Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
durfte, und habe es doch getan. Und in beiden Fällen war ich am Ende die Leidtragende.«
»Na, dann weißt du jetzt, dass man nicht immer auf sein Herz hören soll.«
»Ach, Onkel, wenn das nur ginge«, seufzte sie noch einmal.
Fredo küsste sie auf die Stirn, und Francesca umarmte ihn.
Aldo lehnte unten an seinem Auto und wartete. Als er sie sah, strahlte er übers ganze Gesicht, und Francesca empfand dieselbe liebevolle Zärtlichkeit für ihn, die er früher in ihr geweckt hatte. Sie lächelte zurück und ließ zu, dass er sie auf die Wange küsste. Aldo überreichte ihr einen kleinen Strauß Veilchen.
»Du sagtest mal, das seien deine Lieblingsblumen.«
Francesca nickte, den Blick auf die blauen Blumen gerichtet. Sie brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass das gewesen war, bevor sie Kamelien kennengelernt hatte. Sie befestigte das Sträußchen an der Brosche, die sie am Mantelaufschlag trug. Es duftete gut. Aldo hielt ihr die Beifahrertür auf, und Francesca stieg ein.
»Das Lokal, das ich ausgesucht habe, wird dir gefallen, du wirst sehen.«
»Stört es dich nicht, wenn wir zusammen dort gesehen werden?«, fragte Francesca wie nebenbei.
»Überhaupt nicht.«
Sie erwähnten Aldos Ehe nicht mehr, weder direkt noch indirekt. Es wurde tatsächlich ein netter Abend, ganz entgegen Francescas Erwartungen. Sie erzählte Aldo von ihrem Leben in Genf, von den Spleens ihres Chefs und wie nett Marina gewesen sei, und er erzählte ihr von seiner Arbeit auf den Landgütern der Martínez Olazábals, davon, wie überrascht er gewesen sei, als er feststellte, wie gut ihm das Landleben gefiel, und dass sich das Verhältnis zu seinem Vater sehr verbessert habe.
»Wir sind jetzt das, was wir nie waren«, erklärte er. »Freunde.«
»Das freut mich«, sagte Francesca und meinte es aufrichtig. Sie erhob ihr Glas und sagte: »Auf deinen Vater.«
»Auf meinen Vater.«
Dann stellte Aldo das Glas ab und sah Francesca verlegen an.
»Ich habe schlechte Neuigkeiten für dich«, sagte er. »Mein Vater hat Rex verkauft.«
»Ich weiß.«
»Du weißt es schon? Hat Sofía dir davon erzählt?«
»Sofía hat noch kein Wort darüber verloren, wahrscheinlich traut sie sich nicht. Ich weiß es aus anderer Quelle.«
»Er hat ein Vermögen eingebracht, mehr, als er wert war, glaube ich. Don Cívico sagt, dass der Käufer sehr hartnäckig war und eine Summe geboten hat, die man nicht ausschlagen konnte. Ich erfuhr erst davon, als das Geschäft schon gelaufen war. Sonst hätte ich es verhindert.«
»Kamal al-Saud hat Rex für mich gekauft«, sagte Francesca ganz ruhig, und Aldo sah sie verwirrt an.
»Ich vermute mal, das ist der Prinz, den du in Saudi-Arabien kennengelernt hast.«
»Ja. Er hat einen seiner Agenten geschickt, um mit deinem Vater über den Kauf von Rex zu verhandeln.«
»Er muss dich sehr geliebt haben«, sagte Aldo niedergeschlagen.
»Nicht genug«, erklärte Francesca, und setzte dann hinzu: »Bestellen wir die Rechnung?«
Draußen auf der Straße drückte Aldo sie gegen das Auto und küsste sie. Es war ein stiller, sanfter Kuss, ohne die Leidenschaft, die sie an den Abenden in Arroyo Seco erfüllt hatte, der sie aber keineswegs vermuten ließ, dass dieser Mann nicht in der Lage sein würde, ihr Lust zu verschaffen. Sie mochte es, wie er sie küsste; sie entdeckte einen neuen Aldo, der in sich ruhte und voller Selbstvertrauen war. Aber sie konnte nicht anders, als zu vergleichen, es geschah einfach, als seine Lippen die ihren berührten und seine Hände unter ihren Mantel glitten und ihre Taille umfassten. In diesem Moment sehnte sich Francesca nach Kamals Küssen. Er hatte es immer geschafft, sie zu überraschen; manchmal war er fordernd gewesen, manchmal hemmungslos, manchmal sanft und zärtlich. Wie bei allem hatte er den Takt vorgegeben, und sie war ihm blind gefolgt.
»Ich bin verrückt nach dir«, hauchte Aldo. »Ich will mit dir zusammen sein.«
»Ich bin nicht bereit dazu«, gestand Francesca und machte sich von ihm los.
»Denkst du noch an diesen Araber?«
»Nein«, log sie.
»Stört es dich, dass ich noch verheiratet bin? Ich habe Dolores heute Abend gesagt, dass ich die Trennung will.«
»Tu es nicht für mich«, sagte Francesca. »Ich glaube, ich würde auch dann nicht mehr mit dir zusammen sein wollen, wenn du ungebunden wärst.«
»Du denkst noch an diesen Mann«, sagte Aldo erneut und trat voller Wut gegen den Autoreifen.
»Es liegt nicht an ihm und nicht an dir. Es liegt an mir.
Weitere Kostenlose Bücher