Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Ich brauche Zeit. Ich bin noch nicht bereit, mich wieder einem anderen Mann hinzugeben. Ich habe zu sehr gelitten, Aldo. Ich bin noch nicht bereit, das musst du verstehen. Ich bin mir einfach nicht sicher.«
Aldo lehnte seine Stirn gegen Francescas Stirn und streichelte ihre Wange. Francesca merkte, dass er weinte.
»Lass mir wenigstens eine Hoffnung«, bat er. »Ich vergehe vor Sehnsucht nach dir. Wenn ich daran denke, dass du jetzt meine Frau sein könntest, wenn ich nicht so feige gewesen wäre, würde ich mir am liebsten eine Kugel in den Kopf jagen.«
»Sag so etwas nicht!«
»Lass mir bitte eine Hoffnung«, wiederholte er.
»Gib mir Zeit«, bat sie.
»Ich gebe dir mein ganzes Leben.«
***
Es war gut, dass Aldo einige Tage nach dem Essen im Luciana zu dem Landgut in Pergamino abreiste. Francesca gab dem Chianti und dem romantischen, entspannten Ambiente die Schuld daran, wie dieser Abend verlaufen war. Sie hatte Aldo falsche Hoffnungen gemacht, obwohl sie sich eigentlich das Gegenteil vorgenommen hatte. Sie wusste, dass es zwischen ihr und Aldo nie mehr so sein würde wie in Arroyo Seco. Dennoch, es war ein schöner Abend gewesen, an dem sie festgestellt hatte, dass ihre Liebe sich in tiefe Zuneigung gewandelt hatte. Es war nicht ausgeschlossen, dass sie Freunde werden könnten. Doch Sofía war da anderer Meinung.
»Er hat Dolores um die Scheidung gebeten, obwohl er damit meine Mutter gegen sich aufgebracht hat. Und er hat es getan, weil du zurückgekehrt bist. Er will keine Freundschaft mit dir, Francesca. Er will dich als seine Frau.«
»Das geht nicht.«
»Dann sei ehrlich zu ihm und mach ihm keine Illusionen. Er ist in dem Glauben nach Pergamino gefahren, dass du bei seiner Rückkehr ja sagen wirst.«
»Wie läuft es eigentlich mit Nando?«
»Wunderbar – ich bin so schrecklich verliebt, Francesca!«
Zumindest Sofía war glücklich. Vielleicht sollte sie die Hoffnung nicht ganz aufgeben. Letztendlich war das Leben genau das: ein ständiges Auf und Ab. Sie machte gerade ihren schlimmsten Moment durch, aber es würden auch wieder bessere Zeiten kommen. Manchmal spürte Francesca das dringende Verlangen, wieder aus Córdoba wegzugehen. Sie fühlte sich wie gefangen an diesem Ort, der ihr nicht viel zu bieten hatte. Nach den Monaten im Ausland und den Erfahrungen, die sie gemacht hatte, erwartete sie mehr vom Leben. Ihr genügte das ruhige, eintönige Córdoba nicht mehr, sie fand es beengt und langweilig, provinziell und glanzlos, konservativ und spießig. Sie trug sich ernsthaft mit dem Gedanken, nach Buenos Aires zu ziehen, und sprach mit ihrem Onkel Fredo darüber.
»Ich dachte, du wärst zufrieden mit deiner Arbeit bei der Zeitung«, sagte er enttäuscht. »Nachdem du jetzt deinen ersten Artikel veröffentlicht und gute Kritiken bekommen hast, dachte ich, du würdest dabeibleiben.«
»Ich will dabeibleiben«, stellte Francesca klar, »nur nicht hier. Córdoba nimmt mir die Luft zum Atmen, Onkel. Ich fühle mich nicht wohl hier.«
»Es ist wegen Aldo, stimmt’s? Er ist wieder hinter dir her.«
»Nein, wirklich nicht. Ich stehe mir selbst im Weg.«
»Ich weiß nicht, wie deine Mutter das aufnehmen wird.«
»Du wirst sie schon überzeugen«, versicherte Francesca lachend. »Niemand hat so viel Einfluss auf sie wie du.«
»Was redest du denn da?«, wehrte Fredo verlegen ab. »Ich und Einfluss auf deine Mutter?«
»Ja. Ist dir nicht aufgefallen, dass alles, was ›Alfredo‹ sagt, einem heiligen Wort gleichkommt? Hast du nicht gemerkt, wie sie dich anschaut, wenn sie dich sieht, und wie sie dich anschaut, wenn sie dir beim Reden zuhört? Ich glaube, sie ist verliebt in dich.«
»Francesca!«, rief Fredo empört.
»Doch, das glaube ich.«
»Hast du wirklich den Eindruck, dass sie … also, dass deine Mutter ein Auge auf mich geworfen hat?«
»Nur ein Blinder würde das nicht merken.«
Nachdenklich blickte Fredo sie an, um ihr schließlich ein strahlendes Lächeln zuzuwerfen.
21. Kapitel
Francesca zog sich warm an, bevor sie die Redaktion verließ. Draußen war es bitterkalt. Sie atmete die eisige Luft ein und ging dann die Straße hinunter. Es war ein herrlicher Wintertag mit klarem Himmel und einer milden Sonne.
Kamal sah sie hinter der nächsten Straßenbiegung verschwinden und stieg aus dem Wagen, der einen Häuserblock von der Zeitung entfernt parkte.
»Ihr bleibt hier«, wies er Abenabó und Kader an, die auf der Rückbank saßen.
Um die Mittagszeit war er auf dem
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