die Information von meinem Kontaktmann bei der CIA, auf die ich gewartet habe. Er bestätigt einige Daten, die uns bereits vorliegen: Kateb bin Salmun alias Malik bin Kalem Mubarak, geboren im März 1919 in Yanbu’ Al Bahr, Sohn eines Töpfers, fanatischer Anhänger des wahhabitischen Glaubens, war aktives Mitglied einer islamistischen Terrorgruppe unter dem Kommando des Extremisten Abu Bakr, dessen richtiger Name noch nicht verifiziert werden konnte. Nach der Zerschlagung der Gruppe sind die meisten ihrer Mitglieder untergetaucht.«
»Und ein Mann mit einer solchen Vorgeschichte arbeitet in meiner Botschaft!«, empörte sich Mauricio.
»Wie ist er auf die Personalliste gekommen?«, wollte Yamani wissen.
»Ich habe ein Empfehlungsschreiben von König Sauds Privatsekretär erhalten.«
Mauricio sah zu Kamal hinüber, doch der war in das Telegramm vertieft und bekam offensichtlich nicht mit, was gesprochen wurde. Den Übrigen allerdings war die Überraschung über die Enthüllung anzusehen. Er fragte sich, ob sie König Saud selbst im Verdacht hatten. Gewiss, die Beziehung zwischen ihm und Kamal war nicht eben harmonisch und freundschaftlich, aber anzunehmen, dass Saud seinen Ruf aufs Spiel setzen könnte, um der Geliebten seines Bruders zu schaden, erschien ihm höchst unwahrscheinlich.
»Wer ist dieser Abu Bakr, der den Namen des Schwiegervaters des Propheten für sich beansprucht?«, fragte Yamani, der zu jung war, um ihn zu kennen.
Abdullah ergriff das Wort und nannte die wichtigsten Daten über die gefürchtete Extremistengruppe Dschihad unter dem Kommando von Abu Bakr, der behauptete, unmittelbar von Mohammed abzustammen.
»Dass Abu Bakr der von den internationalen Geheimdiensten meistgesuchte Mann ist, ist bekannt«, erklärte er. »Soweit wir wissen, ist er ein hochintelligenter, kaltschnäuziger Fanatiker. Ende der fünfziger Jahre glaubte man, Abu Bakr sei tot, doch einige Monate später spürte ihn der MI5 in einem Vorort von Kairo auf, wo er mit einer Gruppe von Männern in einem alten Haus lebte. Als das Gebäude gestürmt wurde, fand man nur noch ein riesiges Waffenlager vor. Wahrscheinlich waren sie im letzten Augenblick vor dem Zugriff der ägyptischen Polizei und des britischen Geheimdienstes gewarnt worden, sonst hätten sie beim Verlassen des Verstecks diese Unmenge an Waffen und Munition im Wert von mehreren Millionen Dollar mitgenommen.«
»Er ist völlig verrückt«, ergänzte Jacques Méchin. »Er behauptet, der Erzengel Gabriel sage ihm, was er tun müsse, um den Islam in der Welt zu schützen. Sein Ziel ist die Vernichtung des Westens, insbesondere der Juden.«
»Und ihr glaubt, dass dieser
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